BFH: Wirksamkeit einer tatsächlichen Verständigung
Sachverhalt
Während einer Außenprüfung schlossen der Steuerpflichtige und sein Steuerberater mit dem Finanzamt eine tatsächliche Verständigung hinsichtlich ungeklärter Geldzugänge, unter anderem mit Gewinnzuschlägen, ab. Ein Hinweis nach § 201 Abs. 2 AO über die Möglichkeit, dass auf Grund der Prüfungsfeststellungen ein Straf- oder Bußgeldverfahren durchgeführt wird, wurde bis dahin nicht erteilt. Im Klageverfahren wandte sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der tatsächlichen Verständigung.
Entscheidung
Der BFH bestätigte das Urteil der Vorinstanz und stellte fest, dass eine die Beteiligten bindende tatsächliche Verständigung über den steuerrelevanten Sachverhalt zustande gekommen ist. Ein einseitiger Widerruf der eigenen Verständigungserklärung ist grundsätzlich nicht möglich. Der Kläger beruft sich auch zu Unrecht bei dem nach der tatsächlichen Verständigung eingeleiteten Strafverfahren auf eine Verletzung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Denn dem Sachvortrag des Klägers wie auch dem gesamten Inhalt der Akten lässt sich nicht entnehmen, dass der tatsächlichen Verständigung von vornherein eine Geschäftsgrundlage gefehlt habe oder nachträglich weggefallen wäre. Offenkundig ist die Nichtvornahme strafrechtlicher Ermittlungen nicht ausdrücklicher Gegenstand der tatsächlichen Verständigung gewesen und sie ist auch nicht stillschweigend zur gemeinsamen Grundlage der tatsächlichen Verständigung gemacht worden.
Der BFH geht mit dem Finanzgericht davon aus, dass die Anfechtungsvorschriften der §§ 119, 123 BGB auf tatsächliche Verständigungen im Steuerverfahren grundsätzlich anwendbar sind. Im Streitfall kann es jedoch offen bleiben, ob sich aus dem Vorbringen der Kläger ein Anfechtungsgrund ergibt, denn die Anfechtung scheitert daran, dass die Anfechtungsfrist nicht eingehalten wurde.
Vorinstanz
Finanzgericht Münster, Urteil vom 30.05.2006, Az. 11 K 2674/03 E, EFG 2006, S. 1306.
Fundstelle
BFH-Urteil vom 01.09.2009, Az. VIII R 78/06, BFH/NV 2010, S. 593.