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14.10.2011
Steuerrecht

BFH: Zuflusszeitpunkt verbilligter Arbeitnehmeraktien

Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses verbilligte Aktien der (Mutter-)Gesellschaft des Arbeitgebers, stellt der gewährte Vorteil der verbilligten Aktienüberlassung eine Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit dar (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG).

Soweit Arbeitnehmer (steuerpflichtigen) Arbeitslohn erhalten, hat der inländische Arbeitgeber auf diese Vergütungen Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und ggfs. auch Kirchensteuer einzubehalten, wobei der Lohnsteuerabzug den Zufluss des Arbeitslohnes voraussetzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) fließt einem Arbeitnehmer der geldwerter Vorteil bei handelbaren und nicht handelbaren Optionsrechten grundsätzlich erst dann zu, wenn die Aktien unentgeltlich oder verbilligt in das wirtschaftliche Eigentum des Arbeitnehmers gelangen.

Der BFH hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob einem Arbeitnehmer der geldwerte Vorteil aus der vom Arbeitgeber verbilligt überlassenen Aktien der Muttergesellschaft im entsprechenden Streitjahr bereits zugeflossen war, obwohl diese Aktien weder handelbar, lieferbar noch beleihbar waren.

Der BFH konnte aufgrund fehlender vorinstanzlicher Tatsachenfeststellungen im Streitfall kein abschließendes Urteil zu der Frage treffen, ob dem betroffenen Arbeitnehmer im Streitjahr der geldwerte Vorteil aus der Optionsgewährung bereits zugeflossen war und verwies daher das Verfahren zur Nachholung der notwendigen Feststellungen zurück an das Finanzgericht.

Jedoch führte der BFH in seinen Entscheidungsgründen aus, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung allein das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbeiführe. Ein Vorteil fließt einem Arbeitnehmer erst mit der Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht darüber zu. Bei einem verbilligten oder unentgeltlichen Aktienerwerb bedeutet dies, dass Zuflusszeitpunkt des geldwerten Vorteils der Zeitpunkt ist, zu dem der Anspruch auf Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien erfüllt wird. Einem Zufluss steht dabei nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer aufgrund einer Sperr- oder Haltefrist die Aktien für einen bestimmten Zeitraum nicht veräußern kann. Grund hierfür ist, dass der Arbeitnehmer rechtlich und wirtschaftlich bereits dann Inhaber der Aktien ist, wenn diese auf ihn übertragen oder auf seinen Namen im Depot einer Bank hinterlegt worden sind. Eine obligatorische Veräußerungssperre hindert den Arbeitnehmer grundsätzlich nicht, die Aktien zu veräußern; eine Veräußerung ist nämlich rein rechtlich möglich, wenngleich sie für den Arbeitnehmer Sanktionen auslösen kann. Wegen des im Aktienrecht geltenden Grundsatzes zur freien Übertragbarkeit der Aktie wäre jede Einschränkung, die über die schuldrechtliche Wirkung hinausgeht, grundsätzlich unwirksam.

Darüber hinaus führt der BFH in seinen Gründen zu dieser Entscheidung jedoch aus, dass Aktien solange als nicht zugeflossen gelten, solange dem Arbeitnehmer eine Verfügung über die Aktien rechtlich unmöglich ist. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die Übertragung der Aktien in ihrer Wirksamkeit von der Zustimmung der Gesellschaft abhängt (§ 68 Abs. 2 AktG).

Folglich kann nach den vorgenannten Grundsätzen des BFH einem Arbeitnehmer kein geldwerter Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Aktien der (Mutter-)Gesellschaft des Arbeitgebers zugerechnet und einer Lohnversteuerung zugeführt werden, solange dem Arbeitnehmer eine Verfügung über die Aktien rechtlich nicht möglich ist, da er in diesem Fall keine wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Aktien erlangt hat.

Fundstelle

Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.06.2011, VI R 37/09 
Eine detaillierte Besprechung dieses BFH-Urteils finden Sie hier

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Peter Mosbach I Düsseldorf

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