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15.09.2014
Transfer Pricing

Zollkodex/JStG: Definition einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung für Verrechnungspreiszwecke

Am 1. September 2014 hat das Bundesministerium der Finanzen einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften veröffentlicht. Darin wird eine Änderung des § 1 Abs. 4 AStG vorgeschlagen, die den Begriff einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung für steuerliche Zwecke genauer definieren soll, da insbesondere bei Finanzierungstransaktionen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft die Trennschärfe zwischen schuldrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Vereinbarung oft nicht eindeutig ist.

Hintergrund

Am 1. September 2014 hat das Bundesministerium der Finanzen einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften veröffentlicht (siehe Deloitte Tax-News). Darin wird eine Änderungen des § 1 Abs. 4 AStG vorgeschlagen, die den Begriff einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung für Verrechnungspreiszwecke genauer definieren soll.

Der § 1 Abs. 1 AStG regelt die Korrektur von Einkünften eines Steuerpflichtigen, sofern aus einer Geschäftsbeziehung zum Ausland mit einer ihm nahestehenden Person seine Einkünfte durch unangemessene Verrechnungspreise gemindert wurden. Diese Einkünftekorrekturnorm greift auf der Tatbestandseite nur bei einer Geschäftsbeziehung, welche in § 1 Abs. 4 AStG definiert wird. Geschäftsbeziehungen sind, nach den Änderungen durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 29. Juni 2013, demnach einzelne oder mehrere zusammenhängende wirtschaftliche Vorgänge zwischen einem Steuerpflichtigen und einer nahestehenden Person, die (a) Teil einer Tätigkeit sind, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21 des Einkommensteuergesetzes anzuwenden sind oder im Fall einer ausländischen nahestehenden Person anzuwenden wären, wenn sich der Geschäftsvorfall im Inland ereignet hätte, und (b) denen keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung zugrunde liegt.

Hiernach sieht die Finanzverwaltung grundsätzlich alle rechtlichen Beziehungen und tatsächlichen Handlungen zwischen nahestehenden Personen als Geschäftsbeziehungen an, die ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter voneinander unabhängiger Unternehmen schon aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtsicherheit als schuldrechtliche Beziehungen ausgestaltet hätten, und unterwirft somit alle wirtschaftlichen Vorgänge den Korrekturmöglichkeiten des § 1 Abs. 1 AStG. Allenfalls der Ausnahmetatbestand des Buchstaben b) wurde den Steuerpflichtigen zugestanden, um im Einzelfall etwas anderes glaubhaft zu machen und der umfassenden Schuldrechtsvermutung der Finanzverwaltung zu entgehen.

Gesetzliche Neuregelung: Definition einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung für Verrechnungspreiszwecke

In der Praxis wurde dieser Ausnahmetatbestand allerdings vermehrt als Öffnungsklausel interpretiert, und normalerwiese schuldrechtlich begründete wirtschaftliche Vorgänge wurden in Gesellschaftsverträge verankert und somit einer Vergütungspflicht und ggf. einer Korrektur durch die Finanzverwaltung entzogen. Dieser Praxis möchte die Finanzverwaltung entgegenwirken und hat im Rahmen des nun veröffentlichten Referentenentwurfs eine weitere Änderung des § 1 Abs. 4 AStG vorgeschlagen. Der Wortlaut des § 1 Abs. 4 AStG soll dahingehend geändert werden, dass gesellschaftsvertragliche Vereinbarung nun definiert wer-den als „eine Vereinbarung, die unmittelbar zu einer rechtlichen Änderung der Gesellschafterstellung führt“. Diese Fassung soll erstmals Anwendung auf den Veranlagungszeitraum 2015 finden.

