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24.08.2012
Unternehmensteuer

BFH: Sperrfristregelung bei Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern

Mit Urteil vom 26.06.2014 hat der BFH die Entscheidung des FG Düsseldorf bestätigt. Wird ein Wirtschaftsgut durch den an einer KG zu 100 % beteiligten Kommanditisten (sog. Einmann-GmbH & Co. KG) aus dessen Sonderbetriebsvermögen unentgeltlich in das Gesamthandsvermögen derselben KG übertragen, so ist für die Übertragung nicht deshalb rückwirkend der Teilwert anzusetzen, weil die KG - bei unveränderten Beteiligungsverhältnissen - das Wirtschaftsgut innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG veräußert. Dies gilt auch dann, wenn das Wirtschaftsgut in der Gesamthandsbilanz der KG mit dem bisherigen Buchwert ausgewiesen und deshalb für den Übertragenden keine negative Ergänzungsbilanz erstellt worden ist.
BFH, Urteil vom 26.06.2014, IV R 31/12
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FG Düsseldorf (Vorinstanz):
Bei Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft und Weiterveräußerung innerhalb der dreijährigen Sperrfrist ist nicht rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung der Teilwert anzusetzen, wenn eine Ergänzungsbilanz aufgestellt wird, die dem übertragenden Mitunternehmer die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven zuordnet. Dies gilt auch dann, wenn der übertragende Mitunternehmer zu 100 % an der Personengesellschaft beteiligt ist (entgegen Tz. 26 des BMF-Schreibens vom 08.12.2011).

Sachverhalt  
Die KG (Klägerin zu 1) bilanzierte in ihrer Bilanz auf den 31.12.2005 Grund und Boden sowie Gebäude und technische Anlagen. Der Kommanditist (Kläger zu 2) hielt 100 % der Anteile an der KG und war zivilrechtlicher Eigentümer des Grundbesitzes. Die Komplementärin (Klägerin zu 3) war nicht kapitalmäßig beteiligt. Im Rahmen der Vorbereitung der Veräußerung des bilanzierten Grundbesitzes wurde festgestellt, dass nicht die KG, sondern der Kommanditist alleiniger Eigentümer des Grundstücks war. Die KG erfasste daher auf den 31.12.2006 den Grundbesitz und die technischen Anlagen in einer Sonderbilanz als Sonderbetriebsvermögen I des Kommanditisten. In der Gesamthandsbilanz wurden Grund und Boden, Gebäude und technische Anlagen ausgebucht. Mit Vertrag vom 13.12.2007 brachte der Kommanditist den Grundbesitz ohne Gegenleistung in das Gesamthandsvermögen der KG zum Buchwert ein. Mit Vertrag vom 13.12.2007 verkaufte die KG das Grundstück. Die Kaufpreiszahlung war im Jahr 2008 fällig, der Veräußerungsgewinn wurde ebenfalls in 2008 in eine Rücklage nach § 6b EStG eingestellt. Die KG reichte für das Streitjahr 2007 eine berichtigte Gesamthandsbilanz, in der der Teilwert des Grundbesitzes mit dem Kaufpreis abzüglich Veräußerungskosten angesetzt war, sowie eine Ergänzungsbilanz für den Kommanditisten ein. Das Finanzamt behandelte die Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen als steuerpflichtig. Mit der Klage wendet sich die KG gegen den rückwirkenden Ansatz des Teilwertes.

Entscheidung
Es liegt eine Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten in das Gesamthandsvermögen der KG zu Buchwerten vor (§ 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG). Infolge der Veräußerung innerhalb der dreijährigen Sperrfrist ist zwar rückwirkend ein Übertragungsgewinn entstanden (§ 6 Abs. 5 S. 4 EStG), dieser konnte aber durch Aufstellung einer negativen Ergänzungsbilanz dem einbringenden Kommanditisten zugeordnet werden.

Bei der Übertragung eines Einzelwirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters einer Personengesellschaft in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft, an der er beteiligt ist, ist der Buchwert anzusetzen, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist (§ 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG). Im Zeitpunkt der Übertragung in das Gesamthandsvermögen der KG am 13.12.2007 befand sich das Grundstück im Sonderbetriebsvermögen I des Kommanditisten, dem zivilrechtlichen Eigentümer. Die Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen erfolgte unentgeltlich, denn laut Vertrag sollten weder Gesellschaftsrechte gewährt noch ein Entgelt gezahlt werden. Eine Gewährung von Gesellschaftrechten scheitert bereits daran, dass der Kommanditist sowohl vor als auch nach der Einbringung zu 100 % an der KG beteiligt war und mithin keine neuen Gesellschaftsrechte erlangt hat. Der Kommanditist hat infolge der Einbringung auch keine individuelle Rechtsposition erlangt, die seine Stellung in der Gesellschaft verbessert. Die Buchwertfortführung war somit zunächst möglich.

