In unserem Artikel „Thema des Monats“ vom 28.10.2010 hatten wir bereits ausführlich über die Problematik der einkommensteuerlichen Behandlung von Berufsausbildungskosten berichtet. Dabei hatten wir Ihnen dargestellt, unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für berufsbezogene Bildungsmaßnahmen als Werbungskosten (Fortbildungskosten) grundsätzlich in voller Höhe und welche Aufwendungen als Ausbildungskosten lediglich begrenzt als Sonderausgaben abzugsfähig sind.
Mit drei gleichlautenden Urteilen vom 28.07.2011 hat der Bundesfinanzhof (BFH) nunmehr entschieden, dass Kosten eines Erststudiums bzw. einer Erstausbildung als (vorweggenommene) Werbungskosten abziehbar sein können und zwar auch dann, wenn der Steuerpflichtige diese Berufsausbildung unmittelbar im Anschluss an seine Schulausbildung aufgenommen hatte.
Bisher war ein Abzug solcher Aufwendungen nur im Rahmen des Sonderausgabenabzugs und damit lediglich beschränkt bis zu einem Betrag von 4.000 Euro pro Kalenderjahr möglich. Sonderausgaben dürfen nur in dem Jahr (Veranlagungszeitraum) abgezogen werden, in dem sie geleistet wurden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Sonderausgaben nicht zu negativen Einkünften führen. Erzielen Studenten bzw. Auszubildende in den entsprechenden Veranlagungszeiträumen keine ausreichend hohen Einkünfte, entfalten die Ausbildungskosten keine steuerliche Wirkung, d.h. der Sonderausgabenabzug geht „ins Leere“.
Sind diese Aufwendungen hingegen als Werbungskosten abzugsfähig, könnten diese in voller Höhe abgezogen werden. Für Werbungskosten gilt dabei, dass diese, sollten sie die im Kalenderjahr erzielten Einnahmen übersteigen, zu negativen Einkünften (Verlust) führen. Diese negativen Einkünfte können mittels Bescheid gesondert festgestellt werden und in den vorangegangenen Veranlagungszeitraum zurück- bzw. in zukünftige Veranlagungszeiträume vorgetragen werden.
Als Begründung für die o.a. Urteile führte der BFH aus, dass Werbungskosten alle Aufwendungen sind, die der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen dienen und die durch die Ausübung der beruflichen Tätigkeit entstehen. Darüber hinaus müssen sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftig steuerbaren Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit stehen. Das ist bei Aufwendungen zur Vorbereitung einer beruflichen Tätigkeit in der Regel stets gegeben. Werbungskosten können sein: Aufwendungen für Kurse, Lehrgänge, Tagungen, Fahrtkosten zur Ausbildungsstätte sowie Studien- und Prüfungsgebühren. Ferner zählen hierzu die Kosten für Lernmaterialien, Fachbücher oder Kopien. Abschreibungen können sich auf Arbeitsmittel wie beispielsweise für einen Laptop ergeben. Aufwendungen, die durch die allgemeine Lebensführung bedingt sind, rechnen hingegen nicht zu den Werbungskosten.
Die für Steuerpflichtige positive Rechtsprechung des BFH soll bereits durch das Beitreibungsrichtline-Umsetzungsgesetzes rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 entsprechend der vom Gesetzgeber gewollten Rechtslage aufgehoben werden. Hierzu soll in den §§ 4 und 9 EStG klarstellend geregelt werden, dass der Abzug von Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind. Zugleich soll der Höchstbetrag für den steuerlichen Abzug der Kosten als Sonderausgaben von 4.000 Euro auf 6.000 Euro erhöht werden.
Der Bundestag hat dem Entwurf am 27.10.2011 mehrheitlich zugestimmt. Voraussichtlich am 25.11.2011 wird die abschließende Beratung im Bundesrat dazu stattfinden.
Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz
BFH, Urteil vom 28.07.2011, VI R 5/10
BFH, Urteil vom 28.07.2011, VI R 38/10
BFH, Urteil vom 28.07.2011, VI R 7/10
BFH: Kosten für Erststudium und Erstausbildung steuerlich absetzbar Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz: Verabschiedung durch Bundestag
Peter Mosbach I Düsseldorf
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