In der Begründung des Referentenentwurfs findet sich als nähere Erläuterung der Neudefinition lediglich der Klammerzusatz, dass eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung eine Vereinbarung sei, die unmittelbar die rechtliche Stellung eines Gesellschafters (z.B. die Beteiligungshöhe oder die Beteiligungsrechte) verändert. Dies spiegelt die Auffassung der Finanzverwaltung aus ihrem BMF-Schreiben vom 14. Mai 2004 wider, in dem sie darlegt, dass sie unter einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung eine vertragliche Regelung versteht, die das Nahestehen begründen und das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter regeln, namentlich die Überlassung von Eigenkapital. Diese erfolge nicht aufgrund einer schuldrechtlichen, sondern aufgrund einer gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung. Inwieweit Qualifikationskonflikte, gerade bei eigenkapitalersetzenden Maßnahmen, zu würdigen seien, wird nicht weiter erläutert. Hierdurch fehlt es der vorgeschlagenen Gesetzesänderung und Begründung an Klarheit für den Steuerpraktiker. Eine zivilrechtliche Verknüpfung der Definition einer gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung würde helfen zu entscheiden, welche Bestandteile eines Gesellschaftsvertrages für steuerliche Zwecke der schuldrechtlichen Sphäre zuzuordnen sind und welche Bestandteile in der gesellschaftsrechtlichen Sphäre verbleiben.

Auswirkung

Schon aus der Rechtsprechung und der Gesetzeshistorie des § 1 Abs. 4 AStG geht dieser Abgrenzungskonflikt hervor und wir seit jeher kontrovers zwischen Finanzverwaltung, Bundesfinanzhof und Steuerpflichtigen diskutiert. Insbesondere bei Finanzierungstransaktionen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft ist die Trennschärfe zwischen schuldrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Vereinbarung oft nicht eindeutig. Dies ist insbesondere der Fall bei eigenkapitalersetzenden Maßnahmen, wie z.B. die Abgabe von Patronatserklärung im Rahmen des Gesellschaftsvertrages, die letztlich nur eine andere Form des Eigenkapital-beitrages darstellen.

Selbst die Finanzverwaltung ordnet an anderer Stelle (vgl. BMF-Schreiben vom 29. März 2011) einen sonst ggf. schuldrechtlichen Vorgang der gesellschaftsrechtlichen Sphäre zu. So sei es z.B. mit dem Fremdvergleichsgrundsatz vereinbar, dass eine Konzernverbundenheit für sich genommen als Sicherheit bei einer Darlehensgewährung angesehen wird und für Zwecke der Prüfung des Zinssatzes dieser Rückhalt im Kon-zern als fremdübliche Sicherheit anzuerkennen sei und ein entsprechend reduzierter Zinssatz anzuwenden ist. Gleichwohl würden fremde Dritte die gestellten Sicherheiten in ihrer Darlehenskonditionierung berücksichtigen und vergüten. Vor diesem Hintergrund sollte, z.B. auch eine Patronatserklärung, die Ausfluss eines gelebten Konzernrückhalts sein kann, ebenfalls in der gesellschaftsvertraglichen Sphäre verbleiben und keine Vergütungspflicht auslösen.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Abgrenzung zwischen schuldrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Vereinbarung in Zukunft darstellen wird und die Definition des Begriffs Geschäftsbeziehung prägt. Dieser ist von elementarer Bedeutung für die Einkünftekorrekturnorm des § 1 AStG, da ohne das Tatbestandsmerkmal einer Geschäftsbeziehung keine Einkünfte korrigiert werden können. Insoweit ist die Intention der Finanzverwaltung nachvollziehbar, die Begrifflichkeit der Geschäftsbeziehung auszuweiten.

Steuerpflichtige sollten diese Entwicklung eng verfolgen, da die Erweiterung der Begrifflichkeit der Geschäftsbeziehung sofort Auswirkungen auf ihre Mitwirkungspflichten i.S.d. § 90 Abs. 3 AO hat und den Umfang ihrer zu dokumentierenden wirtschaftlichen Vorgänge stark erweitern kann.

Fundstelle

Referentenentwurf des BMF: Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 26.08.2014, siehe Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News

Ihr Ansprechpartner

Maximilian Tenberge
Manager

mtenberge@deloitte.de
Tel.: 069 75695-6137

Ihr Ansprechpartner

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Manager

mtenberge@deloitte.de
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