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03.08.2012
Unternehmensteuer

FG Hamburg: Beteiligungskorrekturgewinn nach Verschmelzung

Bei der Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften ist ein Beteiligungskorrekturbetrag zu berücksichtigen, wenn die tatsächlichen Anschaffungskosten den Buchwert der Anteile (z.B. aufgrund einer früheren Teilwertabschreibung) an der übertragenden Gesellschaft übersteigen. Dies gilt nicht bei Verschmelzung zweier Schwestergesellschaften und anschließender Verschmelzung der verbleibenden Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft ist (§ 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG 1995; entgegen BMF-Schreiben vom 25.03.1998).

Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, ist alleinige Gesellschafterin der B-GmbH und an der C-KG beteiligt. In den Jahren 1989 bis 1993 hat die Klägerin der B-GmbH Sanierungszuschüsse gewährt. Die Zuschüsse haben als nachträgliche Anschaffungskosten den Beteiligungsbuchwert erhöht, in gleicher Höhe wurde jeweils eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der B-GmbH vorgenommen. 1996 wurde die C-KG in die C-GmbH umgewandelt und die B-GmbH auf ihre Schwestergesellschaft, die C-GmbH, verschmolzen. Infolge der Verschmelzung wurde der Buchwert der B-GmbH in der Bilanz der Klägerin auf die Beteiligung an der C-GmbH umgebucht. Vier Jahre später wurde die C-GmbH auf die Klägerin verschmolzen.
Im Hinblick auf diese Verschmelzung berücksichtigte das Finanzamt bei der Klägerin für das Jahr 2000 einen Hinzurechnungsbetrag in Höhe der vorgenommenen Teilwertabschreibungen unter Bezugnahme auf den Umwandlungssteuererlass (BMF-Schreiben vom 25.03.1998). Nach dem Erlass sei im Fall der Verschmelzung zweier Schwestergesellschaften bei der gemeinsamen Muttergesellschaft, die auf die Anschaffungskosten der Anteile an der verschmolzenen Tochtergesellschaft eine Teilwertabschreibung vorgenommen habe, ein Hinzurechnungsbetrag zu ermitteln. Dieser zunächst nur festzuhaltende Betrag sei bei einer späteren Verschmelzung der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft hinzuzurechnen.
Die Klägerin erhob hiergegen Klage.

Entscheidung
Die Klage ist begründet. Die Voraussetzungen für die Hinzurechnung eines Beteiligungskorrekturbetrags nach § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG 1995 (in der für das Streitjahr 2000 maßgeblichen Fassung) sind im Streitfall nicht erfüllt. Die auf die Beteiligung an der B-GmbH vorgenommenen Teilwertabschreibungen sind nicht im Rahmen der Verschmelzung der C-GmbH auf die Klägerin wieder rückgängig zu machen. Revision wurde zugelassen. Die Rechtssache betrifft zwar ausgelaufenes Recht, doch weicht das FG von der im BMF-Schreiben vom 25.03.1998 niedergelegten Auffassung ab, so dass eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zu bejahen ist.

Die Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften kann steuerlich zum Buchwert erfolgen (§ 12 Abs. 2 UmwStG 1995). Übersteigen jedoch die tatsächlichen Anschaffungskosten den Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft, so ist der Unterschiedsbetrag dem Gewinn der übernehmenden Körperschaft hinzuzurechnen. Dieser Hinzurechnungsbetrag wird gemeinhin als Beteiligungskorrekturgewinn bezeichnet. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es z.B. gewesen, Teilwertabschreibungen, die die Muttergesellschaft auf die Anteile an der Tochtergesellschaft vorgenommen hat im Wege der Verschmelzung der Tochter auf die Muttergesellschaft rückgängig zu machen. Auf diese Weise sollte eine "doppelte Verlustnutzung" vermieden werden. Hatte sich der Verlust einer Tochtergesellschaft bereits (erstmals) bei der Muttergesellschaft in Gestalt ausschüttungsbedingter Teilwertabschreibungen gewinnmindernd ausgewirkt, so eröffnete der Übergang der nicht verbrauchten Verluste die Möglichkeit einer erneuten (zweiten) Nutzung (vgl. BFH-Urteil vom 18.07.2001)

