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28.09.2011
Steuerrecht

EGMR: Anhängige Beschwerden hinsichtlich der steuerfreien Kostenpauschale für Bundestagsabgeordnete

Abgeordnete des Bundestags erhalten – ohne Nachweis tatsächlicher Aufwendungen – eine Kostenpauschale in Höhe von ca. 30 % ihrer Gesamtbezüge, die nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei ist. Dagegen müssen „normale“ Steuerpflichtige ihre beruflich bzw. betrieblich bedingten Aufwendungen nach den allgemeinen steuerlichen Vorschriften nachweisen, um einen entsprechenden Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug beantragen zu können und damit ihre steuerpflichtigen Einnahmen zu reduzieren.

Diese unterschiedliche Behandlung war in der Vergangenheit strittig. Verfahren bei Finanzgerichten, dem Bundesfinanzhof und dem Bundesverfassungsgericht waren anhängig. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Beschluss vom 26.07.2010 die Beschwerde gegen die Privilegierung der Bundestagsabgeordneten abgelehnt, womit der Rechtsweg in Deutschland nunmehr ausgeschöpft ist.

Daher hat das Bundeministerium der Finanzen mit seinem Schreiben vom 29.10.2010 bekannt gegeben, dass eine vorläufige Steuerfestsetzung von Amts wegen in diesem Punkt nicht mehr vorgenommen wird, auch soll ein Ruhenlassen außergerichtlicher Rechtsbehelfe nicht mehr in Betracht kommen.

Jedoch sind beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) derzeit zwei Beschwerden zur Frage der Rechtmäßigkeit der steuerfreien Abgeordnetenpauschale anhängig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes sind die Bundesrepublik Deutschland, deren Gerichtsbarkeiten und Verwaltungsbehörden verpflichtet, die Rechtsprechung des EGMR zu berücksichtigen. Daher sind die anhängigen Beschwerden und die zu erwartenden Entscheidungen des EGMR für alle gleichgelagerten steuerlichen Fälle in Deutschland von Bedeutung.

Steuerpflichtige, die zur Wahrung ihrer Rechte und im Interesse der Gleichbehandlung ebenfalls einen pauschalen Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug vergleichbar dem der Abgeordneten anstreben, können Rechtschutz erwirken, indem sie Einspruch gegen ihren persönlichen Einkommensteuerbescheid einlegen und – aus Zweckmäßigkeitsgründen - gemäß § 363 Abs. 2 AO das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung über die Beschwerden durch den EGMR beantragen.

Ob das Ruhen des Verfahrens durch einen Einspruch erreicht werden kann, ist vor dem Hintergrund des o.g. BMF-Schreibens nicht sicher. Wir beraten Sie jedoch gerne im Hinblick auf die richtige Formulierung Ihres Einspruchs oder ggfs. auch über die Möglichkeit weiterführender Schritte, sollte der Verfahrensruhe gemäß § 363 Abs. 2 AO nicht stattgegeben werden.

Fundstellen

BMF, Schreiben vom 29.10.2010, IV A 3 - S 0338/07/10010
EGMR, Az. 7258/11 und 7227/11

Ihr Ansprechpartner

Peter Mosbach | Düsseldorf

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