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26.10.2016
Steuerrecht

Thüringer FG: Absetzbarkeit von Mietaufwendungen der Erstwohnung bei einem beruflich bedingten Umzug in Etappen

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Biologin, verbrachte nach ihrer Promotion drei Jahre zu Fort- und Weiterbildungszwecken in Kanada. Ihre Möbel lagerte sie bei ihrem Wegzug nach Kanada bei einer Spedition ein. Nach ihrer Rückkehr nahm die Klägerin zum 01.10.2013 ihre Arbeitstätigkeit als Forschungsgruppenleiterin bei einem Institut in J auf und zog vorerst in eine möblierte Ferienwohnung ein.
Innerhalb ihrer Einkommensteuererklärung 2013 machte die Klägerin u. a. die Mietaufwendungen für diese möblierte Ferienwohnung für den Zeitraum 01.10. – 31.12.2013 in Höhe von 2.010 € (3 x 670 €) als Werbungskosten geltend.
Diese Mietaufwendungen wurden im Rahmen ihres Einkommensteuerbescheides für 2013 vom 16.01.2015 nicht als abzugsfähige Werbungskosten anerkannt. Ein dahingehender Einspruch der Klägerin gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 blieb erfolglos, so dass sie den Klageweg beschritt.
Die Klägerin begehrte die Berücksichtigung der Mietaufwendungen als Werbungskosten, da die Anmietung der nahe zum Forschungsinstitut gelegenen möblierten Ferienwohnung lediglich eine beruflich veranlasste Übergangslösung gewesen sei. Sie habe zum Antritt ihrer Arbeitstätigkeit noch keine endgültige Wohnung finden können. Die möblierte Ferienwohnung sei günstiger als ein Hotelzimmer und das Mietverhältnis kurzfristig kündbar gewesen. Ihre Tätigkeit als Forschungsleiterin habe ihr zeitweise abverlangt, auch die Wochenenden im Forschungsinstitut zu verbringen, so dass die möblierte Ferienwohnung lediglich als Schlafstätte diente.

Die Klägerin meinte, dass die Grundsätze der Abzugsfähigkeit von Kosten einer Zweitwohnung im Rahmen der doppelten Haushaltsführung analog auch auf die Begründung einer „Übergangswohnung“ anzuwenden seien.
Hilfsweise beantragt die Klägerin die Berücksichtigung einer Umzugskostenpauschale.

Der Beklagte war der Auffassung, dass Aufwendungen für das private Wohnen gemäß § 12 EStG nicht abzugsfähig seien. Der Umzug von Kanada in die erste Wohnung sei mit dem Einzug in die möblierte Wohnung im Übrigen bereits abgeschlossen gewesen.

Entscheidung

Das Thüringer Finanzgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen.

Das Gericht schließt sich zwar nicht der Meinung des Beklagten an, dass der beruflich bedingte Umzug von Kanada in die erste Wohnung mit dem Einzug in die möblierte vorübergehende Wohnung abgeschlossen gewesen und ein Abzug der Mietaufwendungen somit nicht mehr beruflich veranlasst sei. Vielmehr ist das Gericht der Ansicht, dass die Mietaufwendungen nicht unmittelbar und ausschließlich durch den Umzug, sondern in nicht unwesentlicher Weise durch private Lebensführungsinteressen veranlasst waren.

Berufliche Veranlassung des Umzugs

Im vorliegenden Fall war zunächst fraglich, ob die berufliche Veranlassung des Umzugs der Klägerin bis zum Einzug in ihre endgültige Wohnung im Jahr 2015 andauerte.
Hierfür sei erforderlich, dass keine privaten Gründe für den letzten Umzug vorliegen dürfen, welche die ursprüngliche berufliche Veranlassung überlagern.
Diese Beurteilung muss durch eine Würdigung des Gesamtsachverhalts anhand objektiver Kriterien vorgenommen werden.
Zudem ist in die Bewertung miteinzubeziehen, ob die zuerst bezogene Wohnung nach objektiven Maßstäben eine den Lebensverhältnissen des Steuerpflichtigen angemessene Unterkunft zum dauerhaften Wohnen darstellt oder nicht.
Darüber hinaus darf die Erforderlichkeit einer Zwischenunterkunft nicht auf Gründen beruhen, die durch den Steuerpflichtigen zu vertreten sind.

