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24.03.2016
Unternehmensrecht

Niederlande: Verschärfte Publizitätsanforderungen durch Umsetzung der 4. Geldwäscherichtlinie

Die in Deutschland noch ausstehende Umsetzung der 4. Geldwäscherichtlinie in nationales Recht nimmt in den Niederlanden bereits Formen an. Dies mit erheblichen Folgen für Familienunternehmer, deren Interesse an der Wahrung ihrer Privatsphäre gegenüber Transparenzgesichtspunkten zurückgestellt wird. Von den niederländischen Vorschriften können auch deutsche Unternehmen und Unternehmer betroffen sein.

Niederlande: Einführung eines öffentlichen Registers für wirtschaftlich Berechtigte (UBO-Register) und eines zentralen Gesellschafterregisters in Umsetzung der 4. Geldwäscherichtlinie

Die 4. EU-Geldwäscherichtlinie sieht insbesondere die Einführung eines Registers für wirtschaftlich Berechtigte vor. Während der deutsche Gesetzgeber diesbezüglich noch keine Aktivitäten entfaltet hat, ist man in den Niederlanden schon weiter: Hier laufen ungeachtet der erst am 26. Juni 2017 ablaufenden Umsetzungsfrist bereits konkrete Planungen für die durch die Richtlinie angeordnete Einführung des Registers für wirtschaftlich Berechtigte. Ohne dass dies von der Richtlinie verlangt wäre, sehen die geplanten Regelungen vor, dass die in dem Register zu hinterlegenden Informationen grundsätzlich für jedermann zugänglich sind. Das bedeutet, dass jeder aus einem öffentlichen Register entnehmen können wird, wer die unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlich Berechtigten eines Unternehmens (nahezu jeder Rechtsform) in den Niederlanden sind. Die geplanten Gesetzesänderungen zeigen, dass die beabsichtigte Einführung des Registers insbesondere auch für unternehmerisch aktive Familien und ihre Mitglieder Auswirkungen haben wird. Die Einführung des Registers kann Handlungs- und gegebenenfalls auch Umstrukturierungsbedarf für mittelständische Unternehmensgruppen aus Deutschland mit sich bringen. Vor diesem Hintergrund sollen nachstehend die Grundzüge der in den Niederlanden geplanten Regelungen für die Einführung des Registers für wirtschaftlich Berechtigte erläutert werden.

Die am 5. Juni 2015 verabschiedete 4. Geldwäscherichtlinie (Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung) sieht erstmals eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten vor, zentrale Register mit Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten/Nutznießern von Unternehmen, Trusts und anderen Rechtspersonen einzurichten. In diesem Zusammenhang haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die von den betroffenen Unternehmen einzuholenden und aufzubewahrenden angemessenen, präzisen und aktuellen Angaben über ihre wirtschaftlich Berechtigten, einschließlich genauer Angaben zum wirtschaftlichen Interesse, in einem zentralen Register hinterlegt und verwahrt werden. Als Beispiel für ein zentrales Register, in dem solche Angaben verwahrt werden könnten, nennt der Richtliniengesetzgeber die Handels- oder Gesellschaftsregister.

