Zurück zur Übersicht
30.08.2013
Unternehmensteuer

BFH: Passivierung einer Erstattungsverpflichtung als verdeckte Gewinnausschüttung und Vorliegen einer gewerbesteuerlichen Betriebsverpachtung

Eine gewerbesteuerliche Betriebsverpachtung ist nicht geben, wenn eine wesentliche Betriebsgrundlage nicht im zivilrechtlichen Eigentum des Verpächters steht und nicht mit verpachtet, sondern unentgeltlich als Gesellschafterbeitrag überlassen wird. Reicht eine GmbH ein Darlehen an einen Dritten, einen potentiellen Unternehmenskäufer, ausschließlich im Interesse und auf Veranlassung eines Gesellschafters aus, führt die Passivierung einer Erstattungsverpflichtung bei Darlehensausfall zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Zur Beurteilung der Veranlassungsfrage des Gesellschafters müssen die geschäftlichen Bedingungen der Darlehensvergabe (Verzinsung, Sicherheit, Rückzahlungsrisiko) nach Maßgabe des sog. Fremdvergleiches herangezogen werden.

Der BFH hat bekräftigt, dass für eine Betriebsverpachtung alle wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Betriebs überlassen werden müssen. Im Streitfall hat die Klägerin das im Eigentum der Grundstücks-GbR stehende Betriebsgrundstück ohne eine ausdrückliche vertragliche Abrede und ohne ein (neben den Pachtzins tretendes) zusätzliches Entgelt zwar faktisch genutzt. Eine solche Duldung der Nutzung begründet aber kein entgeltliches Rechtsgeschäft, das vom Tatbestand des § 8 Nr. 7 S. 2 GewStG 2002 a.F. vorausgesetzt wird. Somit hat das FG rechtsfehlerhaft entschieden, dass der Hinzurechnung der Pachtzahlungen nach Maßgabe der sog. Rückausnahme des § 8 Nr. 7 S. 2 HS 2 GewStG 2002 a.F. nicht entgegen steht, dass die Zahlungen bei der X-KG aufgrund der bestehenden Betriebsaufspaltung der Gewerbesteuer unterlegen haben. Die Revision ist diesen Punkt betreffen begründet und die Gewerbesteuermeßbeträge sind antragsgemäß herabzusetzen.

Soweit die Revision die verdeckte Gewinnausschüttung betrifft, ist auch diese begründet, die Sache wird wegen fehlender Spruchreife an das FG zurück verwiesen. Das FG hat seine Entscheidung auf die Feststellung gestützt, die Darlehensgewährung sei nicht durch den Betrieb der Klägerin veranlasst, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis zur X-KG. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Klägerin hätte darauf bestanden, dass die wirtschaftlichen Folgen der Darlehenshingabe von der X-KG getragen würden, da die beabsichtigte Transaktion allein dem Interesse der X-KG (als Inhaberin der Anteile der Klägerin, die wiederum als potentieller Kaufgegenstand anzusehen seien) entsprochen hätte. Diese Feststellung zur Interessenlage im Augenblick der Darlehensausreichung ist für den BFH nachvollziehbar. Sie ist aber nicht dazu geeignet, eine Veranlassung der Einkommens- und Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis zu begründen, wenn es sich um eine wirtschaftlich vollwertige Darlehensforderung handelt, die später aus in der Sphäre des Schuldners liegenden Gründen uneinbringlich wird. Die Veranlassungsfrage entscheidet sich nicht nach der Verwendung der Mittel bzw. dem Zweck der Darlehensaufnahme, sondern nach den geschäftlichen Bedingungen der Darlehensvergabe (Verzinsung, Sicherheiten, Rückzahlungsrisiko) nach Maßgabe eines sog. Fremdvergleichs.
BFH, Urteil vom 05.06.2013, I R 37/12, nicht amtlich veröffentlicht 
--------------------------------------------------------------------------------------------

Sachverhalt

Zwischen der X-GmbH (Klägerin) und deren Alleingesellschafterin, der XY GmbH & Co. KG (nachstehend KG), bestand seit 1981 eine Betriebsaufspaltung. Die KG verpachtete der Klägerin sämtliche zum Betriebsvermögen der KG gehörende Gegenstände, die die X-GmbH in Stande setzten, den Geschäftsbetrieb der KG fortzusetzen. Der Betrieb der X-GmbH wurde auf einem unentgeltlich zur Verfügung gestellten Grundstück geführt, dessen zivilrechtliche Eigentümerin eine aus den beiden Kommanditisten der KG bestehende Grundstücks-GbR war.

Im Jahr 2001 forderte ein am Erwerb der X-GmbH interessierter Käufer, dass die Due-Diligence-Prüfung über ein Darlehen der X-GmbH finanziert werden sollte. Hierzu schlossen die X-GmbH und der bei ihr tätige Prokurist B einen sog. Treuhandvertrag, wonach B als Treuhänder mit der Hingabe und Abwicklung des Darlehens (in eigenem Namen, aber auf Rechnung der X-GmbH) befasst war. Da die angestrebte Transaktion letztlich scheiterte und die Rückforderung des Darlehens erfolglos blieb (Tod des Kaufinteressenten, Insolvenzverfahren über dessen Nachlass), bildete die X-GmbH in ihrer Bilanz eine Rückstellung in Höhe der Darlehenssumme samt Zinsen (Erstattungsverpflichtung gegenüber dem Treuhänder).

