Die Errichtung eines Zweithaushalts am Beschäftigungsort ist beruflich veranlasst, wenn der Arbeitnehmer den Zweithaushalt unterhält, um von dort aus seinen Arbeitsplatz aufsuchen zu können (BFH-Urteile vom 05.03.2009 VI R 23/07, VI R 58/06 und VI R 31/08). Eine Wohnung am Beschäftigungsort ist daher zu bejahen, wenn sie ungeachtet von Gemeinde- oder Landesgrenzen in einem Bereich liegt, von dem aus der Arbeitnehmer üblicherweise täglich zu diesem Ort fahren kann.
Die Entscheidung darüber, ob die fragliche Wohnung in der Weise am Beschäftigungsort, nämlich so zur Arbeitsstätte gelegen ist, dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Weise täglich von dort seine Arbeitsstätte aufsuchen kann, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG. Denn die Antwort darauf kann nur aufgrund der Berücksichtigung und Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles gegeben werden und ist insbesondere von den individuellen Verkehrsverbindungen zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte abhängig; dabei ist naturgemäß die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ein wesentliches, allerdings nicht allein entscheidungserhebliches Merkmal.
Das FG gelangte auf der Grundlage seiner insoweit unstreitigen Feststellungen, dass die Klägerin für die Zugfahrt von B nach A mit dem ICE eine Stunde benötigt, zu der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung, dass der Klägerin ein tägliches Aufsuchen ihrer Arbeitsstätte möglich sei, ein solcher Zeitaufwand für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte angesichts steigender Mobilitätsanforderungen nicht unüblich sei und die Wohnung in B mithin noch im Einzugsbereich der Arbeitsstätte der Klägerin liege.
BFH, Urteil vom 19.04.2012, VI R 59/11, BStBl II 2012, S. 833
FG Düsseldorf
Bei einer doppelten Haushaltsführung unterhält der Arbeitnehmer neben seiner Wohnung, in der er einen eigenen Hausstand führt bzw. seine Familie lebt, aufgrund beruflicher Veranlassung eine zweite Wohnung am Beschäftigungsort.
Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer aufgrund einer derartigen doppelten Haushaltsführung entstehen, kann dieser als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen. Alternativ kann der Arbeitgeber den entstandenen Mehraufwand – unter Beachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Höchstgrenzen - steuerfrei ersetzen.
Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) hat mit Urteil vom 13.10.2011 entschieden, dass auch eine Wohnung, die 141 km vom Beschäftigungsort entfernt liegt, die Voraussetzungen einer Zweitwohnung am Beschäftigungsort erfüllen kann und die Aufwendungen für die Zweitwohnung folglich als Kosten einer doppelten Haushaltsführung steuerlich abzugsfähig sind. Im entschiedenen Urteilsfall hatte eine Arbeitnehmerin eine Zweitwohnung unmittelbar am Ort des Firmensitzes bezogen. Aufgrund Verlegung des Firmensitzes durch den Arbeitgeber hat sich die Distanz zwischen Zweitwohnung und Beschäftigungsort auf 141 km verlängert und die tägliche Fahrzeit (mit öffentlichen Verkehrsmitteln) der Arbeitnehmerin beträgt seitdem eine Stunde. Die Arbeitnehmerin machte weiterhin Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung geltend. Das Finanzamt versagte den Werbungskostenabzug. Das FG entschied zu Gunsten der Arbeitnehmerin, dass es sich weiterhin um eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung handelt. Da der Arbeitnehmerin das tägliche Aufsuchen des Beschäftigungsorts bei einer Fahrzeit von einer Stunde weiterhin möglich ist und der Arbeitsweg weiterhin kürzer als die Entfernung zwischen Erstwohnung und Beschäftigungsort ist, erfüllt die Zweitwohnung weiterhin die Voraussetzungen einer Wohnung am Beschäftigungsort. Begünstigend kam hinzu, dass sich die Zweitwohnung zunächst unmittelbar am Beschäftigungsort befunden hat und sich die Entfernung ausschließlich durch die Sitzverlegung des Arbeitgebers verlängert hat.
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 13.10.2011, 11 k 4448/10 E, EFG 2012, S. 36
Fundstelle
BFH, Urteil vom 19.04.2012, VI R 59/11, BStBl II 2012, S. 833
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 16.12.1981, VI R 227/80, BStBl II 1982, S. 302
BFH, Beschluss vom 02.10.2008, VI B 33/08
BFH, Urteil vom 05.03.2009, VI R 23/07, BStBl II 2009S. 1016, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 05.03.2009, VI R 58/06, BStBl II 2009, S. 1012, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 05.03.2009, VI R 31/08, BFH/NV 2009, S. 1256
Peter Mosbach I Düsseldorf
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