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09.03.2017
Unternehmensteuer

BFH: Zuordnung Sonderbetriebsvermögen II bei doppelstöckiger Personengesellschaft

Mit Urteil vom 12.10.2016 hat der BFH das Urteil des FG Düsseldorf insoweit bestätigt, als er ebenfalls der Ansicht ist, dass auch im Falle einer doppelstöckigen Personengesellschaft für den Gesellschafter der Obergesellschaft Sonderbetriebsvermögen II bei der Untergesellschaft gebildet werden kann.
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FG Düsseldorf (Vorinstanz):
Gewährt ein Mitunternehmer seiner Gesellschaft (Untergesellschaft) ein Darlehen und bringt zu einem späteren Zeitpunkt seinen Kommanditanteil gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine andere Personengesellschaft (Obergesellschaft) ein (Bildung einer sog. doppelstöckigen Personengesellschaft), sind das Darlehen und die dazugehörigen Refinanzierungsaufwendungen weiterhin dem Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers als Sonder-Mitunternehmer der Untergesellschaft zuzuordnen (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG).

Sachverhalt
Alleinige Kommanditistin an der Klägerin (GmbH & Co. KG) war eine niederländische Kapitalgesellschaft (A-B.V). In 2002 nahm die A-B.V. zwei Darlehen auf, um die Klägerin mit Kapital auszustatten. Mit Wirkung ab dem 01.04.2004 brachte die A-B.V. ihren Kommanditanteil mittels Sacheinlage gegen Gewährung von Gesellschafterrechten in eine Personengesellschaft niederländischen Rechts, die E-C.V., ein. Die Beteiligungsstruktur entsprach somit einer doppelstöckigen Personengesellschaft. Die Klägerin hatte die Verbindlichkeiten aus den Darlehen in einer Sonderbilanz der A-B.V. passiviert und die Schuldzinsen als Sonderbetriebsausgaben (SBA) berücksichtigt. Diese Handhabung wurde auch nach der Einbringung beibehalten. Infolgedessen wurde im Wirtschaftsjahr 2004/2005 der Zinsaufwand aus den Darlehen als SBA der A-B.V. bei der steuerlichen Gewinnfeststellung der Klägerin geltend gemacht. Das Finanzamt hingegen vertrat die Auffassung, dass die Schuldzinsen nunmehr bei der E-C.V. zu erfassen sind.

Entscheidung
Die Klage ist begründet.

Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG ist der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleichgestellt; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind.

Bei einer geschlossenen Mitunternehmerkette ist der Gesellschafter der Obergesellschaft nicht nur Mitunternehmer bei der Obergesellschaft, sondern auch sog. Mitunternehmer der Untergesellschaft. Diese Gleichstellung gilt nach zutreffender herrschender Meinung, der das FG folgt, lediglich hinsichtlich der Sondervergütungen und des Sonderbetriebsvermögen, obwohl dies dem Wortlaut des Gesetzes nicht direkt zu entnehmen ist (vgl. BFH-Urteil vom 06.09.2000). Der Obergesellschafter ist demzufolge "nur" Sonder-Mitunternehmer (Mitunternehmer für den Sonderbetriebsvermögensvergleich) und nicht "normaler" Mitunternehmer. Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind die Darlehen und die dazugehörigen Refinanzierungsaufwendungen gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG dem Sonderbetriebsvermögen der A-B.V. als Sonder-Mitunternehmerin der Klägerin zuzuordnen.