Im Rahmen der Subsumtion des hier gegenständlichen Sachverhalts kam das Finanzgericht zu dem Ergebnis, dass der unstreitig beruflich veranlasste Umzug von Kanada nach Deutschland noch nicht durch den Einzug in die Ferienwohnung beendet war, sondern vielmehr bis zum Umzug in die endgültige Wohnung fortbestand, da dieser zweite Umzug nicht durch überwiegende Privatinteressen veranlasst worden war.
Nach ihrer Rückkehr aus Kanada stand der Klägerin noch keine Wohnung am Ort ihrer Arbeitsstätte zur Verfügung. Die Anmietung eines Hotelzimmers wäre deutlich kostspieliger gewesen als die Anmietung der Ferienwohnung.
Diese wiederum hatte offensichtlich nur provisorischen Charakter und diente lediglich dem Zweck, die Klägerin zu beherbergen, bis sie eine ihren Lebensverhältnissen angemessene Wohnung gefunden hat.
Zu diesem Schluss kam das Gericht nach Würdigung der objektiven Kriterien wie der Größe der Wohnung und der Tatsache, dass diese möbliert gemietet wurde und die Klägerin somit die Einlagerungskosten der eigenen Möbel weiter in Kauf genommen hatte. Zudem hatte sie sich nachweislich und zeitnah stets um eine angemessene Wohnung bemüht. Es lagen im Ergebnis auch keine Hinweise für eine nicht unerhebliche private Veranlassung des später erfolgten Umzugs am 01.03.2015 vor.

Kein Abzug der Mietaufwendungen als Werbungskosten für die Erstwohnung

Das Gericht erkannte einen Abzug der Mietaufwendungen als Werbungskosten für die Erstwohnung jedoch nicht an, da die Mietaufwendungen nicht unmittelbar und ausschließlich durch den Umzug veranlasst waren, sondern in nicht unwesentlicher Weise auch durch private Lebensführungsinteressen.

Entscheidender Beweggrund für die Entstehung der Mietaufwendungen war vorliegend die Nutzung der Ferienwohnung durch die Klägerin für private Wohnzwecke.
Aufwendungen für privates Wohnen gehören jedoch nach § 12 Nr. 1 S. 2 EStG zu den nicht abziehbaren Kosten der privaten Lebensführung, selbst wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen dienen.
Die unverzichtbaren Aufwendungen der privaten Lebensführung sind durch Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums im Rahmen des Grundfreibetrags pauschal abgegolten.

Des Weiteren verneinte das Gericht eine analoge Anwendung der Sonderregelung des § 9 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 und 2 EStG zur doppelten Haushaltsführung, da die verschiedenen Lebenssituationen einem direkten Vergleich nicht standhalten. Die Klägerin hatte gerade keine Mehraufwendungen aufgrund zweier Wohnungen, die sie aus beruflichen Gründen unterhalten musste, sondern lediglich eine, welche als Zwischenunterkunft diente. Die Aufwendungen für diese eine Wohnung seien eindeutig der nicht abzugsfähigen privaten Lebensführung zuzuordnen. Ein Grund, von dieser eindeutigen gesetzlichen Regelung abzuweichen, war nicht ersichtlich.
Ein Abzug der Miete gem. § 11 BUKG wegen eines Umzugs in eine provisorische Wohnung kam nicht in Betracht, da die Vorschrift nur auf Beamte Anwendung findet.

Ein Werbungskostenabzug in Höhe einer Umzugskostenpauschale scheiterte daran, dass eine etwaige Pauschale erst in dem Veranlagungsjahr geltend gemacht werden kann, in welchem der beruflich bedingte Umzug abgeschlossen ist. Dies war mithin erst mit dem Umzug in die endgültige Wohnung im Jahr 2015 der Fall.

Betroffene Normen

§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG
§ 12 Nr. 1 S. 2 EStG

Anmerkungen

Sofern die Anmietung einer Zwischenunterkunft nicht unvermeidlich ist, ist es durchaus ratsam, einen solchen „Umzug in Etappen“ zu vermeiden. Sollte dies unumgänglich sein, sollte der Sachverhalt einer detaillierten Prüfung insoweit standhalten können, als dass bei einer objektiven Würdigung der Gesamtumstände der spätere Umzug in die endgültige Wohnung nicht durch überwiegende Privatinteressen geprägt sein sollte, welche die ursprüngliche berufliche Veranlassung des Umzugs überwiegt.
In jedem Falle ist anzuraten, zunächst gegen die Ablehnung eines entsprechenden Werbungskosten-Abzugs Rechtsmittel einzulegen.

Fundstelle

Thüringer Finanzgericht, Urteil vom 27.01.2016, 3 K 693/15

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