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17.01.2013
Unternehmensteuer

Finanzverwaltung: Zins- und EBITDA-Vortrag der Zinsschranke im Fokus

Nach Auffassung der Finanzverwaltung steht bei unterjährigem Eintritt eines schädlichen Ereignisses, ein im vergangenen Wirtschafsjahr festgestellter Zins- und EBITDA-Vortrag für die Gewinnermittlung dieses Wirtschaftsjahres nicht mehr – auch nicht anteilig – zur Verfügung. In einer weiteren Verfügung vertritt die Finanzverwaltung die Ansicht, dass in einem Wirtschaftsjahr mit einem positiven Zinsüberschuss kein EBITDA-Vortrag entsteht.

Hintergrund

Die Finanzverwaltung hat zwei Verfügungen erlassen, die sich mit den gesetzlichen Regelungen der vor mehr als fünf Jahren eingeführten Zinsschranke nach § 4h EStG, § 8a KStG auseinandersetzen.

Die Zinsschranke führt dazu, dass Zinsaufwendungen eines Unternehmens, vorbehaltlich etwaiger Escape-Möglichkeiten, wie der 3 Mio-Euro Freigrenze, nur in Höhe der Zinserträge, darüber hinaus nur bis zur Höhe eines sog. verrechenbaren EBITDAs steuerlich abzugsfähig sind (§ 4h Abs. 1 S. 1 EStG). Das verrechenbare EBITDA beträgt nach § 4h Abs. 1 S. 2 EStG 30 % des steuerlichen Gewinns vor laufenden Abschreibungen und Zinsaufwendungen bzw. -erträgen. Übersteigt das verrechenbare EBDITDA den Gesamtzinsaufwand des Unternehmens, kann der überschießende Betrag bis zu fünf Jahren vorgetragen werden (§ 4h Abs. 1 S. 3 EStG). Nicht abzugsfähige Zinsaufwendungen fließen in einen Zinsvortrag, der in den Folgejahren als Zinsaufwand behandelt wird und unter Berücksichtigung der Zinsschranke abzugsfähig sein kann (§ 4 h Abs. 1 S. 5 und 6 EStG). Sowohl der Zins- als auch der EBITDA-Vortrag werden gesondert zum Schluss des Wirtschaftsjahres festgestellt (§ 4h Abs. 4 S. 1, S. 3 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG).

Kurzinformation des Finanzministeriums Schleswig-Holstein vom 27.01.2012: Wegfall des Zins- und EBITDA-Vortrages bei schädlichen Ereignissen

In seiner Kurzinformation erläutert das Finanzministerium Schleswig-Holstein wie zu verfahren ist, wenn es unterjährig zu einem Ereignis kommt, das nach § 4h Abs. 5 EStG zu einem Entfallen eines Zins- bzw. eines EBITDA-Vortrags führt. Die Problemstellung wird anhand eines schädlichen Anteilseignerwechsels i.S.d. § 8c KStG (§ 4h Abs. 5 S. 3 EStG) verdeutlicht.

Nach Auffassung des Finanzministeriums steht für die Gewinnermittlung des Wirtschaftsjahres, in dem das schädliche Ereignis stattfindet, ein zum Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres festgestellter Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag nicht mehr auch nicht anteilig bis zu dem schädlichen Ereignis zur Verfügung. Der Wortlaut des § 4h Abs. 5 S. 1 EStG, wonach ein nicht verbrauchter EBITDA-Vortrag bzw. Zinsvortrag untergeht, stehe dem nicht entgegen. Eine Nutzung und damit auch ein Verbrauch von Zins- und EBITDA-Vorträgen erfolgten ausschließlich zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres. 

Die Finanzverwaltung würde einen Zins- und EBITDA-Vortrag bei Eintreten eines schädlichen Ereignisses insoweit anders als einen Verlustvortrag nach § 8c KStG behandeln. Denn nach Ansicht des BFH kann ein unterjähriger, bis zum schädlichen Anteilseignerwechsel erzielter Gewinn mit bisher noch nicht genutzten Verlustvorträgen verrechnet werden (BFH-Urteil vom 30.11.2011; entgegen BMF-Schreiben vom 04.07.2008). Diese Grundsätze seien nach Auffassung der Finanzverwaltung bei einem Zins- bzw. EBITDA-Vortrag aufgrund der abweichenden Formulierung nicht anzuwenden. § 8c Abs. 1 S. 1 KStG stellt auf die nicht genutzten Verluste ab und damit anders als § 4h Abs. 5 EStG, nicht auf die (festgestellten) Vorträge.

