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23.11.2011
Thema des Monats

Das Expat Tax Regime in den Niederlanden

Als steuerlicher Anreiz für internationale Mitarbeiterentsendungen können in den Niederlanden entsendebedingte Kosten durch den Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden. Des Weiteren wurde vor einigen Jahren die sogenannte 30%-Regel eingeführt. Unter Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen ist es aufgrund dieser Regelung möglich, für bestimmte Mitarbeiter mittels einer Zulage entsendebedingte Kosten, die dem Mitarbeiter dadurch entstehen, dass er vorrübergehend außerhalb seines Heimatlandes tätig ist, pauschal steuerfrei zu erstatten. Im Folgenden möchten wir Ihnen die Voraussetzungen für die Anwendung der sogenannten 30%-Regel erläutern.

Voraussetzungen (aktuelle Rechtslage)

Zur Anwendung der 30%-Regel müssen die folgenden Kriterien erfüllt sein:

  1. Der Mitarbeiter wird von einem niederländischen Unternehmen aus dem Ausland heraus in den Niederlanden angestellt oder zu einem niederländischen Arbeitgeber entsendet. 
  2. Der Arbeitslohn muss über eine niederländische Gehaltsabrechnung ausbezahlt bzw. versteuert werden.
  3. Der Mitarbeiter verfügt über Fähigkeiten, die auf dem niederländischen Arbeitsmarkt nicht oder nur sehr schwer zu finden sind. Hierbei sind folgende Kriterien zu prüfen:

    - Ausbildungsstand (mindestens Bachelor-Abschluss)
    - relevante Berufserfahrung für die Tätigkeit (mindestens 2,5 Jahre)
    - Höhe des niederländischen Gehaltes muss dem Gehalt im Heimatland entsprechen (mindestens 40.000 Euro pro Jahr)

    Praktisch bedeutet dies, dass ein Mitarbeiter eines Konzerns mit mindestens 2,5 Jahren Berufserfahrung bei einer Entsendung in die Niederlande regelmäßig über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen dürfte, insbesondere, wenn er der mittleren oder oberen Managementebene angehört.
  4. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen gemeinsam die 30%-Regel bei den Steuerbehörden in Heerlen beantragen. Sofern die Beantragung innerhalb der ersten vier Monate ab Tätigkeitsbeginn erfolgt, darf die 30%-Regel (auch rückwirkend) ab Tätigkeitsbeginn angewandt werden. Bei einer späteren Beantragung ist diese erst ab dem Folgemonat des Antrags anzuwenden. 
  5. Bei Gestaltung mittels der Kürzung des vereinbarten Arbeitslohnes (s.u.) muss eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber abgeschlossen werden.

Was sind „entsendebedingte Kosten“?

Entsendebedingte Kosten sind solche, die direkt durch die Tätigkeit in den Niederlanden entstehen. Eine nicht abschließende Übersicht der „entsendebedingten“ Kosten hat die niederländische Finanzverwaltung veröffentlicht:

- Kaufkraftzulage (Cost of Living Allowance)
- Kosten eines doppelten Haushaltes
- Kosten für Visum/Aufenthaltsgenehmigung
- Steuerberatungskosten
- Hotelkosten
- Kosten für Familienheimfahrten
- Sprachkurskosten

Diese können grundsätzlich in den Niederlanden steuerfrei erstattet werden.

Zu beachten ist jedoch, dass, soweit die 30%-Regel angewandt wird, die tatsächlich entstandenen Kosten nicht zusätzlich zur 30%-Zulage steuerfrei erstattbar sondern als steuerpflichtig zu berücksichtigen sind. Arbeitgeber sind daher verpflichtet, jährlich zu überprüfen, dass neben der 30%-Zulage entsendebedingte Kosten nicht zusätzlich steuerfrei erstattet werden. Hiervon ausgenommen sind Kosten für den Besuch der Kinder einer internationalen Schule; diese dürfen neben der 30%-Zulage steuerfrei erstattet werden.

Zu den entsendebedingten Kosten zählen nicht die üblichen Reisekosten (z.B. innerhalb der Niederlande oder auf Dienstreisen); diese sind im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten weiterhin steuerfrei erstattbar.

In welchen Formen kann die 30%-Zulage gewährt werden?

