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10.03.2015
Unternehmensrecht

Mitbestimmungspflicht in der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KGaA

Bei einer GmbH & Co. KGaA sind der Komplementär-GmbH die Arbeitnehmer der KGaA weder analog § 4 Abs. 1 noch nach § 5 Abs. 1 MitbestG zuzurechnen

Einleitung

Die Unternehmensmitbestimmung, also die teilweise Besetzung von Aufsichtsräten durch Arbeitnehmervertreter, ist nach wie vor eine intensiv diskutierte Rechtsmaterie. Die Anwendbarkeit der Mitbestimmungsvorschriften hängt von der Anzahl seiner Angestellten und von der Rechtsform des Unternehmens ab. So greift für bestimmte Unternehmensformen, einschließlich der GmbH und der AG, die Mitbestimmung grundsätzlich bereits dann ein, wenn die Schwelle von 500 Mitarbeitern überschritten ist. In diesem Fall ist nach dem Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) ein zu einem Drittel mit Arbeitnehmervertretern besetzter Aufsichtsrat zu bilden. Bei mehr als 2.000 Mitarbeitern ist der Anwendungsbereich des Mitbestimmungsgesetzes (MitbestG) eröffnet, welches einen zur Hälfte mit Arbeitnehmervertretern besetzten Aufsichtsrat vorschreibt. Für die Frage, wann einem Konzernunternehmen die Mitarbeiter anderer Konzerngesellschaften zuzurechnen sind, enthalten sowohl DrittelbG als auch MitbestG Zurechnungsvorschriften. Häufig wird die Frage der Zurechnung bei „Mischformen“ wie der weithin bekannten GmbH & Co. KG oder auch der im Vergleich jüngeren GmbH & Co. KGaA („auf Aktien“) virulent. Mit letzterer befasste sich kürzlich das OLG Celle.

Sachverhalt

Antragsteller ist der Gesamtbetriebsrat einer GmbH & Co. KGaA. Antragsgegnerin ist die Komplementär-GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin der GmbH & Co. KGaA, deren alleiniger Gesellschafter gleichzeitig alleiniger Kommanditaktionär der GmbH & Co. KGaA ist. Die GmbH & Co. KGaA fungiert als Muttergesellschaft eines Konzerns mit mehr als 2.000 beschäftigten Mitarbeitern, die GmbH hingegen beschäftigt keine Arbeitnehmer. Bei der GmbH & Co. KGaA besteht ein Aufsichtsrat nach Maßgabe des Mitbestimmungsgesetzes 1976.

Die Parteien streiten um die Frage, ob bei der Komplementär-GmbH ein eigener paritätisch zu besetzender Aufsichtsrat nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976 zu bilden sei.

Entscheidung

Das OLG Celle wies den Antrag als unbegründet zurück und erteilte somit der analogen Anwendung der Zurechnungsvorschriften in §§ 4 und 5 MitbestG eine Absage.

Im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 24. Februar 1997, II ZR 11/96 ) sei es – so das OLG Celle – nicht Sache der Gerichte, sondern allein die des Gesetzgebers, das MitbestG neuen Situationen, wie vorliegend der möglichen Anerkennung einer GmbH als Komplementärin einer KGaA, anzupassen. Anders als bei der GmbH & Co. KG, für die § 4 Abs. 1 MitbestG eine ausdrückliche Zurechnungsregelung enthält, könne eine Zurechnung der Arbeitnehmer der KGaA zu der Komplementär-GmbH nicht erfolgen. Insbesondere sei eine analoge Anwendung des § 4 Abs. 1 MitbestG mangels planwidriger Regelungslücke ausgeschlossen: Zwar enthalte § 4 Abs. 1 MitbestG Zurechnungsregeln für die GmbH & Co. KG, der Gesetzgeber habe jedoch – in Kenntnis der Existenz der GmbH & Co. KGaA – von deren Aufnahme in die Regelung bislang abgesehen.

Ebenso sei die Anwendung des § 5 MitbestG mangels Konzernverhältnis zwischen KGaA und ihrer Komplementär-GmbH ausgeschlossen, da die Komplementär-GmbH vorliegend allein als Organ der KGaA fungiere, weshalb kein „Konzern“ im Sinne des konzernrechtlichen Unternehmensbegriffs des § 5 MitbestG vorliege.

Betroffene Norm

§§ 4 und 5 MitbestG

Anmerkungen

Die Entscheidung, ergangen allein zum MitbestG, entspricht der bisherigen Rechtsprechung in Bezug auf die mitbestimmungsrechtliche Privilegierung der GmbH & Co. KGaA und erhöht somit die Rechtssicherheit in diesem Bereich.

Angesichts des deutlich geringeren Schwellenwerts für die Anwendbarkeit des DrittelbG stellt sich für die GmbH & Co. KGaA selbstverständlich auch in dessen Anwendungsbereich die Frage der Zurechnung der Angestellten der KGaA zur Komplementär-GmbH. Eine solche Zurechnung kommt jedoch aufgrund der – im Vergleich zum MitbestG nochmals engeren – Zurechnungsvorschriften des DrittelbG nach wohl allgemeiner Ansicht nur dann in Frage, wenn zwischen der Komplementär-GmbH (als herrschendem Unternehmen) und der KGaA ein Beherrschungsvertrag besteht, § 2 Abs. 2 DrittelbG.

Vorinstanz

LG Hannover, Beschluss vom 07.05.2014 - 23 O 30/13

Fundstelle

OLG Celle, Beschluss vom 09.10.2014, 9 W 116/14 (BeckRS 2014, 21703,
ZIP 2015, 123)

Ihr Ansprechpartner

Klaus Gresbrand
Senior Manager

kgresbrand@deloitte.de
Tel.: 0211 8772-2501

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