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22.08.2011
Verfahrensrecht

BFH: Rechtmäßigkeit der Festsetzung und der Höhe von Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO

Der BFH hat das Urteil des FG bestätigt und hält die Regelung des § 233a AO für verfassungsrechtlich unbedenklich.
BFH, Urteil vom 20.04.2011, I R 80/10, nicht amtlich veröffentlicht

Sachverhalt

Im streitigen Zeitraum lag der übliche Kapitalmarktzins weit unter der gesetzlich festgelegten Zinshöhe von 6 Prozent p.a. für Nachzahlungszinsen nach § 233a AO i. V. m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO. Streitig ist in diesem Zusammenhang die Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzlich festgelegten Zinshöhe.

Entscheidung

Nach Ansicht des FG Düsseldorf bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 233a AO i. V. m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO. Zweck des § 233a AO ist es, die durch nicht zeitnahe Steuerfestsetzung entstehenden Liquiditätsvorteile des Steuerpflichtigen abzuschöpfen sowie Zinsvor- und nachteile auszugleichen, die sich aus der Steuerfestsetzung zu unterschiedlichen Zeitpunkten ergeben. Der Gesetzgeber hat von der ihm eingeräumten Typisierungsbefugnis in zulässiger Weise Gebrauch gemacht und die vom verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot gezogenen Grenzen hinreichend beachtet. Der Liquiditäts- oder Zinsvorteil wie auch dessen Bewertung wurden typisiert, um die Berufung auf besondere Umstände des Einzelfalls auszuschließen. Ob und in welcher Höhe ein Zinsvorteil tatsächlich erzielt wird, ist unerheblich. Bereits bei Einführung der „Vollverzinsung“ gemäß § 233a AO hat sich der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzbegründung nicht an den aktuellen Verhältnisse am Geld- und Kapitalmarkt orientiert, sondern „aus Gründen der Praktikabilität am festen Zinssatz des geltenden Rechts (§ 238 AO) festgehalten“. Im Einklang mit dem Gebot der Folgerichtigkeit kann daher eine mögliche Verpflichtung zur Änderung des Zinssatzes nicht von Änderungen am Kapitalmarkt abhängig gemacht werden. Zudem ist der Geldmarktzins ungeeignet, um einen Vergleichsmaßstab für die Ermittlung der Liquiditätsvor - und -nachteile abzuleiten. Vielmehr wäre ein gemittelter Wert der Schuld- und Guthabenzinsen zugrunde zu legen, der eher über dem gesetzlichen Zinssatz liegen dürfte. Ohnehin scheitert eine Anpassungspflicht spätestens daran, dass die Entwicklung der Zinsen am Kapitalmarkt nur bedingt prognostizierbar ist.

Betroffene Normen

§§ 233a, 238 Abs. 1 Satz 1 AO

Fundstelle

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 13.07.2010, 6 K 4585/07 AO, EFG 2010, S. 1969, Revision BFH: I R 80/10

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 01.09.2008, IV B 137/07, BFH/NV 2009, S. 200
BT-Drucks. 11/2157

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