Wirtschaftlich Berechtigter ist dabei in Übereinstimmung mit dem Ansatz der 3. Geldwäscherichtlinie jede natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle ein Unternehmen steht. Maßgeblich hierfür sind das direkte oder indirekte Halten einer ausreichenden Anzahl von Anteilen oder Stimmrechten oder das Bestehen anderer Formen von Kontrolle. Wirtschaftliches Eigentum wird vermutet, wo eine natürliche Person mehr als 25 % der Anteile oder Stimmrechte an einer Gesellschaft innehat. Zugleich wird den Mitgliedstaaten ein Ermessenspielraum nach unten eingeräumt - sie können bestimmen, dass eine niedrigere Beteiligungsquote ausreicht. Durch die neue Regelung werden wirtschaftlich Berechtigte an einem Trust in den Anwendungsbereich einbezogen. Insoweit sieht die Richtlinie nunmehr eine gesonderte Definition der wirtschaftlichen Berechtigung vor. Bemerkenswert ist, dass die zentralen Register auch Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten von anglo-amerikanischen Trust-Strukturen enthalten sollen und deshalb auch bei Trust-Strukturen präzise und aktuelle Angaben zu den wirtschaftlichen Eigentümern des Trust einzuholen sein werden. Eine weitere Neuerung bringt die Richtlinie insoweit mit sich, als unter bestimmten Voraussetzungen auch Führungskräfte (“senior managing officials”) als wirtschaftlich Berechtigte gelten sollen, was das Risiko einer Vermischung von Vertretungsberechtigung und wirtschaftlicher Berechtigung mit sich bringt.

Zu den in das Register aufzunehmenden Angaben gehören nach der Regelungssystematik zumindest Name, Monat und Jahr der Geburt, Staatsangehörigkeit, Wohnsitzland sowie Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses der jeweiligen wirtschaftlich Berechtigten.

Aus den Bestimmungen der Richtlinie folgt damit, dass zukünftig für jede Gesellschaft, an der als wirtschaftlich Berechtigte natürliche Personen beteiligt sind, die – zumindest teilweise sensiblen - Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten, einschließlich genauer Angaben zu wirtschaftlichen Interessen, in einem zentralen Register zu hinterlegen sind.

Was den Zugang zu den entsprechenden Registern und die dort hinterlegten Informationen angeht, sieht die 4. Geldwäscherichtlinie eine zwingende Zugänglichmachung nur für zuständige Behörden und zentrale Meldestellen, Unternehmen des Finanzsektors im Rahmen der Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden gemäß Kapitel II der Richtlinie und sonstigen Personen oder Organisationen vor, die ein berechtigtes Interesse nachweisen können. Allerdings überlässt es der europäische Gesetzgeber den nationalen Umsetzungsgesetzen, ob die zu hinterlegenden Angaben auch sonstigen Dritten zugänglich gemacht werden.

In den Niederlanden wurden durch einen vom Finanzministerium in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium und im Wirtschaftsministerium erstellten sogenannten Kamerbrief vom 10. Februar 2016 (AZ: 2016-0000010759) erste Konturen des Gesetzes zur Einführung des Registers für wirtschaftlich Berechtigte dargestellt. Dabei verwendet der Kamerbrief für die wirtschaftlich Berechtigten den englischsprachigen Begriff des ultimate beneficial owner und wird das Register dementsprechend als UBO-Register bezeichnet. Was den Kreis der im Hinblick auf wirtschaftlich Berechtigte von den Veröffentlichungspflichten betroffenen Unternehmen angeht, möchte der niederländische Gesetzgeber diesen möglichst breit fassen. Die entsprechenden Verpflichtungen sollen insbesondere für Unternehmen folgender Rechtsformen greifen: Gesellschaft mit beschränkter Haftung (besloten vennootschap), Aktiengesellschaft (naamloze vennootschap), Stiftung nach niederländischem Recht (stichting), Verein (vereniging), Reederei (rederij), Gesellschaft bürgerlichen Rechts (maatschap), Personenhandelsgesellschaft (vennootschap onder firma), Kommanditgesellschaft (commanditaire vennootschap), Genossenschaft (coöperatie), Kirchengenossenschaft (kerkgenootschap), Eigentümergemeinschaft (vereniging van eigenaars), Versicherungsverein aG (onderlinge waarborg maatschappij), sonstige Personen des Privatrechts (overige privaatrechtelijke rechtspersonen), EWIV (Europees economisch samenwerkingsverband), SE, europäische Genossenschaft (Europese coöperatieve vennootschap, SCE), und ausländische Rechtsformen.

