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22.06.2022
Steuerrecht

BMF: Neuregelung des Auslandstätigkeitserlasses mit Wirkung ab 2023

​Mit Schreiben vom 10.06.2022 hat das BMF seinen sog. Auslandstätigkeitserlass überarbeitet. Das neue Schreiben ersetzt das Schreiben vom 31.10.1983.

Hintergrund

Durch den sogenannten „Auslandstätigkeitserlass (ATE)“ (BMF-Schreiben vom 31.10.1983, BStBl. I 1983, S. 470) gewährt die deutsche Finanzverwaltung im Ausland tätigen Arbeitnehmern, die in einem inländischen Dienstverhältnis stehen, unter bestimmten Voraussetzungen eine Befreiung von der deutschen Einkommensteuer, soweit dies aus volkswirtschaftlicher Sicht sinnvoll erscheint. Neben dem exportorientierten Anlagenbau sind unter anderem auch Tätigkeiten im Rahmen des Aufsuchens oder der Gewinnung von Bodenschätzen sowie gewisse Tätigkeiten im Zusammenhang mit der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe begünstigt. Zu beachten ist außerdem, dass die begünstigte Tätigkeit für mindestens 3 Monate ununterbrochen in einem ausländischen Staat ausgeübt werden muss, mit dem Deutschland kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen hat.

Lange herrschte Unklarheit, ob der ATE nicht ersatzlos gestrichen wird. Bereits im Jahr 2013 hatte der EuGH (28.02.2013, C-544/11 Petersen, BStBl II 13 II, 847) einen Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit festgestellt, da der ATE lediglich gewisse Tätigkeiten, die im Rahmen eines inländischen Dienstverhältnisses im Ausland ausgeübt werden, steuerlich begünstigt. Zudem mehrten sich die Stimmen, die die Regelung insgesamt als antiquiert ansahen und in ihr außerdem einen Verstoß gegen die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sahen, soweit begünstigter Arbeitslohn insgesamt unversteuert blieb.

Mit Wirkung ab 2023 wurde der Auslandstätigkeitserlass nun neu verfasst (BMF-Schreiben vom 10.06.2022) und unter anderem an die diesbezüglich ergangene Rechtsprechung sowie der Kritik der vergangenen Jahre angepasst. Die aus unserer Sicht entscheidenden Änderungen stellen wir Ihnen in diesem Beitrag kurz vor.

Anforderung an das der begünstigten Tätigkeit zugrundeliegenden Dienstverhältnisses

Während der derzeit gültige ATE noch auf ein inländisches Dienstverhältnis abstellt, begünstigt der überarbeitete ATE nun auch ausdrücklich ausgewählte Tätigkeiten, soweit diese aufgrund eines Dienstverhältnisses mit einem in der EU/EWR ansässigen Arbeitgebers erbracht werden. Zu beachten ist hier, dass auch der bestehende Erlass im Rahmen eines europarechtskonformen Verwaltungshandelns bereits auf EU-/EWR Arbeitgeber anzuwenden sein wird (siehe auch OFD NRW 05.12.2013, S 2293 – St 152).

Begünstigte Tätigkeiten

  • Neu aufgenommen wurde die Auslandstätigkeit im Zusammenhang mit dem Einbau, der Aufstellung, der Instandsetzung oder Wartung sonstiger Wirtschaftsgüter (inkl. Militärflugzeuge und -fahrzeuge); soweit diese ausschließlich von EU-/EWR Arbeitgebern hergestellt oder instandgesetzt bzw. gewartet werden.
  • Weiterhin begünstigt sind die bereits ursprünglich enthaltenen Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Anlagenbau, dem Aufsuchen oder der Gewinnung von Bodenschätzen sowie der Beratung ausländischer Auftraggeber in diesen Feldern.
  • Tätigkeiten im Zusammenhang mit der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe im Rahmen der technischen und finanziellen Zusammenarbeit. Diese sind nunmehr ausdrücklich (auch/nur) dann begünstigt, wenn eine unmittelbare oder mittelbare Projektförderung aus inländischen öffentlichen Mitteln zu mindestens 75% gegeben ist. Diese prozentuale Hürde wurde von der Finanzverwaltung bereits regelmäßig in der Praxis für die Beurteilung, ob die Tätigkeit per se begünstigt sein soll, herangezogen, so dass es hier nun eine entsprechende Klarstellung gibt.