Es ergeben sich folgende Gestaltungsmöglichkeiten:

  1. Zum vereinbarten Arbeitslohn wird die Zulage zusätzlich gewährt 
  2. Der vereinbarte Arbeitslohn wird auf 70 % gekürzt und die Zulage zusätzlich gewährt (im Ergebnis wieder 100 %)

In der Praxis wird im Regelfall zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine Kürzung (2. Alternative) vereinbart. Die Ermittlung sieht dann wie folgt aus:

Bisher vereinbartes Gehalt:                          6.000 Euro (100 %)
Gekürztes, steuerpflichtiges Gehalt:           4.200 Euro (70 %)
Zulage:                                                              1.800 Euro (30 %)

Bei Gestaltung mittels Kürzung des bisher vereinbarten Arbeitslohnes ist dies im Arbeitsvertrag oder mittels einer zusätzlichen schriftlichen Vereinbarung zum Arbeitsvertrag zu dokumentieren.

Wie wird die 30%-Zulage ermittelt und wie werden die tatsächlichen Kosten berücksichtigt?

Ausgangspunkt ist der nach niederländischem Recht (lohn)steuerpflichtige Arbeitslohn zzgl. der 30%-Zulage. Mit anderen Worten: die 30%-Zulage entspricht 30/70 des steuerpflichtigen Arbeitslohnes.

Beispiel:
Gehalt:                                                                    100.000 Euro 
Tatsächliche entsendebedingte Kosten:          15.000 Euro

Sofern die 30%-Regel Anwendung findet, stellen die tatsächlichen entsendebedingten Kosten steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, so dass für die Berechnung der 30%-Zulage ein steuerpflichtiger Arbeitslohn von € 115.000 zugrunde zu legen ist. Somit wäre folgende Zulage steuerfrei erstattbar:

Gehalt, inkl. Kosten:         115.000 Euro (100 %)
Gekürztes Gehalt:               80.500 Euro (70 %)
Pauschale Zulage:             34.500 Euro (30 %)

Anhand dieses Beispiels wird die Anreizwirkung der 30%-Regel deutlich. Statt der tatsächlich entstandenen Kosten von 15.000 Euro ist eine steuerfreie Erstattung einer Zulage von 34.500 Euro möglich, denn, sofern die 30%-Regel keine Anwendung findet, sind lediglich die tatsächlich entstandenen entsendebedingten Kosten in Höhe von 15.000 Euro steuerfrei erstattbar.

Wie lange wird die 30%-Regel gewährt?

Die 30%-Regel wird nach derzeitiger Rechtslage für eine Dauer von 10 Jahren gewährt. Dieser Zeitraum verringert sich um die Zeiten, während denen sich der betreffende Mitarbeiter in den Niederlanden aufgehalten oder bereits eine Beschäftigung ausgeübt hat. Dabei reicht bereits ein Arbeitstag in einem Monat aus, um einen Monat Kürzung des 10-Jahreszeitraumes zu verursachen.

Hiervon gibt es folgende Ausnahmen:

  • Bisherige Aufenthalts- und Beschäftigungszeiten, die mehr als 15 Jahre vor der aktuellen Beschäftigung liegen, werden nicht mehr mitgezählt.
  • Bisherige Zeiten zwischen 15 und 10 Jahren vor der aktuellen Beschäftigung werden nicht mitgezählt, sofern der Mitarbeiter sich innerhalb der letzten 10 Jahre nicht in den Niederlanden aufgehalten hat oder tätig war. Bestimmte kurzfristige Aufenthalte im 10-Jahreszeitraum sind zudem unbeachtlich.

Weitere Konsequenzen

Arbeitnehmer, die der 30%-Regel unterliegen, können auf Antrag als nach niederländischem Recht beschränkt steuerpflichtig behandelt werden, also weitgehend nur mit Ihrem Arbeitslohn besteuert werden; Kapitaleinkünfte sind dann beispielsweise nicht steuerpflichtig.

Es ist zu beachten, dass bei Kürzung des bisherigen Arbeitslohnes auf 70 % zugleich auch die sozialversicherungspflichtige Bemessungsgrundlage auf 70 % gekürzt wird, so dass Sozialversicherungsbeiträge auf Basis des gekürzten Gehaltes geleistet werden. Praktisch relevant ist dies allerdings nur bis zu einem Arbeitslohn von 70.425 Euro, da die Beitragsbemessungsgrenze derzeit (2011) 49.297 Euro beträgt.

