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30.11.2012
Unternehmensteuer

FG Münster: Keine Hinzurechnungsbesteuerung bei Seitwärtsverschmelzung

Eine Teilwertabschreibung ist im Fall der Verschmelzung von Schwesterkapitalgesellschaften und späterer Anteilsveräußerung nicht nach § 12 Abs. 2 S. 2 und S. 3 UmwStG 1995 hinzuzurechnen (entgegen BMF-Schreiben vom 16.12.2003).

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, nahm in den Jahren vor 2001 eine Teilwertabschreibung auf den Beteiligungsbuchwert einer ihrer Tochtergesellschaften vor. 2001 wurde diese Tochtergesellschaft auf eine andere Tochtergesellschaft verschmolzen. Im Streitjahr 2004 veräußerte die Klägerin die Anteile an der übernehmenden Tochtergesellschaft an einen Dritten.

Durch die Teilwertabschreibung auf den Beteiligungsbuchwert der übertragenden Schwestergesellschaft überstiegen die tatsächlichen Anschaffungskosten den Buchwert der Anteile an dieser Gesellschaft. Gemäß § 12 Abs. 2 S. 2 und 3 UmwStG 1995 wäre dieser Unterschiedsbetrag dem Gewinn der übernehmenden Körperschaft im Zeitpunkt der Verschmelzung hinzuzurechnen. Da es sich jedoch um eine Verschmelzung von Schwestergesellschaften handelte, konnte eine Hinzurechnung bei der gemeinsamen Muttergesellschaft nach Tz. 12.08 des BMF-Schreibens vom 25.03.1998 zunächst unterbleiben. Stattdessen nahm das beklagte Finanzamt die Hinzurechnung bei der Klägerin in Höhe der vorgenommenen Teilwertabschreibung im Zeitpunkt der Veräußerung der übernehmenden Schwestergesellschaft vor und berief sich auf das BMF-Schreiben vom 16.12.2003 (Tz. 19).

Die Klage richtet sich gegen die bei der Klägerin vorgenommene Hinzurechnung nach § 12 Abs. 2 S. 2 und S. 3 UmwStG 1995 infolge der Verschmelzung ihrer Tochtergesellschaften und der anschließenden Anteilsveräußerung.

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Die vom beklagten Finanzamt vorgenommene Hinzurechnung, die aus der Verschmelzung von Schwestergesellschaften hergeleitet wurde, ist durch die Vorschrift des § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG 1995 nicht gedeckt.

Verschmelzungen von Schwestergesellschaften bestimmen sich steuerrechtlich nach §§ 11 bis 13 UmwStG 1995. Gemäß § 12 Abs. 1, § 4 Abs. 1 UmwStG 1995 sind die Wirtschaftsgüter der übertragenden Körperschaft bei der übernehmenden Körperschaft mit dem Wert der Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft anzusetzen. Ein etwaiger Übertragungsgewinn der übernehmenden Körperschaft in Höhe der Differenz zwischen dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft und dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter anzusetzen sind, bleibt gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 1995 außer Ansatz. Dem Gewinn der übernehmenden Körperschaft ist gemäß § 12 Abs. 2 S. 2 und S. 3 UmwStG 1995 jedoch grundsätzlich die Differenz zwischen den höheren tatsächlichen Anschaffungskosten der Anteile an der übertragenden Körperschaft und dem Buchwert dieser Anteile hinzuzurechnen. Der Gesetzesintention zufolge soll mit dieser Regelung eine doppelte Verlustnutzung verhindert werden.

Da im Streitfall die übernehmende Schwestergesellschaft nicht an der übertragenden Schwestergesellschaft beteiligt war, fiel daher bei der übernehmenden Gesellschaft kein Übertragungsgewinn an, so dass nach Auffassung des FG bereits deshalb keine Hinzurechnung in Betracht kommt.

Das BMF vertritt die Auffassung, § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG 1995 sei in allen Fällen der Verschmelzung anzuwenden, in denen das Übernahmeergebnis nach § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 1995 außer Ansatz bleibt und Anteile untergehen, auf die zuvor eine Teilwertabschreibung vorgenommen wurde. Bei der Verschmelzung von Schwestergesellschaften soll die Hinzurechnung bei der Muttergesellschaft vorgenommen werden, wenn die Beteiligung an der übernehmenden Schwestergesellschaft durch Veräußerung entfällt (BMF-Schreiben v. 16.12.2003, Tz. 19).

Durch die vom BMF vorgenommene Verknüpfung von Hinzurechnungen nach § 12 Abs. 2 S. 2 und S. 3 UmwStG 1995 und späterer Veräußerung der Anteile an der übernehmenden Körperschaft, wird an einen neuen Vorgang angeknüpft, der nicht Bestandteil der Verschmelzung ist und ihr zudem zeitlich erheblich nachgelagert ist. Anhaltspunkte für einen im Streitfall von vornherein bestehenden, die Verschmelzung und Veräußerung umfassenden Gesamtplan sind nicht erkennbar. § 12 Abs. 2 UmwStG 1995 regelt die steuerlichen Folgen der Verschmelzung von Körperschaften für den Besteuerungszeitraum der Verschmelzung und die steuerlichen Folgen für die verschmolzenen Gesellschaften und der Gesellschaftsanteile an diesen. Steuerliche Folgen für die Anteile an der übernehmenden Körperschaft, die erst durch nachfolgende Vorgänge in späteren Besteuerungszeiträumen ausgelöst werden, lassen sich aus dem Gesetzeswortlaut auch bei einer weiten Auslegung, nicht herleiten. Nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck regelt die Vorschrift nur die unmittelbar durch die Verschmelzung ausgelösten Rechtsfolgen.

Die Revision wird, trotz auslaufenden Rechts des UmwStG 1995, zugelassen. Der Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, da das FG eine von der Auffassung des BMF abweichende Entscheidung getroffen hat und noch eine Vielzahl an Fällen zu dieser Rechtsfrage anhängig ist.

Betroffene Norm
§ 12 Abs. 2 S. 2 und S. 3 UmwStG 1995
Streitjahr 2004

Fundstelle
Finanzgericht Münster, Urteil vom 19.09.2012, 10 K 2079/12 F, Revision zugelassen

Weitere Fundstellen
BMF, Schreiben vom 25.03.1998, BStBl I 1998, S. 168
BMF, Schreiben vom 16.12.2003, BStBl I 2003, S. 786

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