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26.04.2011
Steuerrecht

BFH, FG: Aktuelle Urteile zur Steuerermäßigung für Aufwendungen für haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen

In unserem Thema des Monats vom 17.03.2010 hatten wir für Sie zusammenfassend über die Möglichkeiten, Voraussetzungen sowie die Höhe der Inanspruchnahme der Steuerermäßigungen für Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse bzw. Dienstleistungen und für Handwerkerleistungen berichtet. Wie bereits dargestellt, sieht das Einkommensteuergesetz Steuerermäßigungen für die folgenden drei Grundkategorien vor:

Anwendungs- art Geringfügige haushalts- nahe Beschäftigungs- verhältnisse (§ 35a Abs. 1 EStG) Andere haushaltsnahe Beschäftigungsverhält- nisse und Dienstleistung- en (§ 35a Abs. 2 EStG) Handwerkerleistungen (§ 35a Abs. 3 EStG)
Höhe der Steuer- ermäßigung Für solche haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnisse ermäßigt sich die Einkommensteuer um 20 % der Aufwendungen, höchstens jedoch € 510 im Veranlagungszeitraum, sofern es sich dabei um eine geringfügige Beschäftigung handelt. Für alle anderen haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnisse sowie für haushaltsnahe Dienstleistungen, die nicht unter die Punkte 1. und 3. fallen, ermäßigt sich die Einkommensteuer um 20 % der entsprechenden Aufwendungen, maximal sind jedoch € 4.000 im Veranlagungszeitraum von der tariflichen Einkommensteuer abzugsfähig. Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen, d.h. von Arbeitskosten der Handwerker bei Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaß-nahmen sowie anderen Leistungen in diesem Zusammenhang, beträgt ab dem Veranlagungszeitraum 2009 jährlich € 1.200 €, d.h. 20 % von maximal € 6.000 Arbeitskosten.
Anmerkungen Bei diesem haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnis muss es sich um eine geringfügige Beschäftigung i.S.d. § 8a SGB IV handeln, d.h. der Steuerpflichtige nimmt am sogenannten Haushaltsscheckverfahren teil. Zu den haushaltsnahen Dienstleistungen gehören regelmäßig nur Tätigkeiten, die nicht zu den handwerklichen Leistungen zählen. Diese werden gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder einen Dienstleister im Haushalt oder innerhalb des Grundstücks des Steuerpflichtigen erbracht, wie z. B.: Reinigung der Wohnung und des Treppenhauses, Gartenpflegearbeiten (Rasenmähen, Heckenschneiden), Kinderbetreuungskosten (sofern nicht unter Werbungskosten oder Sonderausgaben fallend), Pflege- und Betreuungsleistungen im Privathaushalt (z. B. durch einen Pflegedienst), Umzugsdienstleistungen (sofern keine Werbungskosten). Personenbezogene Dienstleistungen (z.B. Frisör- oder Kosmetikerleistunen) sind keine haushaltsnahen Dienstleistungen. Unter den Begriff der Handwerkerleistungen fallen alle handwerklichen Tätigkeiten im Zusammenhang mit den o.a. Maßnahmen. Abzugsfähig sind neben den reinen Arbeitskosten auch Maschinenmieten, Fahrtkosten usw., nicht jedoch Materialkosten. Begünstigte Handwerkerleistungen sind z.B.: Arbeiten an Innen- und Außenwänden, Dach, Fassade, Reparatur oder Austausch von Fenstern und Türen, Wartung und Reparatur von Fahrstühlen, Schornsteinfeger. Für öffentlich geförderte Maßnahmen, für die zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse in Anspruch genommen werden (z.B. aus dem Programm "Energieeffizient Sanieren" der KfW Bankengruppe), scheidet eine Steuerermäßigung aus.

Insgesamt gilt:
Der Haushalt des Steuerpflichtigen, in dem die entsprechende Leistung erbracht wird, muss sich im Inland, innerhalb der EU oder des EWR befinden. Zum inländischen Haushalt gehört auch eine vom Steuerpflichtigen tatsächlich eigengenutzte Zweit-, Wochenend- oder Ferienwohnung.

Da die Höchstbeträge der einzelnen Kategorien haushalts- und nicht personenbezogen gewährt werden, ist der jeweilige Höchstbetrag der Steuerermäßigung nur einmal pro Haushalt zu berücksichtigen.

