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27.08.2014
Unternehmensrecht

“Big Data“ - Welche rechtlichen Grenzen bestehen für die Nutzung der Datenkolosse?

Der Begriff „Big Data“ fasst schlagwortartig die zunehmende Bedeutung von Daten als Faktor der Wertschöpfung zusammen. Durch gezielte Auswertung können technisch auch eher beiläufig generierte Daten zur Produkt- und Serviceverbesserung oder für kundenorientiertes Marketing genutzt werden. Allerdings gelten auch für den Umgang mit Big Data rechtliche Grenzen.

Jedes Unternehmen generiert, sammelt und speichert alltäglich massenhaft Daten. Diese Datenansammlungen bieten ein hohes Potenzial zur Geschäftsoptimierung, das es strukturiert und rechtssicher zur Produkt- und Serviceverbesserung oder für kundenorientiertes Marketing zu nutzen gilt.

Die Nutzung und Auswertung von geschäfts- und produktrelevanten Informationen wird zugegebenermaßen schon seit jeher praktiziert. Festzustellen ist jedoch, dass Unternehmen sich einem rapiden Anstieg des Datenvolumens ausgesetzt sehen. Dies liegt insbesondere am steigenden Einsatz verschiedenartiger Technologien wie Sensorik, M2M, RFID, Ambient Intelligence oder Smartphones sowie der immer stärkeren Nutzung von Social Media. Nach Angaben des Bundesverbands für Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. („BITKOM e.V.“) wird das weltweite Datenvolumen im Jahr 2020 die Marke von 100 Zettabytes (dies entspricht 100 Billiarden Megabytes) brechen.

Im Zusammenhang mit der unternehmerischen Herausforderung einer wirtschaftlich sinnvollen und strukturierten Nutzung dieser stetig wachsenden Datenvolumina hat sich zwischenzeitlich der Begriff „Big Data“ bzw. „Big Data Analytics“ etabliert. Unter „Big Data“ ist dabei die Analyse großer Datenmengen aus vielfältigen Quellen in hoher Verarbeitungsgeschwindigkeit zur Erzeugung eines wirtschaftlichen Nutzens zu verstehen. Big Data umfasst dabei Konzepte, Methoden, Technologien, IT-Architekturen sowie Tools, mit deren Hilfe die großen Datenmassen strukturiert werden.

„Big Data“ oder „Big Data Analytics“ ist daher sicherlich keine neue Wissenschaft. Der Begriff „Big Data“ fasst allerdings schlagwortartig die zunehmende Bedeutung von Daten als Faktor der Wertschöpfung zusammen. Big Data wird bisweilen sogar als „Erdöl der Zukunft” bezeichnet.

Im Folgenden findet sich ein kurzer - nicht abschließender - Überblick über die rechtlichen Grenzen und Probleme im Umgang mit Big Data:

Big Data vs. Datenschutzrecht

Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Datensammlungen, bei denen personenbezogene Daten umfasst sind, unterliegt vorrangig datenschutzrechtlichen Grenzen. Bei personenbezogenen Daten handelt es sich nach Maßgabe der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 BDSG um „Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person“. Von dieser Definition sind z.B. Namen, Kontaktdaten, Lichtbilder, Bewegungsdaten und biometrischen Daten von Einzelpersonen umfasst.

Nach dem Grundsatz des Datenschutzrechts ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten untersagt, es sei denn, es liegt eine gesetzliche Erlaubnis oder eine individuelle Einwilligung vor (sog. „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“). Ferner ist der weitere datenschutzrechtliche Grundsatz der Datensparsamkeit zu beachten, nach dem so wenig personenbezogene Daten wie möglich erhoben, verarbeitet und genutzt werden sollen.

Vor diesem Hintergrund ist es außerordentlich wichtig, vor Implementierung von Big Data-Anwendungen zu überprüfen, welche Arten von Datensätzen in der jeweiligen Sammlung enthalten sind. Sofern personenbezogene Daten gar nicht erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, was beispielsweise häufig beim Einsatz von ERP-Systemen rein zu Zwecken der Materialwirtschaft oder Steuerung der Produktion der Fall sein dürfte, spielen deutsche Datenschutzgesetze grundsätzlich keine Rolle.

