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20.08.2014
Steuerrecht

BFH ändert Rechtsprechung zur Bewertung von geldwerten Vorteilen aus verbilligtem Erwerb von Aktien

Mit seiner Entscheidung vom 07.05.2014 (VI R 73/12) bestätigt der BFH seine ständige Rechtsprechung, wonach ein geldwerter Vorteil aus dem verbilligten Erwerb von Aktien erst mit Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht zufließt. Jedoch korrigiert er seine bisherige Rechtsauffassung hinsichtlich des maßgeblichen Bewertungszeitpunkts.

Sachverhalt
Mit seinem Urteil vom 07.05.2014 hatte der Bundesfinanzhof (BFH) ein weiteres Mal zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein geldwerter Vorteil aus dem verbilligten Erwerb von Aktien Arbeitslohn darstellt und wann dieser zufließt.

Hintergrund
In Übereinstimmung mit seiner ständigen Rechtsprechung bestätig der BFH, dass der verbilligte Erwerb von Aktien zu Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit führt, wenn der Vorteil durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist, also sich im weitesten Sinne als eine Gegenleistung für das zur Verfügung stellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist.

Der BFH bestätigt ferner, dass ein Zufluss dieses geldwerten Vorteils erst dann erfolgt, wenn der Arbeitnehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Aktien erlangt. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Aktien in das Wertpapierdepot des Arbeitnehmers eingebucht werden.

Allerdings entscheidet der BFH erstmals und abweichend von seiner bisherigen Rechtsprechung, dass für die Bewertung des geldwerten Vorteils und somit für die Frage, ob und inwieweit eine Verbilligung vorliegt nicht der Zeitpunkt des Zuflusses (also regelmäßig die Einbuchung der Aktien in das Depot des Arbeitnehmers) maßgeblich ist, sondern vielmehr die Wertverhältnisse bei Abschluss des für beide Seiten verbindlichen Veräußerungsgeschäfts. Denn positive wie negative Wertveränderungen zwischen dem schuldrechtlichen Veräußerungs- und dem dinglichen Erfüllungsgeschäft werden – so der BFH weiter – nicht mehr durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst, sondern vielmehr durch den Markt vermittelt. Sie sind daher bei Zufluss der Aktien der nicht steuerbaren Vermögenssphäre zuzuordnen. Es kommt somit zu einem Auseinanderfallen von steuerlichem Zufluss- und maßgeblichen Bewertungszeitpunkt.

Die mit diesem Urteil aufgestellten Bewertungsgrundsätze stellen unseres Erachtens für die steuerliche Administration von Arbeitnehmeraktienplänen eine deutliche Vereinfachung dar, da nicht mehr ermittelt werden muss, wann der Arbeitnehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Aktien erlangt, sondern schlicht auf den Tag des verbindlichen Veräußerungsgeschäft abgestellt werden kann. Überträgt man die hier vom BFH aufgestellten Grundsätze auf klassische Arbeitnehmeraktienoptionen, so bedeutet dies, dass unseres Erachtens nunmehr für die Bewertung des geldwerten Vorteils auf den Tag der Ausübung der Option (als Tag des rechtsverbindliches Verpflichtungsgeschäft) abzustellen ist. Auch muss nach diesen neuen Bewertungsgrundsätzen unsere Erachtens keine Unterscheidung mehr nach der jeweiligen Ausübungsvariante („Exercise-and-Sell“, „Exercise-and-Hold“, „Exercise-to-Cover“) erfolgen, sondern es kann unseres Erachtens bei jeder Ausübungsvariante auf den Tag der Ausübung der Option abgestellt werden.

Eine Veröffentlichung des Urteils im Bundessteuerblatt oder anderweitige Stellungnahme der Finanzverwaltung erfolgte bisher nicht. Es ist daher noch fraglich, ob die Finanzverwaltung das Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus anwenden wird. Sollten Sie zukünftig für lohnsteuerliche Zwecke diese neuen Grundsätze anwenden wollen, empfehlen wir Ihnen daher, dies mit der Finanzverwaltung im Rahmen einer lohnsteuerlichen Anrufungsauskunft abzustimmen. Sollten Sie an der bisherigen Bewertung zum Zeitpunkt des Zuflusses festhalten, so können die Arbeitnehmer nichtsdestotrotz im Rahmen Ihrer Einkommensteuererklärung unter Bezugnahme auf das Urteil des BFH beantragen, eine Bewertung des geldwerten Vorteils auf Grundlage der Wertverhältnisse zum Zeitpunkt des rechtsverbindlichen Veräußerungsgeschäfts vorzunehmen, sofern dies im Einzelfall zu einem günstigeren Ergebnis führt.
 

Fundstelle

BFH, Urteil vom 07.05.2014, VI R 73/12

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