Im Rahmen einer die Streitjahre 2004 bis 2006 umfassenden Außenprüfung, vertrat der Prüfer die Auffassung, die Rückstellung stelle eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) dar, weil das ausgereichte Darlehen durch das Gesellschaftsverhältnis der X-GmbH zu ihrer KG veranlasst sei. Darüber hinaus seien die an die KG geleisteten Pachtzinsen, soweit sie auf die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens entfielen, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der X-GmbH nach § 8 Nr. 7 S. 2 HS 2 GewStG 1999 zur Hälfte hinzuzurechnen, da eine Betriebsverpachtung vorläge und die Pachtzinsen 125.000 Euro übersteigen.

Entscheidung

Der Prüfer hat wegen der Passivierung der Erstattungsverpflichtung zu Recht eine vGA angenommen. Unter einer vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf den Gewinn auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht (BFH-Urteile vom 28.01.2004 und vom 20.10.2004).

Im Streitfall hat die Passivierung der Erstattungsverpflichtung diese Auswirkungen gehabt. Die Darlehensgewährung war durch das Gesellschaftsverhältnis zur KG und nicht durch den Betrieb der X-GmbH veranlasst, weil ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der X-GmbH darauf bestanden hätte, dass die wirtschaftlichen Folgen der Darlehenshingabe an die potentiellen Unternehmenskäufer von der KG getragen würden. Denn die beabsichtigte Transaktion hatte allein dem Interesse der KG gedient.

Auch die Hinzurechnung von Teilen des Pachtentgelts zum Gewerbeertrag der X-GmbH ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 8 Nr. 7 S. 1 GewStG 1999 wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der Pachtzinsen hinzugerechnet, die für die Benutzung der nicht im Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, angefallen und bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Soweit die Pachtzinsen beim Verpächter zur Gewerbesteuer heranzuziehen sind, gilt dies jedoch nur unter der weiteren Voraussetzung, dass ein Betrieb oder Teilbetrieb verpachtet wird und der Betrag der Pachtzinsen 125.000 Euro übersteigt.

Die von der X-GmbH an die KG geleisteten Pachtzahlungen für den Gebrauch sämtlicher zum Betriebsvermögen der KG gehörenden Gegenstände inklusive der immateriellen Wirtschaftsgüter stellen Pachtzinsen i.S.d. § 8 Nr. 7 S. 1 GewStG 1999 dar und übersteigen den Grenzbetrag von 125.000 Euro. Der Umstand, dass die Pachtzahlungen bei der KG der Gewerbesteuer unterlegen haben, steht der Hinzurechnung nicht entgegen, da die Verpachtung eines Betriebs nach § 8 Nr. 7 S. 2 HS 2 GewStG 1999 vorliegt. Die Verpachtung eines Betriebes setzt voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Betriebes verpachtet werden. Diese Voraussetzung ist im Streitfall zur Überzeugung des FG auch im Hinblick auf das von der Klägerin genutzte Betriebsgrundstück erfüllt, das nicht im Eigentum der KG, sondern der Grundstücks-GbR steht. Dies gilt im Streitfall abweichend von dem BFH-Urteil vom 10.07.1996, wonach bei der Beurteilung, ob eine gewerbesteuerliche Betriebsverpachtung vorliegt, grundsätzlich nur die zivilrechtlich vom Verpächter überlassenen Wirtschaftsgüter einzubeziehen sind. Denn anders als in dem vom BFH entschiedenen Fall ist im Streitfall keine zwischen der (zivilrechtlichen) Eigentümerin (Grundstücks-GbR) und der Pächterin das Betriebsgrundstück betreffende und neben dem Pachtverhältnis bestehende Rechtsbeziehung festzustellen. Das FG würdigt diesen Sachverhalt in der Weise, dass die Kommanditisten offenkundig das Grundstück der KG stillschweigend und unentgeltlich im Rahmen eines Gesellschafterbeitrags überlassen haben. Auf dieser Grundlage geht das FG davon aus, dass eine gewerbesteuerliche Betriebsverpachtung im Ganzen nicht daran scheitert, dass das Betriebsgrundstück im Streitfall nicht auch im zivilrechtlichen Eigentum der Verpächterin steht.

Die Revision wird zugelassen, da die Frage, ob von einer Betriebsverpachtung im gewerbesteuerlichen Sinne auch dann ausgegangen werden kann, wenn eine wesentliche Betriebsgrundlage zum einen nicht im zivilrechtlichen Eigentum der Verpächterin steht und zum anderen nicht mit verpachtet, sondern der Pächterin im Wege eines stillschweigenden unentgeltlichen Gesellschafterbeitrags überlassen wird, bislang nicht höchstrichterlich entschieden ist.

Betroffene Norm
§ 8 Nr. 7 GewStG 1999, § 8 Abs. 3 KStG
Streitjahr 2004 – 2006

Fundstellen 
BFH, Urteil vom 05.06.2013, I R 37/12, nicht amtlich veröffentlicht
Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.03.2012, 12 K 12022/10 
 
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 28.01.2004, I R 87/02, BFH/NV 2004, S. 736
BFH, Urteil vom 20.10.2004, I R 4/04, BFH/NV 2005, S. 723
BFH, Urteil vom 10.07.1996, I R 132/94, BStBl II 1997, S. 226

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.