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21.09.2016
Steuerrecht

BMF: Berichtigung von unrichtigen Steuererklärungen – Anwendungserlass zu § 153 AO

Hintergrund

Die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen birgt für die Steuerpflichtigen ein strafrechtliches Risiko. Fehler, die bei der Erstellung von Steuererklärungen unterlaufen, sollen allerdings nur dann vorwerfbar sein, wenn sie vorsätzlich oder leichtfertig begangen werden. Der Grat zwischen einem bloßen Fehler und einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit ist schmal.

Mit Hinblick auf die Entwicklungen und Verschärfungen der strafbefreienden Selbstanzeige stellte sich die praxisrelevante Frage, wie der Bereich der Berichtigung nach § 153 AO zum dem der Selbstanzeige nach § 371 AO abzugrenzen ist. Klarheit schafft die Finanzverwaltung mit der Veröffentlichung des Anwendungserlass zu § 153 AO (IV A 3 – S 0324/15/10001). Daneben werden erstmals allgemeine Erläuterungen zum Inhalt des § 153 AO in den AEAO aufgenommen.

Verwaltungsanweisung

Abgrenzung der Anzeige- und Berichtigungspflicht von einer Selbstanzeige

Erkennt ein Steuerpflichtiger nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist, dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Steuererklärung unrichtig oder unvollständig ist und es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist, ist er nach § 153 AO verpflichtet, dies der Finanzbehörde unverzüglich anzuzeigen und die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen.

Die Steuererklärung muss im Zeitpunkt ihrer Abgabe objektiv unrichtig oder unvollständig sein, also nicht alle steuerlich erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen, so dass es hierdurch zu einer Steuerverkürzung kommt oder kommen kann. Wichtigstes Abgrenzungsmerkmal zur Steuerhinterziehung bzw. leichtfertigen Steuerverkürzung ist, dass dem Steuerpflichtigen weder Vorsatz noch Leichtfertigkeit vorzuwerfen ist. Der Steuerpflichtige muss den Fehler tatsächlich erkennen. Bloßes Erkennen-Können oder Erkennen-Müssen reichen nicht aus (zu weiteren Ausführungen und Abgrenzung im Detail siehe Deloitte Tax-News).

Bei nachträglichen Wegfall der Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung, Steuerermäßigung oder sonstigen Steuervergünstigen trifft den Steuerpflichtigen eine Anzeigepflicht.

Spezialgesetzliche Anzeigepflichten haben hingegen Vorrang vor § 153 AO. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Vorschriften über die Anzeige nach § 68 EStG, wonach der Steuerpflichtige bei Kindergeldbezug der zuständigen Familienkasse Änderungen in den Verhältnissen anzuzeigen hat (z. B. Umzug in das Ausland) sowie § 39 EStG für Arbeitnehmer, die Änderungen betreffend einer ungünstigeren Steuerklasse oder der Minderung der Kinderfreibeträge dem Finanzamt mitzuteilen haben.

Umfang der Anzeige- und Berichtigungspflicht

Der Anwendungserlass stellt nunmehr klar, dass sich die Anzeige- und Berichtigungspflicht nicht nur auf Steuererklärungen beschränkt, sondern vielmehr auf alle Erklärungen des Steuerpflichtigen. Erfasst werden demnach bspw. auch Änderungsanträge und Anträge auf Festsetzung bzw. Herabsetzung von Vorauszahlungen. Diese Verpflichtung greift allerdings nur dann, wenn bei erstmaligen Antrag auf Festsetzung vor Vorauszahlungen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht wurden. Der Steuerpflichtige ist nicht verpflichtet, unaufgefordert Angaben zur Erhöhung festgesetzter Vorauszahlungen zu machen, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen erst nach dem Antrag auf Herabsetzung von Vorauszahlungen geändert haben.

Von Bedeutung ist der Anwendungsbereich des § 153 AO in diesem Zusammenhang für Arbeitnehmer, die in Deutschland steuerpflichtige Arbeitseinkünfte erzielen, allerdings nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegen und daher die Festsetzung von quartalsweisen Steuervorauszahlungen beantragen.

Zur Anzeige und Berichtigung verpflichtete Personen

Die Anzeige- und Berichtigungspflicht trifft neben dem Steuerpflichtigen auch dessen Gesamtrechtsnachfolger sowie die für den Steuerpflichtigen oder den Gesamtrechtsnachfolger handelnden Personen.

Im Falle einer Ehegattenzusammenveranlagung trifft nur denjenigen Ehegatten die Anzeige- und Berichtigungspflicht, dem die unrichtigen oder unvollständig erklärten Besteuerungsgrundlagen zuzurechnen sind. Eine gegenseitige Kontrolle ist nicht vorzunehmen. Stirbt hingegen ein Ehegatte, hat der überlebende Ehegatte die steuerlichen Pflichten als Gesamtrechtsnachfolger zu erfüllen.

Schließlich stellt der Anwendungserlass klar, dass die Anzeige- und Berichtigungspflicht nicht für Dritte gilt und nennt hier beispielhaft Steuerberater, Lohnsteuerhilfeverein, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer.

Zeitpunkt der Anzeige und Berichtigung

Die Anzeige und die Berichtigung nach § 153 AO haben unverzüglich nach Erkennen des Fehlers zu erfolgen und müssen an die örtlich und sachlich zuständige Finanzbehörde gerichtet sein. Im Falle von umfangreichen Aufarbeitungen ist dem Steuerpflichtigen von der Finanzbehörde eine angemessene Zeit zur Aufarbeitung und Berichtigung zuzugestehen.

Der Anwendungserlass selber enthält leider keinen Hinweis darauf, welcher Zeitraum zwischen Erkennen des Fehlers und der darauffolgenden Anzeige als „unverzüglich“ anzusehen ist. Hier sollte ein Zeitraum von wenigen Wochen, max. zwei Wochen nicht überschritten werden.

Der Verstoß gegen die Anzeige- und Berichtigungspflicht führt zu einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen und hierdurch schließlich auch zu einer Verlängerung der Festsetzungsfrist.

Betroffene Norm

§§ 153, 371 AO
AEAO 

Anmerkungen

Die Anzeige- und Berichtigungspflichten haben für Steuerpflichtige erhebliche Relevanz. Der Anwendungserlass stellt in vielerlei Hinsicht die Inhalte des § 153 AO sowie dessen herrschende Auslegung klar und ist damit für die Praxis erheblich von Bedeutung.

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 23.05.2016, IV A 3 – S 0324/15/10001

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