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02.04.2013
Unternehmensteuer

Niedersächsisches FG: Beginn der Gewerbesteuerpflicht einer gewerblich geprägten Personengesellschaft

Mit Urteil vom 12.05.2016 hat der BFH das Urteil des Niedersächsischen FG aufgehoben und entschieden, dass in dem Fall, dass eine Personengesellschaft als Obergesellschaft originär gewerbliche Einkünfte (allein) aufgrund ihrer Beteiligung an originär gewerblichen Unterpersonengesellschaften erzielt, es für den Beginn ihrer werbenden Tätigkeit auf den Beginn der werbenden Tätigkeit der Unterpersonengesellschaft ankommt. Eine vor diesem Zeitpunkt für den Erwerb der Beteiligungen von der Obergesellschaft getätigte Geldanlage ist als bloße Vorbereitungshandlung anzusehen und markiert nicht den Beginn des Gewerbebetriebs.
BFH, Urteil vom 12.05.2016, IV R 1/13, siehe Deloitte Tax-News
                                                                                                                            

Niedersächsisches FG:
Legt eine gewerblich geprägte Personengesellschaft eingezahltes Kommanditkapital verzinslich an, beteiligt sie sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr und beginnt ihre werbende Tätigkeit mit der Folge, dass danach erzielte Erträge gewerbesteuerpflichtig sind.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Beteiligungsgesellschaft, die als sog. Dachfonds Investoren anbietet, sich durch eine Kommanditeinlage bei der Klägerin an Ein-Schiffs-Kommanditgesellschaften (sog. Zielfonds) mittelbar zu beteiligen. Der Gesellschaftszweck der Klägerin besteht darin, die Kommanditbeteiligungen an den Zielfonds zu erwerben und zu verwalten. Persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin ohne Kapitaleinlage ist die B-GmbH. Die Klägerin wurde im September 2005 in das Handelsregister eingetragen.

Die Klägerin setzte für die Beteiligungserwerbe ausschließlich Eigenkapital ein, das ihr von den Investoren als Kommanditeinlagen zur Verfügung gestellt wurde. Die Kommanditisten verpflichteten sich, ihre Kommanditeinlagen auf das Kontokorrentkonto der Klägerin zu überweisen und erhielten hierfür Eigenkapitalprovisionen. Bevor die Klägerin das eingezahlte Kommanditkapital im März 2006 verzinslich anlegte, erzielte sie bereits durch das Guthaben auf dem Kontokorrentkonto Zinserträge.

Die Klägerin erfasste die Provisionszahlungen an die Gesellschafter als positives Sonderbetriebsergebnis in ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung für 2006, nicht aber in ihrer Gewerbesteuererklärung. Sie war der Meinung, insoweit liege ein Sonderbetriebsergebnis vor Abschluss der Betriebseröffnungsphase vor, dass nicht der Gewerbesteuer zu unterwerfen sei. Das Finanzamt folgte dem nicht.

Entscheidung

Die Klage ist unbegründet. Das positive Sonderbetriebsergebnis der als Vermittler tätig gewordenen Kommanditisten ist in der Höhe, in der es bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG berücksichtigt worden ist, auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags (§ 7 GewStG) zu erfassen.

Die sachliche Gewerbesteuerpflicht beginnt, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs erfüllt sind (§ 2 Abs. 1 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG) und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt worden ist. Während die Einkommensteuer sämtliche betrieblichen Vorgänge von der ersten Vorbereitungshandlung bis zur Eröffnung eines Betriebs an erfasst, ist Gegenstand der Gewerbesteuer nur der auf den laufenden Betrieb entfallende, durch eigene gewerbliche Leistungen entstandene Gewinn. Entscheidend ist, wann die Voraussetzungen für die erforderliche Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tatsächlich erfüllt sind, sodass sich das Unternehmen mit eigenen gewerblichen Leistungen beteiligen kann. Der Zeitpunkt des Beginns der werbenden Tätigkeit kann nicht weiter gehend generell definiert werden.

Im Streitfall haben die Gründungskommanditisten schon vor dem Streitjahr 2006 einen Teil ihrer Kommanditeinlagen auf das Kontokorrentkonto der Klägerin eingezahlt. Mit der verzinslichen Anlage des Kapitals hat die Klägerin schon zu diesem Zeitpunkt mit der werbenden Tätigkeit begonnen. Die verzinsliche Kapitalanlage gilt gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG als Gewerbebetrieb, was auch für das Gewerbesteuerrecht (§ 2 Abs. 1 GewStG) maßgeblich ist (vgl. BFH-Urteil vom 20.11.2003). Zwar beginnt ein Gewerbebetrieb grundsätzlich erst in dem Zeitpunkt, in dem der Unternehmer erstmals zu seiner gewerblichen Betätigung zählende Tätigkeiten aufnimmt und vorbereitende Maßnahmen reichen dafür regelmäßig nicht aus. Jedoch hat sich die Klägerin bereits 2005 nicht mehr nur auf solche Maßnahmen beschränkt, sondern zum Zweck der Erzielung von Entgelten Kapital angelegt. Diese Tätigkeit war infolge der gewerblichen Prägung der Klägerin (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG) deren Gewerbebetrieb zuzuordnen, weshalb sie zur Aufnahme dieses Betriebs genügt. Dass die Kapitalanlage als solche zum Bereich der Vermögensverwaltung gehört, ist insoweit unschädlich (BFH-Urteil vom 20.11.2003).


Die bisher aktivierten Eigenkapitalvermittlungsprovisionen und sonstigen Anlaufkosten sind nicht als sofort abziehbare Betriebsausgaben zu beurteilen. Ein Abzug von Aufwendungen als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben kommt nur insoweit in Betracht, als ein Erwerber eines Schiffs diese außerhalb der modellhaften Vertragsgestaltung ebenfalls sofort als Betriebsausgaben abziehen könnte. Dies ist bei den zuvor genannten Aufwendungen nicht der Fall, da der einzelne dem Zielfonds mittelbar über die Klägerin beitretende Gesellschafter im Zeitpunkt des Eintritts in die Gesellschaft keinerlei Einfluss mehr auf das wirtschaftliche Konzept hat. Damit stehen die Aufwendungen der Klägerin aus Sicht der Kommanditisten aufgrund der von ihnen nicht beeinflussbaren Projekt- und Vertragsgestaltung allein mit dem Erwerb der Schiffe in wirtschaftlichen Zusammenhang.

Betroffene Norm  
§ 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG, § 7 GewStG
Streitjahr 2006 

Fundstelle
BFH, Urteil vom 12.05.2016, IV R 1/13, siehe Deloitte Tax-News 
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 23.03.2012, 1 K 275/09

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 20.11.2003, IV R 5/02, BStBl II 2004, S. 464
BFH, Urteil vom 14.04.2011, IV R 8/10, BStBl II 2011, S. 709

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