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20.07.2017
Unternehmensteuer

Niedersächsisches FG: Forderungsverlust eines stillen Gesellschafters einer GmbH & atypisch stillen Gesellschaft

Aktuell: Auch der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass die Berücksichtigung eines Verlustes im Sonderbetriebsvermögen eines atypisch stillen Gesellschafters, der sich daraus ergibt, dass ihm gegen den Geschäftsinhaber zustehende Ausgleichsforderungen wertlos werden, erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerstellung des atypisch stillen Gesellschafters in Betracht kommt. Dies folge aus dem Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung, der auch für Innengesellschaften wie die atypisch stille Gesellschaft gelte.

BFH, Urteil vom 23.03.2023, IV R 8/20 (IV R 7/17)
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Niedersächsisches FG (Vorinstanz):

Ein Forderungsverlust eines stillen Gesellschafters einer GmbH & atypisch stillen Gesellschaft gegen die GmbH wird erst nach Ausscheiden des Gesellschafters oder bei Beendigung der Gesellschaft berücksichtigt. Eine Wertberichtigung während des Bestehens der Gesellschaft kommt regelmäßig nicht in Betracht.

Sachverhalt

Der Kläger beteiligte sich als stiller Gesellschafter an einer GmbH, deren Geschäfte er führte ohne Anteilseigner zu sein. Geschäftsführerin der GmbH & atypisch stille Gesellschaft war die GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts. Anlagevermögen, Grundstück und stille Einlage waren über Darlehen fremdfinanziert, wofür sich der Kläger verbürgt hatte. Nach dauerhaften Verlustgeschäften teilte der Kläger dem Finanzamt mit, dass das Anlagevermögen des Betriebs in 2008 veräußert worden sei. Der Kläger machte den Verlust der im Sonderbetriebsvermögen II (SBV II) gebuchten Forderungen gegen die GmbH aus der Einlagenfinanzierung geltend. Das Finanzamt lehnte eine Berücksichtigung der Forderungsverluste im Streitjahr 2008 ab.

Entscheidung

Das Finanzamt habe den Verlust der im SBV II des Klägers gebuchten Forderungen gegen die GmbH zurecht nicht im Streitjahr 2008 berücksichtigt. Ein solcher Verlust könne sich erst im Zeitpunkt der Vollbeendigung der GmbH & atypisch stille Gesellschaft oder durch vorherige Betriebsaufgabe bzw. Kündigung der stillen Beteiligung gewinnmindernd auswirken.

Der Ausgleichsanspruch eines Kommanditisten gegenüber der KG gehöre ebenso wie Ansprüche eines Gesellschafters aus einer gegenüber der KG bestehenden Darlehensforderung zum Sonderbetriebsvermögen, das in der Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft als Eigenkapital behandelt werde. Aus der Behandlung als Eigenkapital folge, dass eine Wertberichtigung trotz Wertlosigkeit des Anspruchs während des Bestehens der Gesellschaft regelmäßig nicht in Betracht komme. Das Imparitätsprinzip gelte insoweit nicht. Diese Rechtsgrundsätze seien auf eine GmbH & atypisch stille Gesellschaft zu übertragen.

Nach dem Einkommensteuerrecht gilt die atypisch stille Gesellschaft nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG als gewerblich tätig. Das Betriebsvermögen der GmbH & atypisch stille Gesellschaft umfasse das Betriebsvermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts, vergleichbar dem Gesellschaftsvermögen einer KG, und das Sonderbetriebsvermögen I und II der stillen Gesellschafter. Einlagen des atypisch stillen Gesellschafters führten danach zur Bildung eines Kapitalkontos des stillen Gesellschafters.

Ertragsteuerlich wird die GmbH & atypisch stille Gesellschaft wie eine „Innen-KG“ behandelt und verfügt als Subjekt der Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation über ein „Quasi-Gesamthandsvermögen“, auf das die das Gesamthandsvermögen betreffenden Regelungen entsprechend angewendet werden.
Aus der steuerlichen Gleichstellung der GmbH & atypisch stille Gesellschaft mit anderen Mitunternehmerschaften folgt die Gleichstellung eines stillen Gesellschafter (des Klägers) mit einem Kommanditisten im Hinblick auf die in seinem Sonderbetriebsvermögens II bestehenden Forderungen gegen die KG und damit eine Berücksichtigung eines Forderungsverlustes gegen die GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäftes erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerschaft.

Nach der BFH-Rechtsprechung könne ein Forderungsverlust dann gewinnmindernd berücksichtigt werden, wenn infolge eines Konkurses die KG aufgelöst und alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert worden seien, sodass eine Betriebsaufgabe angenommen werden könne (vgl. BFH-Urteil vom 05.06.2003). Im Streitfall habe zwar eine Veräußerung des Anlagevermögens vorgelegen, es sei aber weder eine Betriebsaufgabe erklärt noch eine Aufgabebilanz abgegeben bzw. ein Aufgabeverlust erklärt worden. Dies erfolgte erst zum 31.12.2009 verbunden mit der Kündigung der stillen Beteiligung. D.h. die Personengesellschaft war im Streitjahr 2008 weiterhin existent und gerade nicht aufgelöst.

Betroffene Normen

§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, § 15 Abs.3 EStG, § 15 Abs. 4 EStG, § 230 HGB
Streitjahr 2008

Anmerkungen

Zwar teilt der BFH die vom FG aufgestellten Rechtsgrundsätze, wonach die Betriebsaufgabe ein tatsächlicher Vorgang ist, der nicht durch eine bloße Aufgabeerklärung und die Behauptung eines Aufgabewillens herbeigeführt werden kann, wenn sich aus den tatsächlichen Umständen ergibt, dass es sich um eine lediglich vorübergehende Betriebseinstellung handelt. Ebenso ist umgekehrt der Wille des Steuerpflichtigen, eine Betriebsaufgabe zu vermeiden und Wirtschaftsgüter weiterhin als Betriebsvermögen zu behandeln, unbeachtlich, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass diese Wirtschaftsgüter in absehbarer Zeit nicht mehr betrieblich genutzt oder verwertet werden.

Allerdings habe das FG im Streitfall die Berücksichtigung eines Forderungsverlustes des Klägers rechtsfehlerhaft mit der Begründung verneint, es sei im Streitjahr bei der GmbH & atypisch Still noch nicht zu einer Betriebsaufgabe gekommen.

Fundstellen

BFH, Urteil vom 23.03.2023, IV R 8/20 (IV R 7/17)

Niedersächsisches FG, Urteil vom 22.03.2017, 9 K 92/15

Weitere Fundstelle

BFH, Urteil vom 05.06.2003, IV R 36/02, BFH/NV 2003, S. 1490

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