Gerade die Nutzung bestimmter Kundeninformationen z.B. aus dem Bereich „Behavioural Tracking“ birgt allerdings aufgrund der häufig nicht auf den ersten Blick erkenntlichen Verwendung personenbezogener Daten erhöhte rechtliche Risiken. Es ist zu beachten, dass es für das Vorliegen personenbezogener Daten genügt, dass durch bestimmte Daten oder durch Aggregieren verschiedener Datensätze unter Umständen ein Personenbezug hergestellt werden kann. Hierbei ist die Auswertung eines zunächst anonymisierten Kundenverhaltens im Point of Sale unschädlich, solange das anonymisierte Kundenverhalten nicht durch Kombination mit sonstigen gespeicherten Kundeninformationen personalisiert wird bzw. werden kann. Sind die datenschutzrechtlichen Risiken jedoch bereits im Vorfeld erkannt, ergibt sich z.B. durch rechtskonforme Ausgestaltung der Big Data-Anwendung oder durch saubere Formulierung von Nutzungsbestimmungen und Einwilligungserklärung die Möglichkeit, personenbezogene Daten unmittelbar zu verwenden.

Big Data vs. Wettbewerbsrecht

Die Nutzung von Kundendaten für Werbezwecke ist stets eine naheliegende Marketingmaßnahme für Unternehmen. Es ist hierbei allerdings zu beachten, dass die jeweilige Werbemaßnahme rechtskonform ausgestaltet ist. So wird z.B. Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern stets als eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG bewertet, sofern der jeweilige Verbraucher zuvor nicht ausdrücklich eingewilligt hat. Und im Hinblick auf E-Mail-Werbung ist zu beachten, dass

  • der werbende Unternehmer die Kundendaten im Rahmen einer geschäftlichen Beziehung erhoben hat,
  • der Unternehmer die Kundendaten für eigene Werbezwecke verwendet,
  • der Kunde der Verwendung der Daten nicht widersprochen hat und
  • der Kunde bei Datenerhebung und jeder weiteren Verwendung darauf hingewiesen wird, dass er der Datennutzung jederzeit widersprechen kann.

Bei beabsichtigter Verwendung von Kundendaten für Marketingzwecke ist daher bereits vor Erhebung zu klären, in welcher Form und unter Verwendung welcher Werbemedien die Kundendaten genutzt werden sollen. Abhängig von der jeweils beabsichtigten Werbeform hat der Kunde daher im Wege eines Opt-In-Verfahrens einer weitreichenden Nutzung z.B. für Telefonwerbung vorab die Zustimmung zu erteilen. Im Falle einer geplanten E-Mail-Kampagne ist dagegen nur ein rechtskonformes Opt-Out-Verfahren zu implementieren.

Big Data vs. Urheberrecht

Für die Inhalte der Datenkolosse können ferner auch urheberrechtliche Grenzen zu beachten sein. Abhängig davon, woher die jeweiligen Datensammlungen stammen, können ggf. Rechte aus Datenbankwerken (§ 4 UrhG) und Datenbanken (§§ 87a ff. UrhG) bestehen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere Vorsicht geboten, sofern für die Sammlung der Daten externe Quellen, wie z.B. Social Media Anwendungen, genutzt werden.

Risiken der Rechtsverletzungen

Die Verletzung der datenschutzrechtlichen Vorschriften durch Big Data Anwendungen kann empfindlichen Sanktionen ausgesetzt sein. Am schwerwiegendsten sind hier Bußgeldzahlungen von bis zu EUR 300.000,00 sowie Reputationsschäden zu befürchten. Ferner führen Verletzungen der urheber- und wettbewerbsrechtlichen Vorschriften häufig zu Abmahnungen durch Wettbewerber und Verbraucherschutzverbände. Hier werden regelmäßig die Unterlassung der rechtsverletzenden Handlung sowie mindestens der Ersatz der Rechtsverfolgungskosten gefordert.

Da sich mögliche Rechtsverstöße infolge der Nutzung von Big Data-Anwendungen meist durch eine sorgfältige Prozessgestaltung vermeiden lassen, ist eine ausführliche rechtliche Prüfung bereits frühzeitig bei der Entwicklung einer Big Data Strategie ratsam.

Englische Zusammenfassung

Ihr Ansprechpartner

Stefan H. V. Wilke
Senior Manager

stwilke@deloitte.de
Tel.: 0211 8772-3402

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stwilke@deloitte.de
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