Zurück zur Übersicht
25.06.2012
Unternehmensteuer

Hessisches FG: Zwei konkurrierende Ergebnisabführungsverträge

Die Existenz zweier konkurrierender Ergebnisabführungsverträge (EAV) führt nicht zur zivilrechtlichen Unwirksamkeit des zeitlich später abgeschlossenen EAV oder beider EAV. Die Gewinnabführung an den Organträger, die die Einkommenszurechnung an den Organträger auslöst, kann jedoch nur einmal in Erfüllung eines EAV stattfinden. Welcher EAV erfüllt wird, richtet sich danach, welche Verpflichtung die Organgesellschaft erfüllen wollte. Dies ist durch Auslegung zu ermitteln.

Sachverhalt

Die Klägerin (K-GmbH) hatte mit ihrer Alleingesellschafterin, der A-AG, einen Ergebnisabführungsvertrag geschlossen. Zum 28.12.2001 hat die A-AG ihre Anteile an der K-GmbH an die B-GmbH veräußert, Der zwischen der Klägerin und der A-AG bestehende Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag wurde einvernehmlich zum Ablauf des 28.12.2001 aufgehoben. Die Klägerin und die B-GmbH haben am 28.12.2001 einen Ergebnisabführungsvertrag für die Dauer von fünf Jahren zum 01.01.2001, 0 Uhr abgeschlossen.

Die Aufhebung eines Ergebnisabführungsvertrages kann zivilrechtlich nur zum Ende eines Geschäftsjahres erfolgen (§ 296 Abs. 1 AktG), so dass der mit der A-AG abgeschlossene Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag am 28.12.2001 erneut einvernehmlich aufgehoben wurde und zwar mit Wirkung zum 31.12.2001, 24 Uhr. In der Handelsbilanz zum 31.12.2001 hat die Klägerin ihren Gewinn an die A-AG abgeführt. Für das Jahr 2001 hat die Klägerin in ihren Steuererklärungen ein Organschaftsverhältnis zur A-AG und für die Jahre 2002 bis 2004 zur B-GmbH erklärt. Die Betriebsprüfung erkannte die Organschaft zwischen der Klägerin und der B-GmbH für die Jahre 2001 bis 2004 nicht an, da der zum 01.01.2001 abgeschlossene Ergebnisabführungsvertrag in seinem ersten Jahr nicht vollzogen sei, Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Anerkennung der Organschaft bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2001.

Entscheidung

Die Klage wurde abgewiesen. Die vormals zur A-AG bestehende Organschaft ist im Veranlagungs- und Erhebungszeitraum 2001 nicht mehr anzuerkennen. Ebenso lagen die gesetzlichen Voraussetzungen einer körperschaft- und gewerbesteuerlichen Organschaft der Klägerin zur B-GmbH in den Veranlagungs- und Erhebungszeiträumen 2001 bis 2004 nicht vor.

Zur steuerlichen Anerkennung eines Organschaftsverhältnisses muss der Organträger vom Beginn des Wirtschaftsjahres an ununterbrochen an der Organgesellschaft mit Stimmenmehrheit beteiligt sein (finanzielle Eingliederung), ein Ergebnisabführungsvertrag muss auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen sein und tatsächlich durchgeführt werden (§§ 14, Nr. 1, 17 S. 1 KStG). Die Klägerin war infolge der Veräußerung ihrer mit Wirkung zum 28.12.2001 nicht während des gesamten Wirtschaftsjahres 2001 in das Unternehmen der A-AG finanziell eingegliedert. Da auch eine mittelbare finanzielle Eingliederung nicht gegeben war, kam es zu einem unterjährigen Verlust der Stimmrechtsmehrheit. Dies verhinderte den Eintritt der Rechtsfolgen der Organschaft mit der A-AG für den gesamten Veranlagungs- und Erhebungszeitraum 2001.

Für 2001 bestand eine Ergebnisabführungsverpflichtung der Klägerin sowohl gegenüber der A-AG als auch gegenüber der B-GmbH. Der Umstand der Existenz zweier konkurrierender Ergebnisabführungsverträge führte nicht zur zivilrechtlichen Unwirksamkeit des zeitlich später abgeschlossen Vertrages mit der B-GmbH oder beider Ergebnisabführungsverträge.

Nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Streitfalls ist im Jahr 2001 aber von einer Erfüllung der Abführungsverpflichtung gegenüber der A-AG auszugehen. Der mit der B-GmbH abgeschlossene Ergebnisabführungsvertrag wurde für 2001 nicht tatsächlich durchgeführt. Dies spiegelt sich in der handelsbilanziellen Behandlung der Gewinnabführung seitens der Klägerin wider. Eine tatbestandsmäßige Gewinnabführung nach § 14 KStG kann darüber hinaus nur einmal vorliegen. Da der Ergebnisabführungsvertrag zwischen der K-GmbH und der B-GmbH mit Wirkung vom 01.01.2001 für die Dauer von (lediglich) fünf Jahren abgeschlossen wurde und im ersten Geltungsjahr nicht tatsächlich durchgeführt wurde, ist die ertragsteuerliche Organschaft auch für die Veranlagungs- und Erhebungszeiträume 2002 bis 2004 nicht anzuerkennen. Die Revision wurde nicht zugelassen. 

Betroffene Norm
§§ 14, 17 KStG; § 296 Abs. 1 Satz 1 AktG
Streitjahre 2001 bis 2004

Fundstelle

Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 25.01.2012, 4 K 2487/08

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.