Zurück zur Übersicht
26.06.2012
Unternehmensteuer

Finanztransaktionssteuer-Zone innerhalb der EU möglich

Zwischen der Bundesregierung und der Opposition ist am 21.06.2012 eine Einigung zum europäischen Fiskalpakt erzielt worden. Der gefundene Kompromiss sieht die Zustimmung zum Fiskalpakt, zum europäischen Rettungsschirm ESM und zu weiteren, auf Wachstum zielenden Maßnahmen vor.

In diesem Zusammenhang hat sich die Bundesregierung zudem zu einem neuen Anlauf zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer (FTS) in möglichst vielen EU-Ländern verpflichtet.

Mögliche Bildung einer EU FTS-Zone

Neben Deutschland fordern insbesondere Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Griechenland, Österreich, Portugal, Slowenien und Belgien die Einführung einer FTS. Auf europäischer Ebene wird die Einführung einer FTS durch die Kommission und das Europäische Parlament unterstützt.

Aufgrund der Erfahrungen im letzten Jahr dürfte eine Zustimmung aller 27 Mitgliedstaaten zur Einführung einer EU-weit geltenden FTS auch jetzt nicht zu erwarten sein. Allerdings ist nunmehr das Ziel, die Einführung einer FTS in möglichst vielen EU Mitgliedsstaaten im Wege der sog. verstärkten Zusammenarbeit und damit die Bildung einer „FTS-Zone“ zu erreichen. Dieses Verfahren setzt die Beteiligung von mindestens 9 Mitgliedstaaten voraus.

Scheitert auch dies, sind zwischenstaatliche Regelungen oder gegebenenfalls auch (weitere) nationale Alleingänge möglich. Kommt es zur Verabschiedung noch in diesem Jahr, könnte die FTS ab 2014 zumindest in einer „FTS-Zone“ eingeführt werden.

Ausgestaltung der FTS bisherige Vorschläge

Es steht zu erwarten, dass sich die Bemühungen zur Ausgestaltung der FTS in der FTS-Zone am Vorschlag der Europäischen Kommission vom 28.09.2011 orientieren werden.

Danach sollen Transaktionen (insbesondere Verkäufe, Pensions- und Leihgeschäfte) sowie Derivate bezüglich von Finanzinstrumenten mit der FTS belegt werden. Die FTS fällt an, soweit an einer Transaktion eine innerhalb der EU (dann: der FTS-Zone) ansässige Partei beteiligt ist und wenn die Transaktion durch ein Finanzinstitut (insbesondere Banken, Versicherungsunternehmen oder Investmentfonds) im eigenen Namen oder im Namen eines Kunden ausgeführt wird.

Zur Vermeidung von Umgehungsgestaltungen, die die Anwendbarkeit der FTS insbesondere durch Wahl eines anderen Börsenstandorts oder andere Maßnahmen zu vermeiden, sollen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden.
Insbesondere soll die FTS unter Anwendung des „Ansässigkeitsprinzips“ erhoben werden, d.h. Transaktionen unter Einbeziehung eines innerhalb der FTS-Zone ansässigen Finanzinstituts oder einer innerhalb der FTS-Zone ansässigen Partei, unterlägen der FTS.

Daneben wird insbesondere durch den ECON die Einführung des „Ausgabeprinzips“ vorgeschlagen. Damit wären auch Finanzinstitute außerhalb der FTS-Zone verpflichtet, die FTS zu entrichten, wenn sie mit Finanzinstrumenten handeln, die ursprünglich von einem Emittenten innerhalb der FTS-Zone ausgegeben wurden.

Ob und gegebenenfalls welche weiteren Maßnahmen zur Vermeidung von Umgehungsgestaltungen sowie zur Verschonung gewünschter Transaktionen bzw. als schützenswert angesehener Anlegergruppen (z.B. Pensionseinrichtungen) ergriffen werden, wird Gegenstand der nun anstehenden Verhandlungen sein.

Die bislang vorgeschlagenen Mindeststeuersätze betragen 0,1 % auf den Marktpreis bzw. die Gegenleistung bei Übertragung von Aktien und Anleihen bzw. 0,01 % auf den Nominalbetrag bei Derivaten. 

Frankreichs Alleingang

Frankreich hat bereits im Alleingang eine nationale FTS mit einem gegenüber dem Vorschlag der Kommission eingeschränkten Anwendungsbereich eingeführt. Ab dem 01.08.2012 unterliegt der Börsen- bzw. OTC-Handel mit Aktien französischer Unternehmen einer französischen Transaktionssteuer in Höhe von 0,1 %.

Voraussetzung dafür ist, dass die übertragene Aktie von einem mit dem Hauptsitz in Frankreich ansässigen Unternehmen, das über eine Marktkapitalisierung von mehr als 1 Milliarde Euro verfügt, ausgegeben wurde (eine Liste der betroffenen französischen Unternehmen wird jährlich durch die französischen Steuerbehörden veröffentlicht) und in Frankreich, Europa oder an einem geregelten ausländischen Markt gehandelt wird. Durch die Anknüpfung an den Hauptsitz des Unternehmens sind auch Erwerber der Aktien außerhalb Frankreichs von der Transaktionssteuer betroffen.

Daneben wird Frankreich ab dem 01.08.2012 auch bestimmte Leerverkäufe nicht-gedeckter Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS) auf EU-Staatsanleihen und bestimmte Transaktionen im Hochfrequenzhandel mit einer Transaktionssteuer in Höhe von 0,01 % belegen. Diese Transaktionen werden allerdings nur besteuert, soweit der Erwerber bzw. der Hochfrequenzhändler in Frankreich steuerpflichtig ist.

Ausblick

Sollte eine Finanztransaktionssteuer in Teilen der EU Wirklichkeit werden, sind erhebliche Auswirkungen auf den Wertpapierhandel in Europa zu erwarten. Wenn eine Einigung auf eine länderübergreifende FTS in einer FTS-Zone zustande kommt, werden voraussichtlich auch die bereits verabschiedeten Regelungen zur französischen FTS entsprechend angepasst.

Die betroffenen Akteure sollten die Entwicklungen der nächsten Wochen und Monate aufmerksam verfolgen, um die möglichen Auswirkungen in Bezug auf betroffene Transaktionen und Kunden bzw. auf das eigene Geschäftsmodell zu analysieren sowie frühzeitig notwendige Handlungsalternativen zu entwickeln.

Ansprechpartner

Marcus Roth I München

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.