Wird das übertragene Wirtschaftsgut innerhalb der dreijährigen Sperrfrist veräußert, ist rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung der Teilwert anzusetzen. Die Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung für den Veranlagungs- oder Feststellungszeitraum, in dem die Übertragung erfolgt ist (FG Saarland, Urteil vom 19.04.2012). Der Senat folgt nicht der Auffassung vom FG Saarland (Urteil vom 19.04.2012), wonach ein Sperrfristverstoß dann ausscheidet, wenn der einbringende Gesellschafter zu 100 % am Gesamthandsvermögen der Gesellschaft beteiligt war. Der Senat sieht keine Möglichkeit, "im Wege der teleologischen Extension" über den Wortlaut der Vorschrift hinaus von der Annahme eines Sperrfristverstoßes und damit dem Ansatz des Teilwerts im Übertragungszeitpunkt abzusehen. Dem steht nach Auffassung der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegen. Infolge der Veräußerung sind daher die in Grund und Boden und Gebäude verhafteten stillen Reserven rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung aufzudecken.

Entgegen der Auffassung der Kläger ist bei der Ermittlung des Teilwerts keine Minderung um zukünftige Veräußerungskosten des Erwerbers vorzunehmen. Für die Teilwertermittlung ist allein die Sicht des Erwerbers des gesamten Betriebs maßgeblich und es spielen nur die (anteiligen) Anschaffungskosten eine Rolle, die er bereit ist, für das Wirtschaftsgut unter Berücksichtigung seiner Zugehörigkeit zum Betrieb und dessen unveränderter Fortführung aufzuwenden. Die Veräußerungskosten des Verkäufers sind dem (gedachten) Erwerber des Gesamtbetriebs weder bekannt noch spielen sie eine Rolle für die Frage, welchen Preis der Erwerber für ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens aufzuwenden bereit ist. Da im Rahmen der Teilwertermittlung von der unveränderten Fortführung des Betriebs unter Einbeziehung des betroffenen Wirtschaftsguts und damit von dessen Zugehörigkeit zum Betrieb auszugehen ist, ist es nicht möglich, Veräußerungskosten im Rahmen der Teilwertermittlung zu berücksichtigen.

Die Sperrfrist greift jedoch nach dem Gesetzeswortlaut dann nicht ein, wenn die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven dem Übertragenden durch Aufstelllung einer Ergänzungsbilanz zugeordnet werden (§ 6 Abs. 5 S. 4 1. HS EStG). Im Streitfall wurden die infolge des Sperrfristverstoßes aufzudeckenden stillen Reserven wirksam über eine negative Ergänzungsbilanz des Kommanditisten neutralisiert. Der Senat folgt nicht der in Tz. 26 des BMF-Schreibens vom 08.12.2011 niedergelegten Auffassung, wonach trotz Erstellung einer Ergänzungsbilanz im Übertragungszeitpunkt rückwirkend der Teilwert anzusetzen ist, wenn durch die Übertragung keine Änderung des Anteils des übertragenden Gesellschafters an dem übertragenen Wirtschaftsgut eingetreten ist, aber das Wirtschaftsgut einem anderen Rechtsträger zuzuordnen ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn ein Wirtschaftsgut aus einem Betriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft übertragen wird, an deren Vermögen der Übertragende zu 100 % beteiligt ist (BMF-Schreiben vom 08.12.2011). Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn- und Zweck der Vorschrift lässt sich eine solche Einschränkung entnehmen.

Die Sperrfristregelung will verhindern, dass Veräußerungsgewinne, die bei einer Veräußerung aus dem Sonderbetriebsvermögen I heraus sich nur bei einem Gesellschafter steuerlich auswirken, infolge der Übertragung in das Gesamthandsvermögen und der anschließenden Veräußerung aus dem Gesamthandsvermögen heraus, auf eine Mehrzahl von Gesellschaftern verteilt werden und damit bei der Einkommensteuer Progressionsvorteile oder einkommensteuerliche Verlustvorträge anderer einkommensteuerpflichtiger Personen genutzt werden können. Die Vorschrift will damit sicherstellen, dass im Fall der späteren Veräußerung aus dem Gesamthandsvermögen heraus die im Sonderbetriebsvermögen vorhandenen stillen Reserven auch bei dem Gesellschafter versteuert werden, bei dem sie entstanden sind. Das gleiche Ziel verfolgt die in § 6 Abs. 5 S. 4 1. HS EStG eingeräumte Möglichkeit, die stillen Reserven durch eine Ergänzungsbilanz dem übertragenden Gesellschafter zuzuordnen. Damit wird sichergestellt, dass die stillen Reserven bis zur Veräußerung beim betroffenen Gesellschafter verhaftet bleiben. Sinn und Zweck der Aufstellung der Ergänzungsbilanz ist neben der Zuordnung der stillen Reserven zu einem Gesellschafter aber zugleich die zeitliche Verschiebung der Aufdeckung der stillen Reserven. Diese sind nicht im Zeitpunkt der Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen steuerwirksam zu berücksichtigen, sondern bei der späteren Veräußerung aus dem Gesamthandsvermögen innerhalb der Sperrfrist.

Betroffene Normen
§ 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG, § 6 Abs. 5 S. 4 1. HS EStG
Streitjahr 2007

Fundstellen 
BFH, Urteil vom 26.06.2014, IV R 31/12
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 06.07.2012, 3 K 2579/11 F

Weitere Fundstellen
Finanzgericht des Saarlandes, Urteil vom 19.04.2012, 1 K 1318/10
BMF, Schreiben vom 08.12.2011, IV C 6-S 2241/10/10002, BStBl I 2011, S. 1279

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