Darüber hinaus stellt das Finanzministerium klar, dass von dem unterjährigen schädlichen Ereignis laufende Zinsaufwendungen und ein laufendes verrechenbares EBITDA des Wirtschaftsjahres, in dem das schädliche Ereignis stattfindet, nicht betroffen sind. Sie blieben vollständig erhalten und gingen ggf. in den Vortrag zum Ende dieses Wirtschaftsjahres ein.

Verfügung der OFD Frankfurt am Main vom 17.07.2012: EBITDA-Vortrag bei positivem Zinsüberschuss

In dieser Rundverfügung vertritt die OFD Frankfurt die Auffassung, dass in Wirtschaftsjahren mit einem positiven Zinsüberschuss (d.h. die Zinserträge sind gleich hoch oder höher als die Zinsaufwendungen des Betriebs) kein EBITDA-Vortrag entsteht.

Nach § 4h Abs. 1 S. 3 2. Hs. EStG entsteht grundsätzlich kein EBITDA-Vortrag, wenn eine Escape-Möglichkeit nach § 4h Abs. 2 EStG die Anwendung der Zinsschranke ausschließt. Das Gesetz gebe damit eine Prüfungsreihenfolge vor, nach der zunächst gem. § 4h Abs. 2 EStG zu prüfen sei, ob überhaupt ein Anwendungsfall der Zinsschranke vorliege. Eine Ermittlung des EBITDA-Vortrags nach § 4h Abs. 1 EStG erfolge folglich nur dann, wenn keine der abschließend in Abs. 2 gergelten Escape-Möglichkeiten greift.
Nach Auffassung der OFD Frankfurt regelt § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG nur die rechnerische Ermittlung der abziehbaren Zinsaufwendungen und stellt keine zusätzliche Escape-Möglichkeit für positive Zinsüberschüsse dar. Auch der positive Zinsüberschuss wird von der Freigrenze i.S.d. § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. a EStG erfasst. Denn die Freigrenze umfasse nicht nur die Fälle, in denen der Nettozinsaufwand weniger als 3 Mio. Euro beträgt, sondern auch diejenigen mit einem positiven Zinsüberhang, da auch in diesen Fällen die Zinsaufwendungen nach Abzug der Zinserträge weniger als 3 Mio. Euro betragen. Dies ergebe sich darüber hinaus aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes, wonach kein Differenzierungsgrund für eine unterschiedliche Behandlung der Fälle mit einem Nettozinsaufwand von weniger als 3 Mio. Euro mit den Fällen eines positiven Zinsertragsüberschusses ersichtlich sei. Beide Fallgruppen seien durch den Umstand gekennzeichnet, dass die Zinsschranke von vorneherein nicht zur Anwendung kommt.

Betroffene Norm
§ 4h EStG, § 8a KStG, § 8c KStG

Anmerkungen
Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit (BFH-Urteil vom 13.03.2012; FG Berlin-Brandenburg vom 13.10.2011) der Zinsschranke durch die Rechtsprechung bleibt abzuwarten. 

Eine Verfügung der OFD Rheinland und Münster vom 26.11.2012 befasst sich mit einzelnen Praxisfragen zur Anwendung der Zinsschranke nach § 4h EStG i.V.m. § 8a KStG, wie Anwendung der Zinsschranke bei Förderdarlehen, Entstehung und Feststellung des EBITDA-Vortrags, Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke, Auswirkung der Zinsschranke auf die gewerbesteuerliche Hinzurechnung und Ausweis von Zinsanteilen in Leasingraten.
OFD Rheinland, Verfügung vom 26.11.2012, S 2742a – 2003 – St 133a 
OFD Münster, Verfügung vom 26.11.2012, S. 2742a – 246 – St 13-33

Fundstellen

Finanzministerium Schleswig-Holstein, Kurzinformation vom 27.01.2012, Kurzinformation Körperschaftsteuer 2012 Nr. 7, DStR 2012, S. 1555
OFD Frankfurt am Main, Rundverfügung vom 17.07.2012, S 2742a A-4-St 51, DStR 2012, S. 1660

Weitere Fundstellen 
BFH, Urteil vom 30.11.2011, I R 14/11, BStBl II 2012, S. 360
BFH, Urteil vom 13.03.2012, I B 111/11, BStBl II 2012, S. 611 
Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.10.2011, 12 V 12089/11, EFG 2012 S. 358
BMF, Schreiben vom 04.07.2008, IV C 7 – S 2745 – a/08/10001, BStBl I 2008, S. 736 
OFD Niedersachsen, Verfügung vom 21.09.2012, S 2742a-31-St 241

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