Die Aufwendungen werden in dem Jahr berücksichtigt, in dem sie bezahlt wurden (sog. Zufluss-/ Abflussprinzip). Eine Rechnung aus Dezember 2011, die erst im Januar 2012 bezahlt wird, ist also erst in der Einkommensteuererklärung des Jahres 2012 berücksichtigungsfähig.

Wohnungseigentümer können die entsprechenden Aufwendungen in dem Jahr geltend machen, in dem die Jahresabrechnung im Rahmen der Eigentümerversammlung genehmigt worden ist. Entsprechendes gilt für die Nebenkostenabrechnungen der Mieter.

Über die Leistungen muss eine Rechnung ausgestellt werden und die Zahlung muss durch Überweisung erfolgen (unbare Zahlung).

Grundsätzlich kommt eine Gewährung der Steuerermäßigung für die Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse bzw. Dienstleistungen und für Handwerkerleistungen nur dann in Betracht, wenn diese nicht als Betriebsausgaben, Werbungskosten, außergewöhnliche Belastungen oder Kinderbetreuungskosten abgezogen werden konnten.

Für die Ermittlung der Höhe der entsprechenden Steuerermäßigungen sind die jeweiligen Aufwendungen im ersten Schritt einer der drei vorgenannten Kategorien zuzuordnen und im zweiten Schritt wird der Höchstbetrag der Steuerermäßigung ermittelt sowie von der tariflichen Einkommensteuer abgezogen. Aufgrund der unterschiedlichen Höhe der abzugsfähigen Höchstbeträge kommt der Zuordnung in eine der drei Kategorien besondere Bedeutung zu. Darüber hinaus stellt sich regelmäßig die Frage, ob die Aufwendungen dem Grunde nach als Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse bzw. Dienstleistungen und als Handwerkerleistungen qualifiziert werden können und dann zu einer entsprechenden Steuerermäßigung führen. Im Laufe der letzten Monate sind erneut verschiedene Urteile zu diesem Themenkreis ergangen, die wir im Folgenden nochmals für Sie zusammengefasst haben:

Frage der Abgrenzung von haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen So hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 06.05.2010 zur Abgrenzung von haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen Stellung genommen. Dabei entschied der BFH, dass jegliche Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, auch wenn es sich hierbei nur um einfache handwerkliche Verrichtungen, wie etwa regelmäßige Ausbesserungs- und Erhaltungsmaßnahmen, handelt als Handwerkerleistungen zu qualifizieren sind. Eine Zuordnung derartiger Aufwendungen zu den haushaltsnahen Dienstleistungen und somit die zusätzliche Beanspruchung des diesbezüglichen Ermäßigungsbetrags scheidet daher aus.

Frage der Mehrfachgewährung der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen für Ehegatten bei der Nutzung von mehreren Wohnungen Darüber hinaus hatte der BFH zu entscheiden, ob Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, jedoch mehrere Wohnungen nutzen, die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen für jede der Wohnungen in Anspruch nehmen können. Mit seinem Urteil vom 29.07.2010 entschied der BFH, dass sich für die mehrfache Inanspruchnahme der Steuerermäßigung im Gesetz keine Grundlage findet. Dem Gesetzeswortlaut folgend ergibt sich, dass die Handwerkerleistungen in einem inländischen Haushalt zu erbringen sind, woraus nicht geschlossen werden kann, dass bei einer tatsächlichen Nutzung mehrerer Wohnungen auch eine mehrfache Steuerermäßigung zu gewähren ist. Zusammenveranlagten Ehegatten wird danach die Steuerermäßigung nur einmal gewährt, ausschlaggebend ist allein die gemeinsame Wirtschaftsführung am Ort / den Orten der Leistungserbringung. Eine Benachteiligung von Ehegatten sieht der BFH ebenfalls nicht, da auch bei Ledigen, die zusammen zwei Wohnungen bewirtschaften, der Höchstbetrag ebenfalls nur einmal berücksichtigt werden kann.

Frage der Begünstigung von Rohrleitungsprüfungen Die Oberfinanzdirektion Münster weist in ihrer Verfügung vom 06.09.2010 darauf hin, dass die Aufwendungen für die Prüfung von Rohrleitungen für Schmutz- oder Niederschlagswasser, die Grundstückseigentümer in Nordrhein-Westfalen bis spätestens zum 31.12.2015 durchführen lassen müssen, keine begünstigten Kosten für Handwerkerleistungen darstellen. Hintergrund für diese Entscheidung ist, dass die Dichtheitsprüfung mit einer Gutachtertätigkeit vergleichbar ist und Gutachtertätigkeiten selbst nicht nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigt sind. Fallen jedoch infolge der Dichtheitsprüfung Reparaturmaßnahmen an den privaten Abwasserleitungen an, sind diese Aufwendungen als Handwerkerleistungen steuerbegünstigt.

