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02.02.2017
Unternehmensteuer

FG Thüringen: Verzicht auf Erdienbarkeitsfrist bei arbeitnehmerfinanzierter Altersversorgung

Der BFH hat die Auffassung des Thüringer FG bestätigt.
BFH, Urteil vom 07.03.2018, I R 89/15, siehe Deloitte Tax-News 
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Thüringer FG (Vorinstanz):
Werden Zahlungen einer Kapitalgesellschaft an eine überbetriebliche Versorgungskasse arbeitnehmerfinanziert (z. B. durch Entgeltumwandlung), stellen diese Zahlungen zur Altersversorgung – mangels Vermögensminderung – keine vGA dar. In einem solchen Fall kommt es auf die Einhaltung der 10-jährigen Erdienbarkeitsfrist nicht mehr an (entgegen Verfügung der OFD Niedersachsen vom 15.08.2014).

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, hatte ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers im Jahr 1994 eine wirksame Pensionszusage erteilt. Im Jahr 2009 wurde eine (moderate) Erhöhung des 1995 vereinbarten Gehalts zum 01.01.2010 vereinbart. Im Laufe des Jahres 2010 erfolgte eine Änderung der Altersversorgung: der sog. „future service“ (noch nicht erdiente Teil) sollte über eine rückgedeckte Unterstützungskasse fortgeführt werden. Einige Zeit später wurde eine Entgeltumwandlung – das Geld sollte einer Versorgungskasse zugewendet werden – vereinbart.

Das Finanzamt nahm nach einer BP für die Streitjahre 2010 bis 2012 an, dass die Entgeltumwandlung eine zusätzliche Altersversorgung sei und rechnete sie – wg. der nur 8-jährigen Erdienenszeit – als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) hinzu. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Entscheidung

Das Finanzamt habe zu Unrecht eine vGA angenommen. Die Annahme einer vGA scheitere bereits daran, dass es an einer Vermögensminderung i. S .d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG fehle.

Entgeltumwandlung und Abführung der umgewandelten Gehaltsbestandteile an die Versorgungseinrichtung seien ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang. Die zur Entgeltumwandlung herangezogenen Gehaltsbestandteile seien Teil des dem Geschäftsführer nach dem Anstellungsvertrag zustehenden Gehaltsanspruchs, womit die Entgeltumwandlung zumindest wirtschaftlich lediglich Teil der Gehaltsverwendung durch den Geschäftsführer sei. Für die GmbH (Klägerin) ergebe sich mangels (zusätzlichen) Aufwands keine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung. Der Vorgang sei für sie neutral.

Zwar sei das Vorliegen einer Vermögensminderung grundsätzlich für jeden einzelnen Geschäftsvorfall zu prüfen (BFH-Urteil vom 23.10.2013). Allerdings sei auch zu prüfen, ob ein Vorteilsausgleich das für die Gesellschaft nachteilige Geschäft ausgleiche. Bei Geschäftsvorfällen, die wirtschaftlich als einheitliches Geschäft anzusehen sind, komme die Annahme einer vGA wegen der vorzunehmenden Saldierung grundsätzlich nicht in Betracht. Vorliegend stünden Verpflichtung (Abführung eines Betrages an die Unterstützungskasse) und Entlastung (Minderung der an den Kläger zu zahlenden Vergütung in Höhe des der Unterstützungskasse zu zahlenden Betrages) in einem untrennbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang und glichen sich aus. Folglich wirke sich das Rechtsgeschäft nicht auf den Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 S. 1 EStG aus.

Schließlich sei die von der Rechtsprechung entwickelte Bedingung der 10-jährigen Erdienensfrist zur Beurteilung, ob die Grundvoraussetzung einer vGA, nämlich die Vermögensminderung, ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat, irrelevant und nicht mehr zu verlangen, wenn wie im Streitfall überhaupt keine Vermögensminderung bei der Kapitalgesellschaft festgestellt werden kann, die sich auf den Unterschiedsbetrag gem. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG ausgewirkt hat, weil der Gesellschaft kein zusätzlicher Aufwand entsteht (entgegen OFD Niedersachsen, Vfg. vom 15.08.2014).

Betroffene Norm

§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG
Streitjahre 2010 – 2012

Anmerkung

FG Saarland, Urteil vom 24.03.2015
Für Zahlungen von Beträgen aus Barlohnumwandlungen zugunsten eines Zeitwertkonten-Modells hat das FG Saarland mit Urteil vom 24.03.2015 festgestellt, dass mangels Vermögensminderung keine vGA vorliegen.

Fundstellen

BFH, Urteil vom 07.03.2018, I R 89/15, siehe Deloitte Tax-News 
Finanzgericht Thüringen, Urteil vom 25.06.2015, 1 K 136/15

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 23.10.2013, I R 89/12, BStBl. II 2014,S. 729, siehe Deloitte Tax-News
OFD Niedersachsen, Verfügung vom 15.08.2014, S 2742-259-St 241
Finanzgericht Saarland, Urteil vom 24.03.2015, 1 K 1170/11, EFG 2015, S. 1749, BFH-anhängig: I R 26/15

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