BFH: Besteuerung einer Abfindung aus Frankreich
Mit Urteil vom 24.7.2013 hat der BFH die Auffassung des FG Rheinland-Pfalz bestätigt, dass das Besteuerungsrecht an der Abfindung Frankreich (als Tätigkeitsstaat) zusteht. Der BFH betont zwar, dass das Besteuerungsrecht für Abfindungen gem. OECD-MA grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat zustehe. Allerdings folge das DBA-Frankreich in diesem Punkt nicht dem OECD-MA. Nach dem Wortlaut des Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich stehe das Besteuerungsrecht an Abfindungen Frankreich zu, da für die Zuordnung auf den Ort der persönlichen Tätigkeit, „aus der die Einkünfte herrühren“, verwiesen wird.
BFH, Urteil vom 24.7.2013, I R 8/13, am 06.08.2014 amtlich veröffentlicht (zuvor nicht amtlich veröffentlicht)
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FG Rheinland-Pfalz (Vorinstanz):
Eine Abfindung, die ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer aus einer ehemaligen Tätigkeit in Frankreich erhält, kann nicht in Deutschland besteuert werden, da das Besteuerungsrecht Frankreich zugewiesen wird.
FG Rheinland-Pfalz:
Besteuerungsrecht für Abfindungen nach dem OECD-Musterabkommen
Abfindungen gehören grundsätzlich zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) soll eine Abfindung der finanziellen Überbrückung des (potenziell arbeitsfreien) Zeitraums nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dienen und den Arbeitnehmer für die mit der Beendigung des Dienstverhältnisses verbundenen Nachteile entschädigen.
Das Besteuerungsrecht steht daher nach ständiger Rechtsprechung des BFH ausschließlich dem abkommensrechtlichen Ansässigkeitsstaat im Zeitpunkt der Auszahlung zu. Dies gilt jedenfalls in den Fällen uneingeschränkt, in denen das jeweilige Doppelbesteuerungsabkommen für die Zuweisung des Besteuerungsrechts für Arbeitslohn dem OECD Musterabkommen entspricht und Deutschland mit dem anderen Staat keine sog. Konsultationsvereinbarung abgeschlossen hat.
Exkurs: Konsultationsvereinbarungen
Nach den jeweiligen nationalen Regelungen einiger Vertragsstaaten werden Abfindungen der Tätigkeit zugeordnet, die im Rahmen des früheren Arbeitsverhältnisses ausgeübt wurde; d.h. das Besteuerungsrecht für die Abfindungszahlung wird aus Sicht dieser Vertragsstaaten dem Staat zugeordnet, in dem die frühere Tätigkeit ausgeübt wurde.
Um diese gegensätzliche Betrachtungsweise und damit ggfs. das Generieren von sogenannten „weißen Einkünften“ zu vermeiden, wurden in jüngster Vergangenheit regelmäßig sog. Konsultationsvereinbarungen zwischen den betroffenen Vertragsstaaten geschlossen. Solche Vereinbarungen gibt es unter anderem im Verhältnis zu Belgien, Niederlande, Österreich, Schweiz und Großbritannien. Den Regelungsinhalt können Sie unseren Artikeln vom 31.03.2011 und vom 16.12.2011 entnehmen.
Besteuerungsrecht für Abfindungen nach dem DBA Frankreich
Eine abweichende bilaterale Regelung zur Bestimmung des Besteuerungsrechts für eine Abfindung findet sich nach Auffassung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (Urteil vom 29.05.2012) im mit Frankreich abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen. Danach können Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem die persönliche Tätigkeit, aus der die Einkünfte herrühren, ausgeübt wird. Das DBA weicht somit – nach Auffassung des FG – im Wortlaut entscheidungserheblich von dem des Musterabkommens der OECD ab.
Der im Inland steuerpflichtige und ansässige Kläger war als Geschäftsführer für eine französische Gesellschaft ausschließlich in Frankreich tätig. Nach Beendigung dieser Tätigkeit erhielt er eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes. Das FG stellte fest, dass die Abfindung vom französischen Arbeitgeber gezahlt wurde und insoweit aus dem Arbeitsverhältnis in Frankreich „herrühre“. Dem Wortlaut des DBAs Deutschland/Frankreich folgend stünde Deutschland somit kein Besteuerungsrecht zu. Ein ausschließliches Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats ist daher entgegen der vom BFH ergangenen ständigen Rechtsprechung zu DBA, welche dem Musterabkommen der OECD entsprechen, im Verhältnis zu Frankreich nicht einschlägig.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 24.7.2013, I R 8/13, am 06.08.2014 amtlich veröffentlicht
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.05.2012, 3 K 1500/09