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22.09.2009
Sozialversicherung

Das neue europäische Sozialrecht

Die Bestimmungen der Europäischen Union über die Koordinierung der Sozialversicherungssysteme sind in der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 geregelt. Am 29.04.2004 hat das Europäische Parlament die neue Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit verabschiedet, welche die VO (EWG) Nr. 1708/71 ablösen soll. Ziel war es, die bestehenden Regelungen zu vereinfachen und an die Entwicklungen des Sozialrechts anzupassen.

Erst ab dem Tag des Inkrafttretens einer entsprechenden Durchführungsverordnung (DVO) wird die neue VO (EG) tatsächlich anwendbar sein. Die DVO wird wahrscheinlich am 16.09.2009 unterzeichnet und drei bis vier Wochen später veröffentlicht werden. Damit wird die neue VO (EG) voraussichtlich ab dem 01.05.2010 anwendbar sein.

Die wesentlichen Änderungen durch die neue VO (EG) Nr. 883/2004 haben wir nachfolgend für Sie zusammengefasst:

Gebietlicher Geltungsbereich

Die neue Verordnung findet zunächst nur im Verhältnis zu den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union Anwendung. Im Verhältnis zu den übrigen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) Island, Liechtenstein und Norwegen sowie zu der Schweiz bleibt es mithin auch über den 30.04.2010 hinaus weiterhin bei einer Anwendung der VO (EWG) Nr. 1408/71.

Persönlicher Geltungsbereich

Zum persönlichen Geltungsbereich der neuen EU Verordnung gehören alle versicherten Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates sowie deren Familienangehörigen. Hingegen werden Drittstaatsangehörige (z.B. amerikanische Staatsbürger) nicht vom Geltungsbereich der Verordnung erfasst. Für Drittstaatsangehörige gilt daher auch weiterhin die VO (EWG) Nr. 1408/71.

Sachlicher Geltungsbereich

Der sachliche Geltungsbereich entspricht im Wesentlichen dem Geltungsbereich der bisherigen VO (EWG) Nr. 1408/71 und umfasst alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft, Invalidität, Alter, Arbeitsunfall, Berufskrankheit, Arbeitslosigkeit, Tod und Familienleistungen (z.B. Kindergeld) gewähren. Neu ist jedoch, dass nunmehr auch Vorruhestandsleistungen vom Geltungsbereich erfasst werden.

Entsendung

Nach den bisherigen Regelungen der VO (EWG) Nr. 1408/71 unterliegen Arbeitnehmer, die von ihrem Arbeitgeber in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates entsandt werden, weiterhin den Vorschriften über soziale Sicherheit des Entsendestaates (Heimatstaat).

Voraussetzung hierfür ist u.a., dass die Dauer der Auslandsbeschäftigung einen Zeitraum von zwölf Monaten nicht überschreitet.

Durch die VO (EG) wurde diese Höchstdauer ausgedehnt. So unterliegt ein Arbeitnehmer weiterhin den Sozialversicherungsvorschriften seines Heimatstaates, wenn die Dauer der Entsendung einen Zeitraum von 24 Monaten nicht überschreitet. Bei Entsendungen von mehr als 24 Monaten besteht auch nach der neuen VO (EG) die Möglichkeit, eine sogenannte Ausnahmevereinbarung zu beantragen, um einen Wechsel der Sozialversicherungssysteme zu vermeiden.

Beschäftigung in mehreren Staaten

Die grundlegenden Koordinierungsregelungen für Arbeitnehmer, die regelmäßig wiederkehrend in zwei oder mehr Mitgliedstaaten beschäftigt sind, wurden beibehalten. Nach den aktuellen Regelungen der VO (EWG) Nr. 1408/71 unterliegt eine Person den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates in dem sie wohnt (Mittelpunkt der Lebensinteressen), sofern sie ihre Beschäftigung auch zum Teil im Gebiet dieses Staates ausübt. In der Praxis reichten hierzu häufig bereits ein bis zwei Arbeitstage im Heimatstaat pro Monat aus.

Mit Anwendbarkeit der neuen VO (EG) finden die Rechtsvorschriften des Wohnstaates auf einen Arbeitnehmer nur noch dann Anwendung, wenn er dort einen wesentlichen Teil, d.h. mind. 25%, seiner Beschäftigung ausübt. Andernfalls kommt es zur Anwendung der Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat. Für Personen, die bei mehreren Arbeitgebern mit Sitz in unterschiedlichen Mitgliedstaaten beschäftigt sind, ergeben sich keine Änderungen. Für sie gilt auch weiterhin ausschließlich das Recht des Wohnstaates.

Fahrendes oder fliegendes Personal

Die bisherigen Sonderregelungen für Arbeitnehmer, die als Mitglieder des fahrenden oder fliegenden Personals im internationalen Verkehrswesen beschäftigt sind, entfallen. Die Versicherungszugehörigkeit dieser Personen bestimmt sich zukünftig ebenfalls nach den vorgenannten Grundsätzen bei Ausübung einer Beschäftigung in mehreren Staaten.

Selbständige

Eine Person, die gewöhnlich in verschiedenen Mitgliedstaaten eine Beschäftigung und eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt nach der neuen VO (EG) jetzt ausnahmslos den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird. Doppelversicherungen und daraus resultierende doppelte Beitragsbelastungen, wie sie in der Vergangenheit in derartigen Fällen häufig vorkamen, sind damit ausgeschlossen.

Übergangsregelung

Für Arbeitnehmer, die am 30.04.2010 bereits im Besitz einer gültigen E 101 Bescheinigung sind, ergeben sich zunächst keine Änderungen. Für sie gelten die bisherigen Regelungen der VO (EWG) Nr. 1408/71 über das anzuwendende Sozialversicherungsrecht für die Dauer einer Übergangszeit von bis zu zehn Jahren fort. Voraussetzung ist jedoch, dass sich keine rechtserheblichen Änderungen in den Verhältnissen ergeben.

Für weitere Informationen zu den Regelungen des neuen europäischen Sozialrechts stehen Ihnen unsere Sozialversicherungsexperten gerne zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!

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