Schleswig-Holsteinisches FG: Charakter als Dauerschuld bestimmt sich nach dem Anschaffungszeitpunkt
Ein Anschaffungsdarlehen, das im Zeitpunkt der Anschaffung eines Grundstücks eine Dauerschuld darstellt, behält diesen Charakter auch bei Änderung des Gesellschaftszwecks und Umwidmung des Grundstücks in Umlaufvermögen bei.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GbR mit den Gesellschaftern A und B, erwarb im Jahr 1996 zwei bebaute Grundstücke, die sie an eine OHG, an der B ebenfalls beteiligt war, verpachtete. Zur Finanzierung der beiden Grundstücke nahm die GbR zwei Darlehen mit einer Laufzeit von 10 Jahren auf. Bei der GbR handelte es sich um eine vermögensverwaltende (Zebra-)Gesellschaft, die nicht unter § 15 EStG fiel und damit nicht der Gewerbesteuer unterlag. In 2004 beendete die GbR den Pachtvertrag mit der OHG. A und B legten ihre Anteile an den Grundstücken in das Betriebsvermögen der GbR ein, die die Grundstücke im Anlagevermögen und die Anschaffungsdarlehen als Verbindlichkeiten auswies. Die GbR bebaute die Grundstücke mit Eigentumswohnungen, die sie in den Jahren 2005 und 2006 veräußerte. Die GbR erzielte nun als gewerblicher Grundstückshändler Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die der Gewerbesteuer unterlagen.
Das Finanzamt berücksichtigte die in den Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre 2004 und 2005 angegebenen Entgelte für Dauerschulden erklärungsgemäß. Eine spätere Betriebsprüfung ordnete die Grundstücke dem Umlaufvermögen zu, behielt die Einordnung der Zinsen als Entgelte für Dauerschulden (§ 8 Nr. 1 GewStG (a.F.)) aber bei. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das Finanzamt habe die Zinsen zu Recht als Entgelte für Dauerschulden angesetzt.
Gem. § 8 Nr. 1 GewStG in der Fassung für die Streitjahre (a.F.) werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die bei seiner Ermittlung abgezogenen Zinsen für sog. Dauerschulden zur Hälfte wieder hinzugerechnet. Dienen Verbindlichkeiten der Finanzierung des Erwerbs von Anlagevermögen, wird im Allgemeinen eine Dauerschuld angenommen, wenn diese – wie vorliegend – eine Laufzeit von mehr als zwölf Monaten haben. Laufende Verbindlichkeiten (insbesondere für den Erwerb von Umlaufvermögen) dagegen, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr eines Unternehmens entstehen, sind grundsätzlich nicht den Dauerschulden zuzurechnen.
Für die Frage, ob ein Kredit eine Dauerschuld darstelle, komme es auf den Anlass der Kreditaufnahme im Zeitpunkt der Begründung an; eine Schuld, die einmal Dauerschuldcharakter habe, bleibe bis zu ihrem Erlöschen Dauerschuld.
So seien Darlehen für Grundstücke, die ursprünglich zum Anlagevermögen einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG mit gewerblichen Einkünften (gewerblich geprägte Personengesellschaft), nunmehr aber zum Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshandels gehörten, trotz der späteren Änderung des Gesellschaftszwecks als Dauerschuld zu beurteilen (vgl. FG München, Urteil vom 05.11.2003).
Davon ausgehend sei die Hinzurechnung der Zinsen als Entgelte für Dauerschulden im Streitfall zutreffend gewesen. Die Darlehen hätten dem Erwerb der Grundstücke gedient, die der GbR dauerhaften dienen sollten – also Anlagevermögen darstellten –, und wiesen eine Laufzeit von 10 Jahren auf. Dass die GbR bis zum 31.10.2004 nicht gewerbesteuerpflichtig war, ändere daran nichts. Unerheblich sei ebenfalls die Umqualifizierung der Grundstücke in Umlaufvermögen mit Beginn des gewerblichen Grundstückshandels im Jahr 2004, da hierdurch der Darlehenszweck der ursprünglichen Darlehen nicht betroffen
worden sei, sie seien vielmehr unverändert fortgeführt worden. Mit den Darlehensmitteln seien also nicht unmittelbar Gegenstände des Umlaufvermögens erworben worden. Bei einer von Anfang an gewerblichen Tätigkeit der GbR wäre dies ebenso gewesen, der spätere Entschluss zur Verwertung des Grundstücks und damit einhergehend die Änderung des Gesellschaftszwecks ändere nichts am Charakter der ursprünglichen Dauerschuld. Für die Beibehaltung des Charakters als Dauerschuld komme es daher nicht darauf an, dass – wie im Fall des FG München (Urteil vom 05.11.2003) – von Anfang an ein gewerbliches Unternehmen gegeben sei.
Unerheblich ist auch, dass eine Neufinanzierung für den Neubau der Eigentumswohnungen keinen Dauerschuldcharakter gehabt hätte. Eine solche Gestaltung ist aber im Streitfall nicht gewählt worden.
Die Zinsen behielten daher auch nach der Umwidmung der angeschafften Gegenstände ihren Charakter als Dauerschuld. Der Finanzierungszusammenhang sei durch den Verkauf der einzelnen Eigentumswohnungen nicht gelöst worden, sondern die Darlehen als Betriebskapitalverstärkung beibehalten. Zwar könne eine ursprünglich kurzfristige Schuld durch Änderung der Verhältnisse zu einer Dauerschuld werden, entsprechendes gelte jedoch nicht im umgekehrten Fall (BFH-Urteil vom 06.11.1985).
Betroffene Norm
§ 8 Nr. 1 GewStG (a.F.)
Streitjahre 2004 und 2005
Fundstelle
Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 04.12.2013, 2 K 201/12, EFG 2014, S. 471, Revision zugelassen
Weitere Fundstellen
Finanzgericht München, Urteil vom 05.11.2003, 1 K 3702/01, EFG 2004, S. 673
BFH, Urteil vom 06.11.1985, I R 297/82, BStBl II 1986, S. 415