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13.03.2014
Unternehmensrecht

BAG: Voraussetzungen für die gerichtliche Durchsetzung der Vergütung von Überstunden

Die Bezahlung von Überstunden birgt viele Unsicherheiten. Damit ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf die Vergütung von Überstunden hat, muss er sie „mit Wissen und Wollen des Arbeitgebers“ erbracht haben. Im gerichtlichen Verfahren liegt die Darlegungs- und Beweislast in erster Linie beim Arbeitnehmer. Das BAG hat seine Rechtsprechung hierzu bestätigt und konkretisiert. Danach sind die Hürden für eine erfolgreiche Klage des Arbeitnehmers hoch.

Sachverhalt

Gegenstand der Entscheidung war die Klage eines ausgeschiedenen Arbeitnehmers auf die Vergütung von Überstunden. Der Kläger hat Entgelt für 498 Überstunden geltend gemacht, die er während seiner Tätigkeit bei der Beklagten geleistet haben wollte. Die Beklagte trug vor, der Kläger habe keine von ihr angeordneten oder geduldeten Überstunden geleistet und verweigerte deshalb die Zahlung.

Entscheidung

Das BAG hat entschieden, dass die Klage unbegründet war, weil der Kläger die geltend gemachten Ansprüche auf die Vergütung von Überstunden nicht ordnungsgemäß geltend gemacht hat. Der Kläger konnte seiner Darlegungs- und Beweislast im Verfahren nicht hinreichend nachkommen.

Das BAG im Einzelnen hierzu:

Grundsätzlich ist erste Voraussetzung für den Anspruch eines Arbeitnehmers auf die Vergütung von Überstunden, dass ein solcher Anspruch auf Zahlung aus dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder den Umständen des Arbeitsverhältnisses besteht.

Will ein Arbeitnehmer einen solchen Anspruch auf die Vergütung von Überstunden gerichtlich durchsetzen, so hat er darüber hinaus zunächst darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass er Arbeit in einem Umfang verrichtet hat, der über die normale Arbeitszeit hinausgeht. Dabei hat er zunächst detailliert vorzutragen und bei Bestreiten durch die Gegenseite zu beweisen, an welchen Tagen er von wann bis wann seine Arbeitsleistung erbracht hat. Das ist dem Arbeitnehmer in dem vom BAG entschiedenen Fall gelungen.

Hat der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung in einem Umfang erbracht, der über den normalen Arbeitsumfang hinausgeht, so kann er eine Vergütung hierfür aber nur dann erfolgreich geltend machen, wenn er weiter substantiiert darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen seien.

Dabei gilt im Einzelnen: Im Falle der ausdrücklichen Anordnung von Überstunden muss der Arbeitnehmer vortragen, wer wann auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet hat. Für eine konkludente Anordnung von Überstunden muss der Arbeitnehmer darlegen, dass eine bestimmte angewiesene Arbeit innerhalb der Normalarbeitszeit nicht zu leisten oder ihm zur Erledigung der aufgetragenen Arbeiten ein bestimmter Zeitrahmen vorgegeben war, der nur durch die Leistung von Überstunden eingehalten werden konnte. Wurden die Überstunden nicht ausdrücklich oder konkludent angeordnet, muss der Arbeitnehmer darlegen, wer wann auf welche Weise zu erkennen gegeben habe, mit der Leistung welcher Überstunden einverstanden zu sein. Hat der Arbeitgeber die Überstunden geduldet und keine Vorkehrungen getroffen, die Leistung von Überstunden für die Zukunft zu verhindern, muss der Arbeitnehmer für die Durchsetzung seiner Ansprüche vortragen und beweisen, von welchen wann geleisteten Überstunden der Arbeitgeber auf welche Weise wann Kenntnis erlangt haben soll und dass es im Anschluss daran zu einer weiteren Überstundenleistung gekommen ist.

Im vom BAG entschiedenen Fall ist es dem Arbeitnehmer nicht hinreichend gelungen, die zweite Voraussetzung für den Anspruch auf Überstundenvergütung, nämlich dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sind, substantiiert darzulegen und zu beweisen. Die Klage auf Überstundenvergütung wurde daher abgewiesen. Der Arbeitgeber musste keine Leistungen erbringen.

Die Rechtsprechung des BAG aus dem zitierten Urteil gilt unabhängig davon, ob die grundsätzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers für Überstunden auf arbeitsvertraglicher Vereinbarung, tarifvertraglicher Verpflichtung oder auf § 612 Abs.1 BGB beruht, wonach Überstunden immer dann zu vergüten sind, wenn den Umständen nach eine Vergütung zu erwarten ist, etwa weil Überstunden in der jeweiligen Branche oder Position des Arbeitnehmers typsicherweise nur gegen Entgelt geleistet werden.

Anmerkungen

Die Rechtsprechung des BAG stellt hohe Anforderungen an die Arbeitnehmer, die Überstundenvergütung gerichtlich geltend machen wollen. So dürfte es dem durchschnittlichen Arbeitnehmer schon hinreichend schwer fallen, im Einzelnen darzulegen und zu beweisen, an welchen Tagen er wie lange gearbeitet hat. In den meisten Fällen dürfte die Klage, wie auch im vorliegenden Fall, aber daran scheitern, dass die arbeitgeberseitige Veranlassung nicht hinreichend wird nachgewiesen werden können. Arbeitgeber haben damit in derartigen Verfahren häufig gute Chancen darauf, dass sich die Ansprüche der Arbeitnehmer nicht hinreichend darlegen und beweisen lassen und deshalb die erhobenen Klagen abgewiesen werden.

Zu beachten sind im Zusammenhang mit der Vergütung von Überstunden darüber hinaus außerdem zwei Aspekte: Häufig besteht schon kein Anspruch auf die Vergütung von Überstunden, weil eine solche nicht vereinbart ist und nach den Umständen des Falles, insbesondere wegen eines überdurchschnittlichen Gehalts oder einer herausragenden Stellung, nicht erwartet werden kann. In vielen Fällen ist außerdem eine bestimmte Zahl von Überstunden schon mit dem Gehalt abgegolten. Sollten die entsprechenden Regelungen im Vertrag jedoch zu weitgehend sein, so ist die gesamte Klausel unwirksam und häufig eine Vergütung ab der ersten Überstunde zu zahlen – vorausgesetzt der Arbeitnehmer kann die übrigen Voraussetzungen, das Erbringen und die arbeitgeberseitige Veranlassung nachweisen.

Betroffene Normen

§ 612 Abs. 1 BGB

Vorinstanz

LAG Düsseldorf, Urteil vom 17.11.2011, 11 Sa 867/11

Fundstelle

BAG, Urteil vom 10.04.2013, 5 AZR 122/12 , NZA 2013, S. 1100ff.

Ihre Ansprechpartner

Dr. Theresa Kohl

tkohl@raupach.de
Tel.:

Dr. Julia Sierig LL.M.

jsierig@raupach.de
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