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28.02.2014
Unternehmensteuer

FG Münster: Beteiligung an Komplementär-GmbH als wesentliche Betriebsgrundlage

Die Beteiligung an einer Komplementär-GmbH (Sonderbetriebsvermögen II) ist nicht in jedem Fall eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage. Keine wesentliche Betriebsgrundlage liegt vor, wenn der Kommanditist in der Komplementär-GmbH seinen geschäftlichen Betätigungswillen in Fragen der laufenden Geschäftsführung nicht durchsetzen kann und keine beherrschende Stellung in der Komplementär-GmbH hat. Eine GmbH-Beteiligung ist auch dann nicht zwingend als funktional wesentlich zu qualifizieren, wenn die Komplementär-GmbH selbst am Vermögen sowie Gewinn und Verlust der KG beteiligt ist (entgegen OFD Münster vom 23.03.2011).

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Die als Komplementärin fungierende GmbH ist mit 30 % an der Klägerin beteiligt und hält außerdem eine stille Beteiligung an dieser. Die Anteile an der Komplementär-GmbH werden von den Kommanditisten der KG gehalten. Frau A ist an der KG zu 20 % und an der GmbH zu 10 % beteiligt. Nach Teilung ihrer Kommanditbeteiligung brachte Frau A rückwirkend zum 01.01.2005 einen 10%igen Anteil an ihrem Kommanditanteil zu Buchwerten in die im Streitjahr 2005 neu gegründete A GmbH ein. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Übertragung des 10%igen Anteils am Kommanditkapital nicht zu Buchwerten erfolgen konnte, da nicht alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen worden seien. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Entscheidung

Entgegen der Auffassung des Finanzamtes seien die Voraussetzungen des § 20 UmwStG erfüllt und die Übertragung des Anteils am Mitunternehmeranteil sei richtigerweise zu Buchwerten erfolgt. Der Umstand, dass die Anteile an der GmbH nicht ebenfalls (quotal) in die A GmbH eingebracht wurden, stehe dem nicht entgegen.

Nach § 20 Abs. 1 S. 1 i.V. m. Abs. 2 S. 1 UmwStG darf, wenn ein Mitunternehmeranteil in eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft eingebracht wird, die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert ansetzen. § 20 UmwStG ermöglicht die erfolgsneutrale Einbringung eines Mitunternehmeranteils nur dann, wenn nicht nur die Beteiligung an den Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens, sondern zugleich die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen des Anteils zählenden Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens eingebracht werden.

Im Streitfall gehöre die 10 %ige Beteiligung der Frau A an der GmbH zu ihrem Sonderbetriebsvermögen bei der Klägerin. Dennoch seien die Voraussetzungen des § 20 UmwStG erfüllt, da die Anteile an der GmbH nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen der Mitunternehmeranteile von Frau A gehörten.

Der Begriff „wesentliche Betriebsgrundlage“ sei im Rahmen der Anwendung des § 20 UmwStG im funktionalen Sinne zu verstehen (vgl. u. a. BMF-Schreiben vom 16.8.2000). Als funktional wesentlich seien dabei alle Wirtschaftsgüter anzusehen, die für den Betriebsablauf ein erhebliches Gewicht haben und damit für die Fortführung des Betriebs notwendig sind oder dem Betrieb das Gepräge geben (vgl. u. a. BFH-Urteil vom 24.08.1989).

Die Beteiligung eines Kommanditisten an einer Komplementär-GmbH sei nicht schon deshalb eine „funktional wesentliche” Betriebsgrundlage des Mitunternehmeranteils, weil sie zum „Sonderbetriebsvermögen II” des Mitunternehmers zählt. Eine „funktionale Wesentlichkeit” könne sich allenfalls daraus ableiten lassen, dass die Beteiligung an der Komplementär-GmbH im konkreten Einzelfall die Stellung des Mitunternehmers im Rahmen der KG nachhaltig stärke. Eine solche Beurteilung komme insbesondere dann in Betracht, wenn sie den Einfluss des Mitunternehmers auf die Geschäftsführung der KG grundlegend erweitere (vgl. BFH-Urteil vom 25.11.2009).

Im Streitfall könne Frau A über ihre 10 %-Beteiligung an der GmbH weder Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen, noch könne sie Entscheidungen gegen ihren Willen verhindern. Weder die 30 %-Beteiligung der GmbH noch ihre stille Beteiligung an der Klägerin führten im Streitfall dazu, dass die Beteiligung an der Komplementär-GmbH eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage werde.

Die Auffassung der Oberfinanzdirektion Münster (Vfg. vom 06.11.2008), nach welcher eine GmbH-Beteiligung als funktional wesentlich zu qualifizieren sei, wenn die Komplementär-GmbH am Vermögen sowie Gewinn- und Verlust der KG beteiligt ist, werde nicht geteilt. Bei der Beurteilung der Wesentlichkeit eines nach § 20 UmwStG eingebrachten Wirtschaftsgutes komme es nur auf die funktionale Wesentlichkeit in dem Sinne an, ob und inwieweit eine Möglichkeit zur (positiven oder negativen) Einflussnahme auf die laufende Geschäftsführung bestehe. 

Betroffene Norm

§ 20 UmwStG
Streitjahr 2005

Anmerkung

Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Beteiligung eines Kommanditisten an einer Komplementär-GmbH zu den funktional wesentlichen Grundlagen des Mitunternehmeranteils zählt, ist höchstrichterlich noch nicht abschließend entschieden worden (vgl. BFH-Urteil vom 25.11.2009) und im Schrifttum streitig.

Fundstelle

Finanzgericht Münster, Urteil vom 14.08.2013, 2 K 4721/10 G, F, EFG 2014, S. 81, BFH-anhängig: I R 67/13

Weitere Fundstellen

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 24.08.1989, IV R 135/86, BStBl II 1989, S. 1014
BMF, Schreiben vom 16.08.2000, BStBl I 2000, S. 1253
BFH, Urteil vom 25.11.2009, I R 72/08, BStBl II 2010, S. 471, siehe Deloitte Tax-News
Oberfinanzdirektion Münster, Verfügung vom 06.11.2008, aktualisiert am 23.03.2011, S 2242 – 21 – St 12 – 33
 

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