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03.08.2012
Verfahrensrecht

FG Münster: Wert einer verbindlichen Auskunft

Mit Urteil vom 22.04.2015 hat der BFH das Urteil des FG Münster aufgehoben und entschieden, dass der für die Berechnung der Gebühr für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft maßgebende Gegenstandswert sich nach dem gestellten Antrag und den sich daraus ergebenden steuerlichen Auswirkungen richtet. Steuerliche Auswirkungen, die sich mittelbar ergeben, wie z.B. höhere steuermindernde Abschreibungen in den Folgejahren bei Aufdeckung stiller Reserven, werden bei der Bemessung der Auskunftsgebühr nicht berücksichtigt.
BFH, Urteil vom 22.04.2015, IV R 13/12, siehe Deloitte Tax-News
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FG Münster (Vorinstanz):
Bei der für die Gebührenerhebung erforderlichen Ermittlung eines Gegenstandswerts für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft im Zusammenhang mit einer Verschmelzung können gegenläufige steuerliche Auswirkungen (z.B. erhöhte AfA-Bemessungsgrundlage bei Aufdeckung stiller Reserven) zu berücksichtigen sein. Die Gebühr ist in Höhe von 100 % des Gegenstandswertes zu bemessen, da der Steuerpflichtige eine abschließende rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes erhält, an die die Finanzbehörde gebunden ist.

Sachverhalt
Die Klägerin erwarb eine Kommanditbeteiligung, mit der die Klägerin verschmolzen werden sollte. Die Klägerin beantragte eine verbindliche Auskunft gemäß § 89 Abs. 2 AO zu Fragen im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verschmelzung möglicherweise aufzudeckenden stillen Reserven. Die Klägerin ermittelte den Gegenstandswert ihres Antrages. Das Finanzamt legte bei der Festsetzung der Gebühr für die verbindliche Auskunft einen höheren Wert zugrunde und ließ gegenläufige steuerliche Effekte außer Betracht. Die Klägerin begehrt im Klageverfahren, die Gebühr in Höhe von 10 % des von ihr ermittelten Gegenstandswertes festzusetzen.

Entscheidung
Die Klage ist dahingehend begründet, dass der von der Klägerin ermittelte Gegenstandswert zugrunde zu legen ist. Wegen des gesicherten Blicks auf zukünftige Planungen ist die Gebühr auf 100 % des ermittelten Gegenstandswertes festzusetzen.

Finanzämter können auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen (§ 89 Abs. 2 S. 1 AO). Für die Bearbeitung von Anträgen werden Gebühren erhoben, die nach dem Wert berechnet werden, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert), wobei der Antragsteller den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände im Antrag darlegen soll (§ 89 Abs.3 und 4 AO). Die Finanzbehörde soll der Gebührenfestsetzung den vom Antragsteller erklärten Gegenstandswert zugrunde legen, soweit dies nicht zu einem offensichtlichen unzutreffenden Ergebnis führt (§ 89 Abs. 4 S. 3 AO). Sofern der Gegenstandswert auch nicht durch Schätzung bestimmbar ist, ist eine Zeitgebühr zu berechnen (§ 89 Abs. 4 S. 4 AO).

Der Senat folgt den Angaben der Klägerin; der von ihr ermittelte Gegenstandswert führt nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis. Es ist insbesondere nicht offensichtlich unzutreffend, die zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung aufgrund der geplanten Verschmelzung der Klägerin auf die KG in den Folgeveranlagungszeiträumen bei Aufdeckung der stillen Reserven zu erwartenden gegenläufigen steuerlichen Auswirkungen aus der erhöhten AfA-Bemessungsgrundlage in dem von der Klägerin dargelegten Umfang bei der Bestimmung des Gegenstandswerts zu berücksichtigen.

Der Antrag auf eine verbindliche Auskunft bezieht sich auf einen bestimmten zu beurteilenden Sachverhalt, bezüglich dessen der Steuerpflichtige die Finanzverwaltung um Auskunft bittet, ob sie ihn ebenso beurteilt wie er oder nicht. Der Wert, den diese Auskunft für den Antragsteller aufweist, beschränkt sich nicht allein auf die Steuerdifferenz, die Folge einer Aufdeckung der stillen Reserven ist. Wer beurteilen will, ob er eine Gestaltungsalternative wählt, braucht zum Beurteilungszeitpunkt als Entscheidungsgrundlage eine umfassende Darstellung der wirtschaftlichen und damit auch der steuerlichen Konsequenzen aus dem geplanten Sachverhalt. Es liegt daher nahe, zumindest die notwendig eintretenden Folgen der Aufdeckung stiller Reserven für die AfA-Bemessungsgrundlage in die Beurteilung einzubeziehen.

Im Gegensatz zu der Ermittlung eines Streitwertes in einem Klageverfahren bezieht sich die verbindliche Auskunft auf die steuerliche Auswirkung einer Sachverhaltsgestaltung über den gesamten Planungshorizont hinweg. Mit der verbindlichen Auskunft erlangt die Klägerin Planungssicherheit. Der Wert der Rechtssicherheit ist nicht mit 10 % der steuerlichen Auswirkung des beurteilten Sachverhalts anzunehmen. Zwar wird etwa im Verfahren betreffend Aussetzung der Vollziehung der Streitwert mit 10 % der steuerlichen Auswirkung bemessen. Dies hat jedoch seinen Grund darin, dass lediglich eine vorläufige, auf der Aktenlage und präsenten Beweismitteln beruhende rechtliche Beurteilung erfolgt. Demgegenüber bewirkt eine verbindliche Auskunft eine abschließende rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes, an die die Behörde gebunden ist.

Der Senat bemisst die Gebühr wegen des gesicherten Blicks auf zukünftige Planungen auf der Basis von 100 % des von der Klägerin ermittelten Gegenstandswertes. Er teilt die Auffassung der Klägerin nicht, die Gebühr sei auf der Grundlage von 10 % dieses Wertes zu ermitteln.

Betroffene Norm
§ 89 Abs. 4 S. 1 AO
Streitjahr 2007

Fundstellen
BFH, Urteil vom 22.04.2015, IV R 13/12, siehe Deloitte Tax-News
Finanzgericht Münster, Urteil vom 15.02.2012, 12 K 5002/07 AO

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