Praktisch wirkt sich diese Regelung bei deutschen Mitarbeitern in den Niederlanden dann nicht aus, wenn diese aufgrund einer A1-Bescheinigung in der deutschen Sozialversicherung verbleiben. Das sozialversicherungspflichtige Entgelt bemisst sich in diesen Fällen nach deutschen Vorschriften.

Geplante Änderungen

Ab Januar 2012 werden hinsichtlich der 30%-Regel voraussichtlich folgende Änderungen wirksam:

  • Ein Mindestarbeitslohn von 50.000 Euro (inkl. 30%-Zulage) soll eingeführt werden. Für Wissenschaftler an Hochschulen und ähnlichen Einrichtungen ist kein Mindestarbeitslohn erforderlich. Für Hochschulabsolventen mit Masterabschluss, die jünger als 30 Jahre sind, beträgt der Mindestarbeitslohn 38.007 Euro (inkl. 30%-Zulage). Unseres Erachtens dürfte dieser Mindestarbeitslohn keine größere Hürde darstellen, da das Gehalt bei Mitarbeiterentsendungen durch verschiedene Zulagen vermutlich regelmäßig dazu führt, dass der Mindestarbeitslohn überschritten wird.
  • Es ist weiterhin notwendig, dass der Arbeitgeber nachweisen muss, dass ein gleichwertiger Mitarbeiter auf dem niederländischen Arbeitsmarkt nicht oder nur sehr schwer zu finden ist. 
  • Die Gültigkeitsdauer wird auf acht Jahre reduziert, allerdings werden statt der bereits erwähnten 10 bis 15 Jahre nun die letzten 25 Jahre auf bisherige Aufenthalts- und Tätigkeitszeiträume geprüft und so ggf. eine Kürzung der Gültigkeitsdauer vorgenommen. 
  • Grenzpendler (insbesondere aus Belgien und Deutschland) werden von der 30%-Regel ausgenommen. Ein Ausschluss erfolgt dann, wenn der Mitarbeiter vor seinem Tätigkeitsbeginn in den Niederlanden in Deutschland weniger als 150 km von der niederländischen Grenze entfernt gelebt hat. Aufgrund dieser Neuerung wird eine Vielzahl an Mitarbeitern mit Wohnsitz in grenznahen Gebieten künftig nicht mehr von der 30%-Regel profitieren können. Es ist allerdings weiterhin möglich, dass für diese Mitarbeiter die tatsächlichen entsendebedingten Kosten steuerfrei erstattet werden. 
  • Mitarbeiter, denen die 30%-Regel bereits nach bisherigem Recht gewährt wurde, können diese – zumindest nach jetzigem Kenntnisstand - auch über das Jahr 2011 hinaus nach bisherigem („alten“) Recht weiterführen.

Bedeutung der 30%-Regel für die Besteuerung in Deutschland

Sollte ein in den Niederlanden tätiger Mitarbeiter in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sein, weil er während der Auslandstätigkeit den Wohnsitz in Deutschland beibehält, unterliegt er mit seinen im jeweiligen Kalenderjahr erzielten Einkünften in Deutschland auch weiterhin dem sog. Welteinkommensprinzip. Aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und den Niederlanden wird das niederländische Gehalt in der deutschen Einkommensteuererklärung regelmäßig steuerfrei sein, allerdings für die Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes herangezogen werden. Daher ist das niederländische Gehalt weiterhin in der deutschen Einkommensteuererklärung anzugeben. Regelmäßig werden hierzu entsprechende Gehaltsnachweise aus den Niederlanden vorliegen. Fraglich ist nun, ob das Gehalt auf Basis der bisher vereinbarten 100 % oder der gekürzten 70 % zu berücksichtigen ist.

Nach den Regelungen des Einkommensteuergesetzes sind die Einkünfte, die in einer deutschen Einkommensteuererklärung anzugeben sind, nach den Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln. Da das deutsche Recht die 30%-Regel nicht kennt, ist konsequenterweise von einem Gehalt von 100 % auszugehen. Es ist daher immer zu prüfen, ob ein Mitarbeiter der 30%-Regel unterliegt. Auskunft hierüber erhält man direkt aus den niederländischen Gehaltsinformationen (30%-Zulage als gesonderte Gehaltsposition) oder vom niederländischen Arbeitgeber.

Wir sind gerne bereit, Sie und ihre entsandten Arbeitnehmer bei der Prüfung der Voraussetzungen und Beantragung der 30%-Regelung in den Niederlanden zu unterstützen. Sprechen Sie uns an!

Ihr Ansprechpartner

Peter Mosbach I Düsseldorf

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