Dies folgt zunächst aus dem Wortlaut der Vorschrift. Das Gesetz bezeichnet den mittelbar Beteiligten ausdrücklich als Mitunternehmer des Betriebes der Untergesellschaft. Demzufolge gelten für das Sonderbetriebsvermögen des Sonder-Mitunternehmers bei der Untergesellschaft die gleichen Kriterien, wie bei einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter. Im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen Sonderbetriebsvermögen I und II beim unmittelbar beteiligten Gesellschafter muss eine Gleichstellung des Sonder-Mitunternehmers auch beide Arten des Sonderbetriebsvermögens umfassen. Als Sondermitunternehmer können ihm zuzurechnende Wirtschaftsgüter seiner Beteiligung an der Untergesellschaft dienen und Sonderbetriebsvermögen dieser Gesellschaft sein. Vorliegend dienen die Refinanzierungsaufwendungen weiterhin der nunmehr mittelbaren Beteiligung der A-B.V. an der Klägerin. Durch die Einbringung ist zwar eine doppelstöckige Personengesellschaft entstanden, an der tatsächlichen Verwendung der Darlehensmittel hat sich hierdurch jedoch nichts geändert. Ein Wechsel zwischen diesen Stellungen als Beteiligter bei ansonsten unveränderten tatsächlichen Gegebenheiten bezüglich der Verwendung der Darlehensmittel kann nicht dazu führen, dass die dem Sonderbetriebsvermögen der A-B.V. bei der Klägerin zugeordneten Darlehen nunmehr dem Bereich der E-C.V. als Obergesellschaft zuzuordnen sind. Diese dienen nach wie vor der Stärkung des Betriebskapitals der Klägerin und damit nunmehr der Beteiligung der A-B.V. an der Klägerin als Sonder-Mitunternehmerin. Die Darlehen sind nicht anlässlich des Erwerbs der Beteiligung an der Obergesellschaft aufgenommen worden.

Dieser Auslegung des Gesetzes nach dem Wortlaut stehen die Entstehungsgeschichte der Norm und die Gesetzesmaterialien nicht entgegen. Gegen eine einschränkende Auslegung spricht, dass der Gesetzgeber nach den Gesetzesmaterialien "den steuerlichen Durchgriff auch bei der mehrstöckigen Personengesellschaft" zulassen wollte. Er ging davon aus, dass der nur mittelbar beteiligte Gesellschafter und Mitunternehmer wie ein unmittelbar beteiligter Gesellschafter und Mitunternehmer behandelt wird.

Gegen eine einschränkende Auslegung spricht zudem die Systematik der Besteuerung von Personengesellschaften. Eine Gleichstellung zwischen Mitunternehmer und Einzelunternehmer wird bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft in Fällen der hier vorliegenden Art nur dann erreicht, wenn der Gesellschafter der Obergesellschaft das Fremdkapital, das z. B. der Stärkung seines Mitunternehmeranteils an der Untergesellschaft dient, ebenfalls als Sonderbetriebsvermögen II bei der Untergesellschaft ansetzen kann.

Anmerkungen

Verlustabzugsbeschränkung nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

Im Rahmen seines Urteils vom 12.10.2016 hatte der BFH auch Gelegenheit zur Anwendung der Vorschrift des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG zur Verlustabzugsbeschränkung Stellung zu nehmen, siehe dazu folgenden Hinweis.

Finanzministerium Schleswig-Holstein, Verfügung vom 20.08.2018

Das Finanzministerium Schleswig-Holstein schließt sich der Auffassung des BFH an, wonach der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG nicht auf SBV I begrenzt ist. Daher ist bei Aufwendungen für die Finanzierung des Erwerbs von Anteilen an einer Obergesellschaft, die zum Teil auch auf die mittelbar gehaltenen Beteiligungen an den Untergesellschaften entfallen, jeweils eine Aufteilung der geleisteten Refinanzierungsdarlehen im Verhältnis der Anschaffungskosten für die anteiligen Wirtschaftsgüter in der Obergesellschaft und in den Untergesellschaften vorzunehmen.

Betroffene Norm
§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG
Streitjahr 2005

Fundstellen
Finanzministerium Schleswig-Holstein, Verfügung vom 20.08.2018, VI 307-S 2241-319
BFH, Urteil vom 12.10.2016, I R 92/12 
siehe auch: BFH, Urteil vom 12.10.2016, I R 92/12 NV 
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 04.07.2012, 9 K 3955/09 F

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 25.02.1991, GrS 7/89, BStBl II 1991, S. 691
BFH, Urteil vom 06.09.2000, IV R 69/99, BStBl II 2001, S. 731

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