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25.08.2010
Thema des Monats

Geänderte Rechtsprechung des BFH zur Aufteilung von gemischt veranlassten Aufwendungen

In den letzten Monaten hatte der Bundesfinanzhof (BFH) mehrfach über die Aufteilung von gemischt veranlassten Aufwendungen, z.B. für Fortbildungsreisen, zu entscheiden. Hintergrund für die vor dem BFH geführten Klageverfahren war, dass Aufwendungen, die sowohl beruflich als auch privat veranlasste Teile enthalten, nach den allgemeinen steuerlichen Regelungen nicht aufgeteilt werden durften und somit der beruflich veranlasste Kostenanteil steuerlich nicht berücksichtigungsfähig war. Diese Vorgehensweise entsprach auch überwiegend der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.

Mit Beschluss vom 21.09.2009 hat der Große Senat des BFH nunmehr entschieden, dass gemischt veranlasste Reisen grundsätzlich in abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben und privat veranlasste nicht abziehbare Aufwendungen aufgeteilt werden können, nämlich dann, wenn die beruflichen Anteile der Reise feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Damit hat der Große Senat des BFH die bisherige Rechtsprechung zum allgemeinen Aufteilungs- und Abzugsverbot für gemischt veranlasste Aufwendungen aufgegeben. Darüber hinaus hat der BFH mit zwei weiteren Urteilen vom 21.04.2010 seine geänderte Rechtsprechung zu gemischt veranlassten Aufwendungen fortgesetzt und dabei wie folgt entschieden:

Die privat getragenen Kosten der Teilnahme einer Englischlehrerin an einer Fortbildungsreise für Englischlehrer nach Dublin, die neben beruflichen bzw. fachlichen auch private Inhalte umfasst, können ganz oder zumindest teilweise als Werbungskosten zu berücksichtigen sein und zwar dann, wenn die beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge objektiv voneinander abgegrenzt werden können. Als Aufteilungsmaßstab kommt dabei insbesondere das Verhältnis der beruflich und der privat veranlassten Zeitanteile in Betracht.
Da das Finanzgericht im vorinstanzlichen Verfahren dazu keine hinreichenden Feststellungen getroffen hatte, verwies der BFH das Verfahren entsprechend an das Finanzgericht zurück.

Die von einem Arzt durchgeführte Fortbildungsreise an den Gardasee zur Erlangung der Zusatzbezeichnung „Sportmedizin“, die neben theoretischem auch sportpraktischen Unterricht beinhaltete, kann entsprechend der privaten Zeitanteile und der beruflichen Zeitanteile aufgeteilt werden. Der private Anteil der war im vorliegenden Fall mit 50% anzunehmen, der Zeitanteil, der auf den sportpraktischen Teil der Veranstaltung fiel, da dieser regelmäßig als Ausübung von Freizeitsport zu qualifizieren ist und damit als privat veranlasst gilt. Der 50%ige berufliche Anteil der Fortbildungsreise für die sportmedizinische Ausbildung war daher als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat auf die geänderte Rechtsprechung des BFH reagiert und am 06.07.2010 ein entsprechendes Anwendungsschreiben erlassen. Das BMF folgt der Rechtsprechung des BFH und grenzt mit dem Schreiben zum einen rein privat veranlasste und gemischt veranlasste Aufwendungen voneinander ab und gibt anhand von Beispielen Hinweise, wie gemischt veranlasste Aufwendungen entsprechend der beruflichen und privaten Veranlassung aufgeteilt werden können.

Dass die geänderte Rechtsprechung des BFH und die damit einhergehende geänderte steuerliche Beurteilung von gemischt veranlassten Reisen auch für international entsendete Mitarbeiter relevant sein kann, soll anhand der folgenden Beispiele erläutert werden:

Beispiel 1:
Arbeitnehmer Max, der von den USA nach Deutschland entsandt wurde, nimmt für fünf Tage in seinem Heimatland USA an einer dienstlichen Konferenz teil. Seine Familie nutzt diesen Anlass für einen zehntägigen Heimatbesuch in den USA, Max selbst wird noch 5 Tage nach Beendigung der Konferenz zusammen mit seiner Familie in den USA verbringen. Alle fliegen zusammen in die USA und später wieder zurück nach Deutschland. Bezüglich der Konferenz übernachtet Max auswärts in einem Hotel und nutzt für die Fahrten zur Konferenz einen Mietwagen.

