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30.04.2015
Unternehmensteuer

FG Münster: Betriebsbezogene Ermittlung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG

Der BFH hat das Urteil des FG Münster bestätigt, wonach die Gewerbesteueranrechnung betriebsbezogen zu ermitteln ist.
BFH, Urteil vom 20.03.2017, X R 62/14 
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FG Münster (Vorinstanz):
Ist ein Steuerpflichtiger an mehreren Personengesellschaften beteiligt, ist die Begrenzung der Steuerermäßigung auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer (§ 35 Abs. 1 S. 5 EStG) für jeden Mitunternehmeranteil gesondert (betriebsbezogen) zu ermitteln. Eine zusammenfassende (unternehmerbezogene) Betrachtung der Summe der tatsächlich gezahlten Gewerbesteuer für alle Mitunternehmeranteile scheidet somit aus.

Sachverhalt

Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2008 aus der Beteiligung an mehreren Kommanditgesellschaften gewerbliche Einkünfte. In Bezug auf die gewerbesteuerpflichtigen Beteiligungsgesellschaften wurden der Klägerin im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung gemäß § 35 Abs.2 EStG anteilige Gewerbesteuermessbeträge sowie die anteilig tatsächlich gezahlten Gewerbesteuern zugerechnet. Die Klägerin beantragte die Steuerermäßigung nach § 35 EStG und ermittelte die in § 35 Abs. 1 S.5 EStG normierte Begrenzung unternehmerbezogen, indem sie der Summe der anteiligen Ermäßigungsbeträge die Summe der anteiligen Gewerbesteuerbeträge gegenüberstellte.

Das Finanzamt wendete hingegen die betriebsbezogene Betrachtungsweise an und nahm die Vergleichsrechnung für jede Beteiligung gesondert vor. Dies führte zu einem für die Klägerin ungünstigeren Ergebnis, weil die Beteiligungen in Gemeinden mit unterschiedlich hohen Hebesätzen lagen. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.

Entscheidung

Das Finanzamt habe zu Recht die Begrenzung der Steuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 S.5 EStG für jede Beteiligung gesondert ermittelt.

Auf die zu entscheidende Streitfrage, ob bei Beteiligungen an mehreren Mitunternehmerschaften die Begrenzung auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer für jede Beteiligung getrennt oder zusammengefasst zu ermitteln sei, gebe der Gesetzeswortlaut keine eindeutige Antwort und sei daher auszulegen. In der Literatur fänden sich zu dieser Frage unterschiedliche Ansätze.

Nach Ansicht des FG seien keine Gründe dafür erkennbar, dass denjenigen Steuerpflichtigen, die mehrere gewerbliche Beteiligungen in Gemeinden mit unterschiedlich hohen Hebesätzen unterhalten, ein höherer Ermäßigungsbetrag zustehen solle als solchen Steuerpflichtigen, die ihren Betrieb oder ihre Betriebe in lediglich einer Gemeinde haben.

Vielmehr ergebe sich aus den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren zur Einführung des § 35 EStG der gegensätzliche gesetzgeberische Wille, wonach die Ermäßigung für jeden Betrieb gesondert zu ermitteln sei. Die Vorschrift habe zu diesem Zeitpunkt zwar noch nicht die strittige Beschränkungsregelung des § 35 Abs. 1 S.5 EStG enthalten. Gleichwohl fänden sich auch bei der Änderung der Vorschrift des § 35 EStG durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008, mit dem erstmals die Begrenzung auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer eingeführt wurde, keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber von seiner bisherigen betriebsbezogenen Betrachtung der Norm abweichen wollte.

Diese Auslegung entspreche auch dem Objektcharakter der Gewerbesteuer, der jeder einzelne Gewerbebetrieb unterliege. Denn auch wenn eine Person über mehrere Gewerbebetriebe verfüge, würden der Steuermessbetrag und die Gewerbesteuer für jeden Betrieb gesondert festgesetzt und erhoben werden.

Dass die Vorschrift – infolge dieser Auslegung – keine vollständige Entlastung der Doppelbesteuerung der gewerblichen Einkünfte mit Einkommensteuer und Gewerbesteuer bewirke, sei der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Pauschalierungsregelung geschuldet.

Betroffene Norm

§ 35 EStG
Streitjahr 2008

Fundstellen

BFH, Urteil vom 20.3.2017, X R 62/14 (siehe auch das teilweise inhaltgleiche Urteil des BFH vom 20.03.2017, X R 12/15, siehe Deloitte Tax-News)
Finanzgericht Münster, Urteil vom 24.10.2014, 4 K 4048/12 E

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