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11.05.2012
Unternehmensteuer

FG Münster: Ansatzwahlrecht für selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter im Zuge eines Formwechsels

Bei einem Formwechsel von einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft sind in der Schlussbilanz der Kapitalgesellschaft auch selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter anzusetzen. Diese Regelung, die durch das UmwStG 2006 ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen wurde, gilt bereits für das UmwStG 1995. Das Bewertungswahlrecht des § 3 UmwStG 1995 durchbricht den Grundsatz der Maßgeblichkeit und gewährt im Zuge eines Formwechsels ein Ansatzwahlrecht für selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter.

Sachverhalt

Die Klägerin wurde im Streitjahr 2004 aus einer GmbH in eine GmbH & Co. KG umgewandelt (Formwechsel).In der steuerlichen Schlussbilanz der GmbH sind selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter (Geschäfts- und Firmenwert und Auftragsbestand) aktiviert und mit dem Teilwert angesetzt worden (§ 3 UmwStG 1995). Anlässlich einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt vertrat der Prüfer die Auffassung, dass zwar ein Bewertungswahlrecht für die Wirtschaftsgüter der Übertragungsbilanz gegeben sei, das Ansatzwahlrecht in der für das Streitjahr geltenden Fassung allerdings nur solche Wirtschaftsgüter umfasse, die in der Steuerbilanz vom Grundsatz her aktiviert werden dürften. Selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftgüter seien nicht aktivierbar. Dementsprechend versagte das Finanzamt eine Zuschreibung zum Firmenwert und zum Auftragsbestand.

Entscheidung

Das Finanzamt hat zu Unrecht die Aktivierung immaterieller Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Übertragungsbilanz im Rahmen der formwechselnden Umwandlung untersagt.

Bei einer rechtsformwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft können Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der Körperschaft mit dem Buchwert oder einem höheren Wert angesetzt werden (§ 14 i. V. m. § 3 UmwStG 1995). Der Ansatz mit dem Buchwert ist auch zulässig, wenn in der Handelsbilanz das eingebrachte Betriebsvermögen nach handelsrechtlichen Vorschriften mit einem höheren Wert angesetzt werden muss. Die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter dürfen nicht überschritten werden. Zwar bestimmt das Maßgeblichkeitsgebot (§ 5 Abs. 1 EStG), dass steuerrechtliche Wahlrechte bei der Gewinnermittlung in Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Bilanz auszuüben sind, dieser Grundsatz gilt aber für die hier streitbefangene steuerliche Umwandlungsbilanz nicht. Vielmehr enthält das in § 3 UmwStG 1995 der übertragenden Körperschaft eingeräumte Bewertungswahlrecht eine Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes in Gestalt einer speziellen und damit jenem Grundsatz vorgehenden gesetzlichen Regelung (vgl. BFH-Urteil vom 05.06.2007). Unabhängig davon ändert sich bei einer formwechselnden Umwandlung nur die Rechtsform, während der Unternehmensträger identisch bleibt. Da das Handelsrecht für diesen Fall weder die Aufstellung einer Schlussbilanz für die übertragende Kapitalgesellschaft noch die Aufstellung einer Eröffnungsbilanz für die an ihrer Stelle tretende Personengesellschaft vorsieht, ist die Ausübung steuerrechtlicher Wahlrechte in Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz ohnehin nicht möglich.

Ursprünglich waren in der steuerlichen Schlussbilanz der Kapitalgesellschaft nur "die nach den steuerlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung auszuweisenden Wirtschaftsgüter" anzusetzen und selbstgeschaffene oder unentgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens durften aufgrund des Verweises auf das Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG nicht in der Schlussbilanz angesetzt werden (§ 3 UmwStG 1977). Jedoch ist bei der Neuregelung des § 3 im UmwStG 1995 dieser Verweis auf die steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften nicht aus der Vorgängerregelung übernommen worden. Die Neuregelung spricht nur von "Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz" der übertragenden Körperschaft. Aus dem Wortlaut selbst ergibt sich jedoch nicht eindeutig, ob "die Wirtschaftsgüter" nur die (bereits) bilanzierten oder aber auch die bislang aufgrund von Aktivierungsverboten nicht bilanzierten umfasst. In § 3 Abs. 1 S. 1 UmwStG 2006 ist nun ausdrücklich geregelt, dass in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft auch die nicht entgeltlich erworbenen und selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter anzusetzen sind. Weder aus der Gesetzesbegründung zum UmwStG 1995 noch zum UmwStG 2006 lässt sich erkennen, dass selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter erstmalig ab 2006 anzusetzen sind. Nach Ansicht des Senats spricht der Wortlaut „einschließlich“ eher für eine klarstellende Regelung.

Der BFH hat in einem umgekehrten Fall - Formwechsel einer KG in eine GmbH - die Aktivierung des Auftragsbestands im zugelassen (vgl. BFH, Urteil vom 19.10.2005). Es sind keine sachlichen Gründe ersichtlich, warum bei einer formwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft nicht entsprechend verfahren werden soll. Die Revision ist vor dem BFH anhängig: I R 5/12.

Anmerkungen

In einem anderen Fall hat das FG Düsseldorf ebenfalls entschieden, dass bei Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft der Ansatz von Wirtschaftsgütern in der steuerlichen Schlussbilanz nicht auf die nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung auszuweisenden Wirtschaftsgüter beschränkt ist (§ 3 S. 1 UmwStG 1995). Somit kann ein originärer Firmenwert ungeachtet des steuerlichen Ausweisverbotes aktiviert werden.
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 03.12.2012, 6 K 1883/10 F, Revision zugelassen

Betroffene Norm

§ 3 UmwStG 1995, § 14 UmwStG 1995, § 5 Abs. 1, 2 EStG, Streitjahr 2004

Fundstelle

Finanzgericht Münster, Urteil vom 06.10.2011, 9 K 1308/10 K, BFH-anhängig: I R 5/12

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 05.06.2007, I R 97/06, BStBl II 2008, S. 650
BFH, Urteil vom 19.10.2005, I R 38/04, BStBl II 2006, S. 568

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