Soweit die Kosten unmittelbar mit der Konferenz zusammenhängen (Hotel, Mietwagen), sind diese als beruflich veranlasste Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig. Soweit die Kosten privat veranlasst sind, scheidet jedoch ein Werbungskostenabzug aus. Dies gilt insbesondere für die Flugkosten der Familie selbst. Eine berufliche Veranlassung liegt insoweit nicht vor. Hinsichtlich Max‘ Flugkosten ist nun zu prüfen, ob eine sachliche Aufteilung der (gemischt veranlassten) Kosten in privat veranlasste und beruflich veranlasste Kosten möglich ist. Der neuen BFH-Rechtsprechung folgend ist hier eine zeitanteilige Aufteilung der Kosten sachgerecht. Max‘ Flugkosten sind hier somit zu 50% (fünf Tage beruflicher Aufenthalt von insgesamt zehn Reisetagen) steuerlich als Werbungskosten abzugsfähig.

Beispiel 2:
Max nimmt nicht nur an der Konferenz teil, sondern ist selbst Mitveranstalter dieser Konferenz.

Nach dem o.g. BMF-Schreiben ist hier die private Mitveranlassung der Reise von untergeordneter Bedeutung, da der Reise ein eindeutiger unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt. Infolgedessen sind die Flugkosten für Max vollständig abzugsfähig. Die Flugkosten der Familie sind hingegen weiterhin ausschließlich privat veranlasst und damit nicht als Werbungskosten abzugsfähig.

Beispiel 3:
Max besucht während des zweiwöchigen Familienurlaubes in den USA an einem Tag eine Konferenz. Die direkt mit der Konferenz zusammenhängenden Aufwendungen (z.B. Teilnahmegebühren, Fahrtkosten) sind als Werbungskosten abzugsfähig. Hinsichtlich der Flugkosten ist eine Aufteilung in einen privat und einen beruflich veranlassten Teil nicht möglich, da die berufliche Veranlassung (ein Tag von insgesamt 14 Tagen) von untergeordneter Bedeutung ist.

Zu berücksichtigen bleibt, dass sofern Max‘ Arbeitgeber die direkt mit der Konferenzteilnahme im Zusammenhang stehenden Kosten sowie die Kosten der Flüge vollständig übernimmt bzw. erstattet, ist eine steuerfreie Übernahme/Erstattung der Kosten lediglich in dem Umfang zulässig, wie Max die Kosten selbst als Werbungskosten geltend machen könnte.

Die durch den BFH entschiedenen Fälle und die im Anwendungsschreiben des BMF dargestellten Beispiele lassen erkennen, dass die Aufteilung der Aufwendungen von gemischt veranlassten Reisen regelmäßig anhand objektiver Kriterien möglich ist. Die beruflich veranlassten Teile dieser Aufwendungen genießen dann aufgrund des Werbungskostenabzuges oder auch der steuerfreien Erstattung durch den Arbeitgeber eine bevorzugte steuerliche Behandlung. In der Praxis kann sich jedoch die Aufteilung der Aufwendungen für solche gemischt veranlassten Reisen als schwierig gestalten. Sollten Ihnen bzw. Ihren entsandten Arbeitnehmer gemischt veranlasste Aufwendungen entstehen, unterstützen wir Sie gern bei der steuerlichen Beurteilung dieser Kosten, insbesondere bei der Identifizierung möglicher objektiver Aufteilungskriterien. Sprechen Sie uns an!

Weitere Beiträge

Detaillierte Besprechungen zu den zitierten Urteilen und Schreiben finden Sie hier: 

Großer Senat vom 21.09.2009, siehe Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News
BFH-Urteile vom 21.04.2010, siehe Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News
BMF-Schreiben vom 06.07.2010, siehe Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News

Ansprechpartner

Peter Mosbach | Düsseldorf
Katrin Köhler | Düsseldorf

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