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06.08.2015
Unternehmensteuer

FG Düsseldorf: Keine Mindestbesteuerung bei Buchgewinnen aus Billigkeitsgründen

Mit Urteil vom 21.09.2016 hat der BFH das Urteil des FG Düsseldorf aufgehoben entschieden, dass die ausgelösten Folgen der Mindestbesteuerung keinen Grund für eine abweichende Steuerfestsetzung im Billigkeitsverfahren darstellen.
BFH, Urteil vom 21.09.2016, I R 65/14 NV, siehe Deloitte Tax-News 
                                                                                                        

FG Düsseldorf (Vorinstanz)
Erfolgt nach einer steuerwirksam vorgenommenenTeilwertabschreibung eine steuerwirksame Teilwertaufholung, können die dadurch ausgelösten Folgen der Mindestbesteuerung eine leistungswidrige Substanzbesteuerung bewirken. Diese kann mittels einer abweichenden Steuerfestsetzung im Billigkeitsverfahren vermieden werden.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Holdinggesellschaft, hielt in ihrem Anlagevermögen Aktien der A-AG die sie in 2001 und 2003 wertberichtigt hatte. Die aus diesen Teilwertabschreibungen resultierenden Verluste führten zu einer entsprechenden Erhöhung des steuerlichen Verlustvortrags der Klägerin. Im Streitjahr 2006 nahm die Klägerin aufgrund der aktuellen Kursentwicklung der Aktien eine Wertaufholung auf die ursprünglichen Anschaffungskosten vor und erhöhte den Bilanzgewinn.

Das Finanzamt behandelte die Erträge aus der Wertaufholung (nach § 8b Abs. 3 S. 3 2. Alt. KStG) als nicht steuerfrei und berücksichtigte bei der Verlustverrechnung die sog. Mindestbesteuerung, wodurch es im Gewinnjahr nicht zu einer vollständigen Verrechnung des Verlustes kam. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.

Entscheidung

Das Finanzamt habe zu Unrecht, die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2006 aus sachlichen Billigkeitsgründen gem. 163 AO auf 0 € versagt.

Die sog. Mindestbesteuerung in ihrer Grundkonzeption einer zeitlichen Streckung des Verlustvortrags verstoße nicht gegen Verfassungsrecht (vgl. zuletzt: BFH-Beschluss vom 26.02.2014). Für Definitivsituationen sei jedoch eine abweichende Würdigung geboten, hier verstoße die Mindestbesteuerung gegen den Gleichheitssatz (BFH-Beschluss vom 26.02.2014). Ein solcher Definitiveffekt (als endgültiger Ausschluss der Verlustnutzungsmöglichkeit) liege im Streitfall jedoch nicht vor. Der Prognose der Klägerin, wonach der Verlust aufgrund der Steuerfreistellung von
Beteiligungserträgen auf absehbare Zeit nicht vollständig verrechnet werden könne, sei schon allein aus dem Grund nicht zu folgen, dass es sowohl zu Änderungen des Geschäftsfelds kommen könne als auch insbesondere zu Änderungen der steuerrechtlichen Regelungslage (vgl. BFH Urteil vom 22.08.2012).

Der ausgleichsfähige Verlust beruhe auf der Teilwertabschreibung der Aktien an der A-AG und der Ertrag aus der zeitlich nachfolgenden Teilwertzuschreibung dieser Wertpapiere in Höhe der vorhergehenden Teilwertabschreibung. Insoweit beruhten Aufwand und Ertrag auf demselben Grund. Der Ertrag entstehe dabei nur zeitverschoben zum Aufwand. Teilwertabschreibung und Wertaufholung eines Bilanzpostens lösten daher wegen der unterschiedlichen Ermittlungsperioden erst im Zusammenhang mit der Mindestbesteuerung (§ 10d Abs. 2 EStG) eine Steuerschuld aus ("Besteuerung von per Saldo nicht erzielten Gewinnen", OFD Frankfurt a.M. vom 20.06.2013). Dieser bilanzsteuerrechtliche "Umkehreffekt“ habe allerdings weder einen entsprechenden Liquiditätszufluss noch einen Zuwachs an besteuerungswürdiger Leistungsfähigkeit zur Folge (BFH-Beschluss vom 26.02.2014).

Es sei nicht ersichtlich, dass die Besteuerung von per Saldo nicht erzielten Gewinnen wg. eines bilanzsteuerrechtlichen "Umkehreffektes“ vom Gesetzgeber berücksichtigt worden sei. Die Gesetzesmaterialien ließen zwar erkennen, dass Fälle der Definitivbesteuerung infolge der Mindeststeuer erkannt und bei der Ausgestaltung des Gesetzes berücksichtigt worden seien (BFH-Urteil vom 20.09.2012). Erwägungen in Bezug auf die Quelle des Verlustabzuges seien allerdings nicht erkennbar.

Einen Ausschluss des Billigkeitsverfahrens, wie ihn der BFH in seinem Beschluss vom 26.02.2014 angenommen habe, erkenne das FG im Streitfall nicht. Im hier vorliegenden Streitfall werde zwar auch eine leistungsfähigkeitswidrige Substanzbesteuerung ausgelöst, die Mindestbesteuerung schließe – im Gegensatz zu dem dem BFH-Beschluss vom 26.02.2014 zugrunde liegenden Fall – den Verlustabzug in ihrer Wirkung hier aber nicht gänzlich aus.

Das FG sehe die unbillige Besteuerung ohne Zuwachs an besteuerungswürdiger Leistungsfähigkeit als im vorliegenden Einzelfall nur durch vollständige Verrechnung des auf der vorhergehenden Teilwertabschreibung beruhenden Verlustvortrages mit dem Ertrag aus der Teilwertzuschreibung als korrigierbar an. Die abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen habe daher zu erfolgen.

Betroffene Normen

§ 8b Abs. 2 S. 4 KStG, § 10d Abs. 2 EStG
Streitjahr 2006

Fundstelle
BFH, Urteil vom 21.09.2016, I R 65/14 NV, siehe Deloitte Tax-News
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 02.09.2014, 6 K 3370/09 K,AO

Weitere Fundstellen
BFH, Beschluss vom 26.02.2014, I R 59/12, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 22.08.2012, I R 9/11, BStBl II 2013, S. 512, siehe Deloitte Tax-News
Oberfinanzdirektion Frankfurt a.M., Verfügung vom 20.06.2013, DB 2013, S. 1696
BFH, Urteil vom 20.09.2012, IV R 36/10, BStBl II 2013, S. 498, siehe Deloitte Tax-News

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