Besonders gravierend erscheint, dass das UBO-Register ohne dass dies von der Richtlinie gefordert wird, als grundsätzlich für jedermann öffentlich zugängliches Register ausgestaltet werden soll. Ein Recht zur Einsichtnahme in das Register soll damit jeder Person zustehen, ohne dass es auf ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme ankommt. Um den von entsprechenden Interessengruppen angeführten, unter anderem mit Datenschutzbestimmungen, dem Recht auf Privatsphäre und Erpressungs- und Entführungsrisiken begründeten Einwänden Rechnung zu tragen, soll die Einsichtnahme in das Register allerdings an die folgenden vier Voraussetzungen geknüpft werden: (i) jede Person, die das Register einsieht, wird ihrerseits registriert, (ii) die Einsichtnahme ist kostenpflichtig, (iii) Dritte haben lediglich Zugang zu bestimmten Daten (Name, Geburtsmonat, Geburtsjahr, Nationalität, Aufenthaltsland, Art und Umfang der Beteiligung), uneingeschränkter Zugang zu allen hinterlegten Daten wird lediglich befugten Behörden und Financial Intelligence Unit Nederland („FIU-NL“, die niederländische BaFin) eingeräumt, (iv) in riskanten Situationen (Gefährdung des wirtschaftlich Berechtigten, z.B. Kidnapping, Erpressung) wird auf individueller Basis entschieden, ob, und so ja, welche Daten eingesehen werden können. Heftig diskutiert wird in den Niederlanden, ob diese Einschränkungen ausreichen, um einen angemessenen Schutz der Privatsphäre der Betroffenen sicherzustellen.

Nach aktueller Planung soll das UBO-Register durch das niederländische Handelsregister der Kamers van Koophandel geführt werden. Hiernach könnten Handelsregisterinformationen und Informationen betreffend die wirtschaftlich Berechtigen bei ein und derselben Instanz eingesehen werden. Nach der ursprünglichen Planung sollte in den Niederlanden zusätzlich zum UBO-Register ein Gesellschafterregister eingeführt werden, welches ebenfalls bei dem Handelsregister der Kamers van Koophandel geführt werden sollte. Ursprünglich war die Einführung des zentralen Gesellschafterregisters zum 1. Januar 2016 geplant. Die Einführung ist jedoch noch nicht erfolgt. Vor dem Hintergrund der nunmehr anstehenden Arbeiten im Hinblick auf die Einführung des UBO-Registers ist die Einführung des Gesellschafterregisters nunmehr zunächst auf Eis gelegt.

Die anlässlich der geplanten Einführung des UBO-Registers in den Niederlanden geführten Diskussionen, die insbesondere die Abwägung zwischen dem Recht des Unternehmers auf Privatsphäre und dem öffentlichen Interesse an der Offenlegung der wirtschaftlich Berechtigten zum Gegenstand hatten, zeigt, dass die Einführung der Register wirtschaftlich Berechtigter in diversen EU-Mitgliedstaaten erhebliche Auswirkungen zeitigen kann. Unternehmensgruppen, bei denen natürliche Personen als wirtschaftlich Berechtigte fungieren, sollten die neuen regulatorischen Vorgaben und die diesbezüglichen weiteren Entwicklungen in den EU-Mitgliedstaaten sorgfältig verfolgen. Für den Fall, dass die Aufnahme von Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten aus bestimmten Gründen vermieden werden soll, ist anhand der jeweils einschlägigen Bestimmungen zu prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit hierfür Änderungen an der Struktur der jeweiligen Unternehmensgruppe erforderlich sind oder ob unter Umständen von bestimmten Freistellungsvorschriften Gebrauch gemacht werden kann.
 

Ihre Ansprechpartner

Felix Felleisen
Partner

ffelleisen@deloitte.de
Tel.: 0211 8772-2553

Dr. Fleur Johanna Prop
Senior Associate

fprop@deloitte.de
Tel.: 0211 8772-2385

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