BFH: Kein Ausgleichs- und Abzugsverbot für Index-Zertifikate
Der BFH hat die Entscheidung des FG Köln bestätigt, wonach Teilwertabschreibungen und ein Entnahmeverlust in Bezug auf Index-Partizipationszertifikate dem Grunde und der Höhe nach zu berücksichtigen sind und dem auch nicht das Ausgleichs- und Abzugsverbot des § 15 Abs. 4 S. 3 EStG entgegensteht.
BFH, Urteil vom 04.12.2014, IV R 53/11
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FG Köln (Vorinstanz)
Sachverhalt
Die Klägerin hält im Betriebsvermögen sogenannte „Index-Partizipationszertifikate“. Streitig ist, ob die von ihr vorgenommenen (zutreffenden) Teilwertabschreibungen auf diese Index-Zertifikate in den Streitjahren 2001 und 2002 dem Verlustabzugs- und -ausgleichsverbot nach § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG unterliegen.
Entscheidung
Das FG Köln entschied, dass Teilwertabschreibungen auf Index-Zertifikate nicht § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG unterliegen. Bei Index-Zertifikaten handelt es sich nicht um Termingeschäfte im Sinne dieser Vorschrift.
Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 3 i.V. m. Satz 1 EStG dürfen Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Der Betriff des Termingeschäftes ist steuerrechtlich allerdings nicht definiert. Bezüglich der Auslegung der Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 EStG 2002 zum privaten Veräußerungsgeschäft, die nach ihrem wesentlichen Wortlaut der Formulierung des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG entspricht, folgt das FG Köln der herrschenden Meinung in der steuerrechtlichen Literatur und der Auffassung der Finanzverwaltung. Demnach handelt es sich nur bei solchen Geschäften um Termingeschäfte im Sinne der genannten Regelungen, bei denen das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft und das Erfüllungsgeschäft zeitlich auseinander fallen. Dieses Verständnis geht auf die zivilrechtliche Begriffsbestimmung zurück. Gegen ein eigenes steuerrechtliches, vom Zivilrecht losgelöstes Verständnis der Terminologie „Termingeschäft“ (a.A. Hessisches FG, Beschluss vom 22.10.2010) sprechen die ausdrückliche Bezugnahme auf zivilrechtliche Vorschriften in der Gesetzesbegründung zu § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG sowie die Neuregelungen des § 20 Abs. 2 Nr. 3 und 7 EStG im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008.
Bei Geschäften mit Index-Zertifikaten fallen nach Ansicht des BGH (Entscheidung vom 13.07.2004) Verpflichtungs- und Erfüllungsentscheidung jedoch nicht auseinander. Index-Zertifikate sind Schuldverschreibungen, die den Anspruch des Inhabers gegen den Emittenten auf Zahlung eines Geldbetrages verbriefen, dessen Höhe vom Stand des zugrunde gelegten Index am Ende der Laufzeit abhängt. Durch die spätere Rückzahlung des Emittenten an den Erwerber wird nicht der Vertrag über den Erwerb des Zertifikats, sondern die durch die Schuldverschreibung begründete Forderung erfüllt. Index-Zertifikate eröffnen die Möglichkeit, an der Kursentwicklung des Index teilzunehmen, ohne alle in den Index aufgenommenen Aktien einzeln erwerben zu müssen. Dies unterscheidet den Erwerb von Index-Zertifikaten von Termingeschäften.
Auch lassen sich die streitgegenständlichen Index-Zertifikate entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 27.11.2001) und eines Teils des Schrifttums nicht unter den Wortlaut des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz EStG 2002 subsumieren. Nach dieser Vorschrift gelten u.a. Zertifikate, die Aktien vertreten, als Termingeschäfte. Index-Zertifikate jedoch vermitteln weder unmittelbar noch mittelbar Beteiligungsrechte an börsennotierten Aktiengesellschaften. Sie sind lediglich auf das synthetische Produkt des Index, in dem Anteile an Aktiengesellschaften rechnerisch zusammengefasst sind, bezogen.
Berücksichtigt man, dass realisierte Wertsteigerungen von Index-Zertifikaten, die im Betriebsvermögen gehalten werden, ohnehin immer der Besteuerung unterlagen, erscheint es dem FG Köln zufolge durchaus gerechtfertigt und mit dem Gesetzeszweck vereinbar, dass auch die Verluste aus solchen Wertpapieren der Besteuerung zugrunde gelegt werden.
Die Voraussetzungen für eine Auslegung von § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG über den Wortlaut hinaus sind im Streitfall nicht erfüllt, da die wortgetreue Auslegung nach Ansicht des erkennenden Senats nicht zu einem sinnwidrigen, vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Ergebnis führt.
Betroffene Norm
§ 15 Abs. 4 Satz 3 EStG
Streitjahre 2001/2002
Fundstelle
BFH, Urteil vom 02.12.2014, IV R 53/11
Finanzgericht Köln, Urteil vom 03.08.2011, 7 K 4682/07, EFG 2012, S. 49
Weitere Fundstellen
BMF, Schreiben vom 27.11.2001, IV C 3-S 2256-265/01, BStBl. I S. 986
BGH, Entscheidung vom 13.07.2004, XI ZR 178/03, BGHZ 160, S. 58
Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 22.10.1010, 8 V 1268/10, EFG 2011, S. 448, siehe Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News