Ausdrücklich nicht begünstige Tätigkeiten

Nicht begünstigt sind nunmehr ausdrücklich Sanierungs-, Restaurierungs-, und Sicherungsarbeiten an Bauwerken ohne industrielle bzw. technische Nutzung. Neben den bereits im ursprünglichen Erlass erwähnten nicht begünstigten Tätigkeiten sind nunmehr außerdem die Produktion von Schiffen im Ausland sowie die Tätigkeit im Bereich der humanitären Hilfe explizit ausgenommen.

Dauer der begünstigten Tätigkeit

Die begünstige Tätigkeit muss weiterhin grundsätzlich mindestens drei Monate ununterbrochen im Ausland ausgeübt werden. Der neue Erlass stellt diesbezüglich aber klar, dass neben urlaubs- und krankheitsbedingten Unterbrechungen auch Freizeitblöcke (inkl. eingeschlossener Wochenenden und Feiertage) als unschädliche Unterbrechung einer begünstigten Auslandstätigkeit gelten.

Nichtanwendungsregelungen

  • Nach dem bisherigen Erlass findet dieser u.a. keine Anwendung, wenn der Arbeitslohn aus inländischen öffentlichen Kassen gezahlt wird. Ab 2023 soll der Begünstigungsausschluss nur noch insoweit gelten, wie diese Voraussetzungen vorliegen. Soweit entsprechende Entwicklungsprojekte also z.B. nicht ausschließlich aus Bundesmitteln, sondern im Rahmen einer Kofinanzierung z.B. auch aus EU-Mitteln finanziert werden, ist der im Zusammenhang mit solchen Projekten gezahlte Arbeitslohn insoweit steuerfrei, als das er aus EU-Mitteln stammt.
  • Weiterhin findet der ATE keine Anwendung, wenn die Tätigkeit in einem ausländischen Staat ausgeübt wird, mit dem Deutschland ein DBA abgeschlossen hat.
  • Der überarbeitete ATE sieht nunmehr außerdem vor, dass eine Steuerfreistellung nur dann gewährt wird, wenn der Arbeitslohn in dem ausländischen Staat, in dem die begünstigte Tätigkeit ausgeübt wird, auch tatsächlich besteuert wird. Die notwendige Mindestbesteuerung muss demnach 10% einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer betragen, um in den Anwendungsbereich des ATE zu gelangen.

Verfahrensrechtliches

  • Es gilt weiterhin, dass die Steuerbefreiung entweder vom Arbeitgeber (soweit dieser als inländischer Arbeitgeber zum Lohnsteuerabzug verpflichtet ist) im Lohnsteuerabzugsverfahren oder vom Arbeitnehmer bei seinem Wohnsitzfinanzamt geltend gemacht werden kann. Aufgrund der Neuregelung bezüglich der Mindestbesteuerung ist aber nunmehr für den Antrag einer notwendigen Freistellungsbescheinigung, bereits für den Lohnsteuerabzug eine entsprechende Versteuerung im Ausland glaubhaft zu machen. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ist diesbezüglich nunmehr ein Nachweis über die Höhe der tatsächlich im Ausland gezahlten Steuern nötig.
  • Klargestellt wurde auch, dass der Antrag auf Anwendung des ATE spätestens bis zum Eintritt der Bestandskraft des Steuerbescheides zu stellen ist. 

Betroffene Normen

​§ 34c Abs. 5 EStG

Fundstelle

 BMF, Schreiben vom 10.06.2022, IV C 5 - S - 2293/19/10012:001

​Bei Fragen zu diesem Newsletter oder bei allgemeinen Beratungsbedarf zu den Themen Rund um die Mitarbeiterentsendung steht Ihnen unser GES-Team gern zur Verfügung.

Ihr Ansprechpartner

Christian Röpke
Director

croepke@deloitte.de
Tel.: (040) 32080-4901

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