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25.01.2012
Steuerrecht

FG Baden-Württemberg: Versagung der Zusammenveranlagung für in der Schweiz lebende Ehegatten

Ehegatten können unter Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen zwischen der Zusammenveranlagung (mit der Folge der Anwendung des sog. Splitting-Tarifes) und der getrennten Veranlagung wählen.

Voraussetzung für die Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer ist unter anderem, dass die Ehegatten zu Beginn oder im Laufe des Veranlagungszeitraums nicht dauernd getrennt leben und dass beide Ehegatten in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, d.h. dass beide ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.

Das deutsche Steuerrecht sieht jedoch zusätzlich die beiden folgenden Sonderregelungen für Ehegatten vor, gemeinsam zur Einkommensteuer in Deutschland veranlagt werden zu können:

  • Ist ein Ehegatte in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, lebt der andere Ehegatte jedoch im EU/EWR-Ausland und erfüllt damit selbst nicht die Voraussetzungen der unbeschränkten deutschen Steuerpflicht, können beide Ehegatten dann eine Zusammenveranlagung (mit Splitting-Tarif) in Deutschland beantragen, wenn der unbeschränkt steuerpflichtige Ehegatte Staatsangehöriger eines EU/EWR-Mitgliedsstaates ist, der andere Ehegatte seinen (einzigen) Wohnsitz in einem anderen EU/EWR-Mitgliedsstaat hat und beide nicht dauernd getrennt leben.
  • Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben können auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden, soweit sie inländische Einkünfte gemäß § 49 EStG erzielen. Dabei müssen ihre im Kalenderjahr erzielten Einkünfte jedoch mindestens zu 90% der deutschen Einkommensteuer unterliegen bzw. die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte dürfen grundsätzlich den Grundfreibetrag i.H.v. 8.004 Euro (2012) nicht übersteigen. Sind die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt und ist diese Person darüber hinaus Staatsangehöriger eines EU/EWR Mitgliedsstaates, deren nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte in einem anderen EU/EWR Mitgliedsstaat wohnhaft ist, kann der Ehegatte für die Anwendung des Splitting-Tarifes (Zusammenveranlagung) ebenfalls als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden. Wird dann ein Antrag auf Zusammenveranlagung gestellt, ist für die Prüfung der o.g. 90%-Grenze auf die Einkünfte beider Ehegatten abzustellen bzw. der Grundfreibetrag zu verdoppeln.

Folglich kommen die beiden vorgenannten Sonderregelungen immer nur dann zum Tragen, wenn ein (ggfs. auf Antrag) unbeschränkt Steuerpflichtiger Staatsangehöriger eines EU/EWR-Mitgliedsstaates ist und der andere Ehegatte im EU/EWR-Ausland ansässig ist.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat am 07.07.2011 in einem Vorabentscheidungsersuchen dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob das zwischen der EU und der Schweiz abgeschlossene Freizügigkeitsabkommen vom 21.06.1999 dahingehend auszulegen ist, dass in der Schweiz lebende Ehegatten, die mit fast ihren gesamten Einkünften in Deutschland der Besteuerung unterliegen, keine Zusammenveranlagung (Splitting-Tarif) beantragen können. Im zu entscheidenden Fall geht es um zwei in der Schweiz lebende Ehegatten, beide deutsche Staatsbürger, die fast ihr gesamtes Einkommen in Deutschland versteuerten. Obwohl die Ehegatten fast ihre gesamten Einkünfte in Deutschland zu versteuern haben, versagte das zuständige Finanzamt die Zusammenveranlagung, weil ihr (einziger) Wohnsitz in der Schweiz und damit in einem Nicht-EU/EWR-Staat liegt und folglich die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht erfüllt sind.

Vor dem Hintergrund des vor dem EuGH anhängigen Verfahrens empfehlen wir, entsprechende Fälle offen zu halten, sollte in einer ähnlichen Konstellation ebenfalls die Zusammenveranlagung (Splitting-Tarif) abgelehnt werden.

Fundstelle

Finanzgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.07.2011, 3 K 3752/10
EuGH, Verfahren C-425/11, eingegangen am 14.11.2011

Ihr Ansprechpartner

Peter Mosbach I Düsseldorf

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