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25.04.2017
Steuerrecht

BFH: Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung – Neuer Ansatz bei der Berechnung der Opfergrenze

Sachverhalt

Greifen Sie Angehörigen finanziell unter die Arme, können Sie Ihre Leistungen für deren gewöhnlichen Unterhalt pro Jahr bis zu einem Höchstbetrag steuerlich als außergewöhnliche Belastungen absetzen.

Dabei muss die unterstützte Person gegenüber dem Steuerpflichtigen nach deutschem Recht unterhaltsberechtigt sein. Die Unterhaltsberechtigung gilt für Verwandte in gerader Linie sowie für eingetragene Lebenspartner. Ferner muss der Unterhaltsberechtigte bedürftig sein, er muss also außerstande sein, sich selbst zu unterhalten und darf einer Erwerbspflicht nicht nachkommen können (sog. Erwerbsobliegenheit). Daneben darf weder der Steuerpflichtige noch ein anderer für die unterhaltende Person einen Anspruch auf Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag haben.

Nach § 1603 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, den Unterhalt zu gewähren. Dabei können die Unterhaltsleistungen nur dann als zwangsläufig und damit als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden, wenn sie in einem angemessen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen und diesem nach Abzug der Unterhaltsleistungen noch die angemessenen Mittel zur Bestreitung des Lebensbedarfs verbleiben.

Die Opfergrenzenregelung kommt nicht zur Anwendung bei:

• Unterhaltsaufwendungen an den (geschiedenen) Ehegatten sowie
• einer bestehenden Haushaltsgemeinschaft mit der unterhaltenen Person.

Bei der Ermittlung der Unterhaltsaufwendungen ist der Unterhaltshöchstbetrag um die eigenen Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsempfängers, die über 624 Euro hinausgehen, und um als Zuschüsse gewährte Ausbildungshilfen aus öffentlichen Mitteln, zu kürzen.

Die so ermittelten Unterhaltsaufwendungen sind insoweit als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, als sie einen bestimmten Prozentsatz des verfügbaren Nettoeinkommens nicht übersteigen (sog. Opfergrenze).

Zum Nettoeinkommen gehören alle steuerpflichtigen Einnahmen abzüglich Werbungskosten und Sparer-Pauschbetrag, alle steuerfreien Einnahmen sowie Steuererstattungen abzüglich Verlusten, wie z. B. aus privaten Veräußerungsgeschäften. Abgezogen werden auch Lohn- und Kirchensteuer, Abgeltungssteuer, Solidaritätszuschlag und die gesetzlichen Sozialabgaben. Für die Ermittlung des Nettoeinkommens für Selbständige gelten ergänzende Regelungen.

Die Opfergrenze beträgt 1 % je volle 500 Euro des Nettoeinkommens; bei Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartnern des gemeinsamen Nettoeinkommens, höchstens jedoch 50 % des Nettoeinkommens. Der so ermittelte Prozentsatz verringert sich um jeweils 5 %-Punkte für den Ehe- bzw. Lebenspartner und jedes Kind, für das ein Anspruch auf Kindergeld oder der Freibetrag für Kinder besteht, höchstens jedoch um 25 %-Punkte.

Im Streitjahr hat der Kläger zwei Kinder. Eines, für das er einen ganzjährigen Anspruch auf Kindergeld hat und eines, für das er nicht einen ganzjährigen Anspruch auf Kindergeld hat. Die ermittelten Unterhaltsleistungen betragen insgesamt rd. 16.000 Euro. Das Nettoeinkommen beträgt rd. 24.200 Euro.

1 % je volle 500 Euro sind ca. 48 %; abzüglich je 5 % für zwei unterhaltsberechtigte Kinder (insgesamt 10 %).

Die Opfergrenze beträgt somit 38 %, weshalb das Finanzamt von den Unterhaltszahlungen in Höhe von insgesamt rd. 16.000 Euro nach Anwendung der Opfergrenze nur rd. 9.200 Euro zum Abzug zuließ (38 % des Nettoeinkommens i. H. v. rd. 24.200 Euro).

Strittig war, ob bei der Berechnung der Opfergrenze eine monatsbezogene Betrachtungsweise anzuwenden ist, wenn der Steuerpflichtige für ein Kind nicht ganzjährig Anspruch auf Kindergeld hat.

Entscheidung

Das Finanzamt hat die Opfergrenze insofern fehlerhaft berechnet, als dass das verfügbare Nettoeinkommen nicht pauschal um 5 % im Jahr für jedes Kind, sondern nur insoweit zu kürzen ist, als der Steuerpflichtige Anspruch auf Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG, Kindergeld oder eine andere Leistung für Kinder hat. Das Nettoeinkommen des Klägers war bei der Berechnung der Opfergrenze wegen seines Kindes, das nur in der Zeit von Oktober bis Dezember kindergeldberechtigt ist, nicht um 5 %-Punkte, sondern nur um 1,25 %-Punkte (5 % × 3/12) zu kürzen.

1 % je volle 500 Euro sind ca. 48 %; abzüglich 5 % für ein ganzjährig unterhaltsberechtigtes Kind und 1,25 %-Punkte für ein nicht ganzjährig unterhaltsberechtigtes Kind (5 % zzgl. 1,25 %; insgesamt 6,25 %).

Die Opfergrenze beträgt somit 41,75 %, weshalb von den Unterhaltszahlungen in Höhe von insgesamt rd. 16.000 Euro nach Anwendung der Opfergrenze rd.10.100 Euro zum Abzug zuzulassen sind (41,75 % des Nettoeinkommens i. H. v. rd. 24.200 Euro).

Betroffene Norm

§ 33a Abs. 1 bis 3 EStG
§ 32 Abs. 6 EStG
§ 65 EStG
§ 2 Abs. 7 Nr. 1 EStG
R 33a.1 Abs. 4 EStR
H 33a.1 [Opfergrenze] EStH

Vorinstanz

Finanzgericht Saarland, Urteil vom 05.04.2016, 2 K 1213/13.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 14.12.2016, VI R 15/16.

Weitere Fundstellen

BMF, Schreiben vom 07.06.2010, IV C 4 - S 2285/07/0006 :001, BStBl 2010 I RZ 9 – 11 und 588, RZ 34.

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