Die Verschmelzung der C-GmbH auf die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 S. 2 HS 1 UmwStG 1995. Die Klägerin hat auf ihre Anteile an der C-GmbH keine Abschreibungen vorgenommen; die tatsächlichen Anschaffungskosten an dieser Beteiligung übersteigen nicht den Buchwert der Anteile. Die Anteile der Klägerin an der B-GmbH, auf welche in den Vorjahren Abschreibungen vorgenommen worden waren, existierten zum Zeitpunkt der hier streitigen Verschmelzung nicht mehr, denn diese Anteile waren mit der Verschmelzung der B-GmbH auf die C-GmbH untergegangen.
Bei der Verschmelzung zweier Schwestergesellschaften werden die Anteile an der übertragenden Körperschaft (Schwestergesellschaft 1) nicht von der übernehmenden Körperschaft (Schwestergesellschaft 2), sondern von der gemeinsamen Muttergesellschaft gehalten. § 12 Abs. 2 S. 2 HS 1 UmwStG 1995 kommt hier also nicht zum Zuge.

Gemäß BMF-Schreiben vom 25.03.1998 führt zwar die Verschmelzung zweier Schwestergesellschaften bei der gemeinsamen Muttergesellschaft, die auf die Anschaffungskosten der Anteile an der verschmolzenen Tochtergesellschaft eine Teilwertabschreibung vorgenommen hat, zunächst nicht zu einer Hinzurechnung. Der Hinzurechnungsbetrag soll jedoch in geeigneter Weise festzuhalten sein. Für den Fall, dass zu einem späteren Zeitpunkt die übernehmende ehemalige Schwestergesellschaft auf die Muttergesellschaft verschmolzen wird, soll bei der Muttergesellschaft eine Hinzurechnung sowohl hinsichtlich der Beteiligung an der früher auf die Schwestergesellschaft verschmolzenen Tochtergesellschaft als auch hinsichtlich der Beteiligung an der nunmehr auf die Muttergesellschaft verschmolzenen Tochtergesellschaft vorzunehmen sein, soweit die Muttergesellschaft auf die Anschaffungskosten der Anteile an diesen Gesellschaften eine Teilwertabschreibung vorgenommen hat.

Im Gesetz findet sich hierzu indes nichts. Abgesehen davon gibt es auch keine entsprechenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen für das "Festhalten" und für die spätere Anrechnung eines solchermaßen "aufgeschobenen" Korrekturbetrags im Rahmen einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten Feststellung; solche Bestimmungen wären aber angesichts der Bedeutung eines in dieser Form erweiterten Korrekturbetrags für den Steuerpflichtigen erforderlich gewesen. § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG 1995 ist auch nicht analog auf den Fall einer Seitwärtsverschmelzung zweier Schwestergesellschaften mit anschließender Verschmelzung auf die Muttergesellschaft anwendbar.

Des Weiteren wird die Veräußerung und Anschaffung der Anteile an der übertragenden Körperschaft zum Buchwert fingiert (§ 13 Abs. 1 UmwStG 1995). Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft, die durch die Verschmelzung untergehen, gelten als mit dem Buchwert veräußert und die an ihre Stelle tretenden Anteile der übernehmenden Gesellschaft gelten als mit diesem Wert angeschafft (§ 13 Abs. 1 S. 1 UmwStG 1995). Diese Anschaffungskostendefinition schließt aus, dass eine Teilwertabschreibung, die auf die alten Anteile vorgenommen wurde, bei der Bewertung der neuen Anteile aufgeholt werden kann.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der BFH in einem vergleichbaren Fall mit „umgekehrten Vorzeichen“ (Übergang von Verlustabzügen im Falle einer Abwärtsverschmelzung) festgestellt hat, dass die konkreten gesetzlichen Vorgaben des § 12 UmwStG nicht durch „allgemeine Überlegungen“ in den Hintergrund gedrängt werden dürften (BFH-Urteil vom 28.10.2009).

Betroffene Norm
§ 12 UmwStG 1995, Streitjahr 2000

Fundstelle
Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 27.02.2012, 6 K 119/10, BFH-anhängig: I R 28/12

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 18.07.2001, I R 38/99, BStBl. II 2002, S. 27
BMF, Schreiben vom 25.03.1998, IV B 7-S 1978-21/98, BStBl I 1998, S. 268
BFH, Urteil vom 28.10.2009, I R 4/09, BStBl II 2011, S. 315, siehe Deloitte Tax-News

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