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23.07.2013
Unternehmensteuer

BFH: Keine erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen bei Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils

Der BFH bestätigt die Auffassung des FG Hamburg, wonach der Gewinn aus der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils nicht in die erweiterte GewSt-Kürzung einzubeziehen ist (mehr siehe unter Anmerkung).
BFH, Urteil vom 08.12.2016, IV R 14/13
                                                                                        

FG Hamburg (Vorinstanz)
Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen sind nicht durch die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung für Grundstücksunternehmen (§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG) begünstigt. Diese Regelung ist verfassungsgemäß.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, deren Anteile zunächst zu 100% von einer AG gehalten wurden. Diese veräußerte ihre Anteile im Streitjahr 2004 an der Klägerin bis zu einem Restanteil von 6% an drei weitere Kapitalgesellschaften. Die Klägerin erzielte im Streitjahr im Wesentlichen nur Erträge aus der Vermietung einer Logistikimmobilie. In dem von ihr in der Gewerbesteuererklärung 2004 angegebenen Gewerbeertrag bezog sie die Veräußerungsgewinne der AG mit ein und beantragte die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen (§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG).

Das Finanzamt versagte der Klägerin gemäß § 9 Nr. 1 S. 6 GewStG die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen in Höhe des geltend gemachten Betrages, der aus den Veräußerungsgewinnen der Kommanditanteile resultierte. Der von der Klägerin eingelegte Einspruch wurde zurückgewiesen.

Entscheidung
Übereinstimmend mit der Auffassung des Finanzamtes ist im Streitfall die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG für die Gewinne aus den Veräußerungen von Teilen des Mitunternehmeranteils unzulässig.

Der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteile ist in den Gewerbeertrag der Klägerin einzubeziehen, da er zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb i.S.v. § 15 EStG zählt (§ 7 S. 2 Nr. 2 GewStG). Grundsätzlich ist auf Antrag eines Unternehmens, das ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz Kapitalvermögen verwaltet und nutzt oder daneben Wohnungsbauten betreut, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt, zulässig (§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG).

Entscheidend ist, dass „Verwaltung und Nutzung“ i. S. v. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG die Vermögensverwaltung im ertragssteuerlichen Sinne meint. Darunter fällt insbesondere die Vermietung und Verpachtung eines Grundstücks. Nicht mitinbegriffen ist die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen (für VZ 2003 so bereits BFH-Urteil vom 18.12.2014). Dies gilt unabhängig davon, ob diese ganz oder nur teilweise veräußert werden. Die Veräußerung ist nicht Ausfluss der Grundstücksverwaltung, sondern der Beteiligung an der Mitunternehmerschaft. Zwar wird der Veräußerungsgewinn bei der Gewinnermittelung auf Ebene der Mitunternehmerschaft erfasst, jedoch im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung allein dem veräußernden Mitunternehmer zugerechnet.
Unterstützt wird die obige Auslegung durch § 9 Nr. 1 S. 6 GewStG, wonach explizit Kürzungen für den Teil des Gewerbeertrages ausgeschlossen sind, der auf Veräußerungs- oder Aufgabegewinne im Sinne des § 7 S. 2 Nr. 2 und 3 GewStG entfällt. Zwar wurde die Regelung erst durch das EU-Richtlinienumsetzungsgesetz im Dezember 2004 eingeführt. Jedoch war sie erstmals für den Erhebungszeitraum 2004 anzuwenden. Es handelt sich hierbei entgegen der Auffassung der Klägerin um eine verfassungsrechtlich zulässige unechte Rückwirkung, da die Regelung nur eine klarstellende Funktion hat. Denn bereits vor Einführung des § 9 Nr. 1 S. 6 GewStG war die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen keine Nutzung und Verwaltung i. S. v. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG. Im Übrigen verstößt die Vorschrift auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Betroffene Norm
§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG, § 9 Nr. 1 S. 6 GewStG
Streitjahr 2004
 

Anmerkung
BFH-Urteil vom 08.12.2016
§ 9 Nr. 1 S. 6 GewStG versagt die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen, u.a. soweit der geltend gemachte Kürzungsbetrag auf Gewinne aus der Veräußerung von Kommanditanteilen entfällt.

Mit Urteil vom 18.12.2014 hat der BFH bereits für den Erhebungszeitraum 2003, also vor Einführung des § 9 Nr. 1 S. 6 GewStG entschieden, dass der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils i.S. des § 7 S. 2 Nr. 2 GewStG nicht in die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG einzubeziehen sei. § 9 Nr. 1 S. 6 GewStG i.d.F. des EURLUmsG habe lediglich klarstellende Bedeutung.

Wie der BFH nun mit Urteil vom 08.12.2016 festgestellt hat, gelte dies in gleicher Weise auch für die teilweise Veräußerung eines Mitunternehmeranteils. Eine solche Veräußerung werde ebenfalls bereits vom Wortlaut des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG nicht erfasst. Denn diese Vorschrift diene dazu, Gewerbebetriebe kraft Rechtsform bei Ausübung einer rein vermögensverwaltenden Tätigkeit mit natürlichen Personen und Personengesellschaften gleichzustellen, die bei Ausübung derartiger Tätigkeiten von vornherein nicht als Steuergegenstand anzusehen sind (BFH-Urteil vom 22.06.2016, X R 54/14). Die teilweise Veräußerung eines Mitunternehmeranteils gehe indes über eine rein vermögensverwaltende Tätigkeit hinaus. Scheide danach die Anwendung des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG auch bei der Veräußerung eines Anteils eines Mitunternehmeranteils aus, sei nicht zu entscheiden, ob § 9 Nr. 1 S. 6 GewStG auf die teilweise Veräußerung eines Mitunternehmeranteils anzuwenden ist. Und auch auf die im Zusammenhang mit § 9 Nr. 1 S. 6 GewStG im Streitfall (Veranlagungszeitraum 2004) angesprochenen Rückwirkungsfragen komme es folglich aufgrund der lediglich klarstellenden Funktion dieser Vorschrift nicht an.
 

Fundstellen
BFH, Urteil vom 08.12.2016, IV R 14/13, BStBl II 2017 Seite 494
Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 20.02.2013, 2 K 207/11, EFG 2013, S. 1065

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 18.12.2014, IV R 22/12
BFH, Urteil vom 22.06.2016, X R 54/14, siehe Deloitte Tax-News

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