Frage der Begünstigung von Maßnahmen, die vor Begründung des Haushaltes erbracht werden Das Finanzgericht (FG) Münster hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob Dienstleistungen, die vor dem Einzug in ein neu errichtetes Einfamilienhaus auf dem Grundstück erbracht wurden, haushaltsnahe Dienstleistungen darstellen. In dem dem Urteil des FG Münsters vom 21.05.2010 zugrunde liegenden Sachverhalts hatten Eigentümer eines Grundstückes geplant, das darauf stehende Gebäude abzureißen und mit einem neuen Gebäude zu bebauen, welches im Anschluss bewohnt werden sollte und auch wurde. Für bestimmte Gartenarbeiten/Abbrucharbeiten fielen bereits vor Abriss und Neubau des Gebäudes Aufwendungen an, welche die Eigentümer steuerlich berücksichtigen wollten. Das FG verneinte einen Ansatz, weil der Haushalt erst zu einem späteren Zeitpunkt auf das neue Grundstück verlegt wurde und somit die Leistungen zum damaligen Zeitpunkt nicht im Haushalt der Steuerpflichtigen erbracht wurden.

Frage der Begünstigung einer erstmaligen Gartengestaltung Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschied mit seinem Urteil vom 01.07.2010, dass es sich bei den Kosten für eine erstmalige Gartenanlegung durch ein Gartenbauunternehmen nicht um haushaltsnahe Dienstleistungen sondern um Handwerkerleistungen handelt. Nach Auffassung des FG waren diese Aufwendungen im Streitfall jedoch nicht berücksichtigungsfähig, da die Aufwendungen für die erstmalige Gartengestaltung im Zusammenhang mit der Errichtung einer neuen Stützmauer angefallen sind und dadurch jeweils „etwas Neues“ geschaffen wurde. Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind jedoch allein Renovierungs- Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten als Handwerkerleistungen steuerlich begünstigt. Die vom FG zugelassene Revision wurde eingelegt, sobald der Bundesfinanzhof zu dieser Problematik Stellung genommen hat, werden wir Sie entsprechend informieren.

Frage der Begünstigung von Gebühren für die Müllabfuhr Das Finanzgericht Köln entschied mit seinem Urteil vom 26.01.2011, dass Leistungen der Müllabfuhr nicht als "haushaltsnahe Dienstleistungen" angesetzt werden können, da sie außerhalb des Haushaltes erbracht werden. Entsorgungskosten sind jedoch dann abziehbar, wenn die Entsorgung lediglich als Nebenleistung einer begünstigten Hauptleistung zu werten ist (z.B. wenn der Gärtner auch das Schnittgut entsorgt). Eine ausführliche Urteilsbesprechung finden Sie hier.


Im Zusammenhang mit der Entsendung von Arbeitnehmern werden typischer Weise eine Vielzahl von Aufwendungen für Dienstleistungen und Handwerkerleistungen erbracht, für die – unter Erfüllung der dargestellten formalen Voraussetzungen – eine Steuerermäßigung im Rahmen der persönlichen Einkommensteuererklärung des Mitarbeiters in Anspruch genommen werden kann. Liegt der Entsendung eine Nettolohnvereinbarung zugrunde, hätte die reduzierte Einkommensteuerbelastung eine Minderung der Kosten der Entsendung für den Arbeitgeber zur Folge. Wir stehen Ihnen und Ihren entsandten Arbeitnehmern bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen und der Inanspruchnahme der Steuerermäßigung selbst gern zur Verfügung. Sprechen Sie uns an!

Fundstellen

BMF-Schreiben vom 15.02.2010, IV C 4 – S 2296-b/07/0003
BFH, Urteil vom 06.05.2010, VI R 4/09 
BFH, Urteil vom 29.07.2010, VI R 60/09 
OFD Münster, Verfügung vom 06.09.2010 – 020/2010
Finanzgericht Münster, Urteil vom 21.05.2010,14 K 1141/08 E 
Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01.07.2010, 4 K 2708/07; BFH, Urteil vom 13.07.2010, VI R 61/10, siehe Deloitte Tax-News
Finanzgericht Köln, Urteil vom 26.01.2011, 4 K 1483/10

Ansprechpartner

Peter Mosbach I Düsseldorf
Katrin Köhler I Düsseldorf

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