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29.05.2013
Thema des Monats

Besteuerung von Einkünften leitender Angestellter aus nichtselbständiger Arbeit gemäß Art. 15 Abs. 4 DBA Deutschland/Schweiz

Hintergrund

In Abweichung zum OECD-Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen weist das Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Schweiz neben zahlreichen weiteren Unterschieden eine Besonderheit zur Regelung der Besteuerung von Einkünften leitender Angestellter aus nichtselbständiger Tätigkeit auf.

Gemäß Art. 15 Abs. 4 Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Schweiz kann eine natürliche Person, die in einem Vertragsstaat ansässig, aber als Vorstandsmitglied, Direktor, Geschäftsführer oder Prokurist einer in einem anderen Vertragsstaat ansässigen Kapitalgesellschaft tätig ist, mit den Einkünften aus dieser Tätigkeit in diesem anderen Staat besteuert werden, sofern ihre Tätigkeit nicht so abgegrenzt ist, dass sie lediglich Aufgaben außerhalb dieses Staates umfasst.

Art. 15 Abs. 4 DBA Deutschland/Schweiz beinhaltet folglich eine Sonderregelung zur Zuweisung des Besteuerungsrechts von Einkünften leitend tätiger Angestellter von Kapitalgesellschaften, sofern diese nicht als Grenzgänger im Sinne des Art. 15a DBA Schweiz zu qualifizieren sind.
Demgemäß obliegt dem Staat das Recht zur Besteuerung der Einkünfte des leitenden Angestellten, in welchem die Kapitalgesellschaft, für die er tätig ist, ansässig ist. Der Ort des Wohnsitzes oder der tatsächliche Tätigkeitsort des leitenden Angestellten ist insoweit nicht relevant.

Berechtigter Personenkreis

Leitende Angestellte im Sinne des Art. 15 Abs. 4 DBA Deutschland/Schweiz sind Vorstandsmitglieder, Direktoren, Geschäftsführer oder Prokuristen.
Im Rahmen des Abkommens wurde zwischen den zuständigen Behörden beider Staaten im Jahr 1997 eine Einigung getroffen, wonach der berechtigte Personenkreis, auf welchen die Sondervorschrift des Art. 15 Abs. 4 DBA Deutschland/Schweiz Anwendung finden soll, auf stellvertretende Direktoren oder Vizedirektoren und Generaldirektoren erweitert wurde.
Zudem wurde vereinbart, dass die Regelung ebenfalls auf Personen anzuwenden ist, die nicht namentlich im Handelsregister eingetragen sind. Fehlt es an einer solchen Eintragung im Handelsregister, so ist jedoch erforderlich, dass die Person die Prokura oder weitergehende Vertretungsbefugnisse besitzt und hierfür eine entsprechende Bescheinigung des Arbeitgebers vorweist.

In der Folgezeit führte diese Vereinbarung hauptsächlich in den Fällen, in welchen die Funktion des Angestellten nicht im Handelsregister eingetragen war, vermehrt zu Streitfällen über die Frage, ob ein Angestellter als leitender Angestellter zu definieren sei oder nicht.

Um diesen Zweifelsfällen entgegen zu treten, wurde die bisherige Verständigungsvereinbarung durch eine neue Verständigungsvereinbarung vom 30.09.2008 daher insoweit eingeschränkt, dass die Vorschrift des Art. 15 Abs. 4 DBA Deutschland/Schweiz ab dem Veranlagungszeitraum 2009 lediglich auf Personen Anwendung findet, deren Prokura oder Funktion als Vorstandsmitglied, Direktor, stellvertretender Direktor oder Vizedirektor, Generaldirektor, Geschäftsführer oder Prokurist zwingend im Handelsregister eingetragen ist.
Diese Voraussetzung findet sich schriftlich niedergelegt in § 19 Abs. 2 der Deutsch-Schweizerischen KonsultationsvereinbarungsVO wieder, die am 20.12.2010 veröffentlich wurde.

Als zusätzliches Hindernis wird unter den deutschen Finanzbehörden die Meinung vertreten, dass Art. 15 Abs. 4 DBA Deutschland/Schweiz nur auf Angestellte Anwendung finden dürfe, die eine Vertretungsbefugnis für alle Unternehmensbereiche der Gesellschaft inne haben. Erfahrungsgemäß werden in der Praxis daher seitens der deutschen Finanzbehörden vermehrt die Arbeitsverträge der Angestellten angefordert, aus welchen sich etwaige Einschränkungen der Prokura ersehen lassen, da sich eine derartige Einschränkung aus den Handelsregistereinträgen nicht ergibt.

Durch aktuelle Verfügung der OFD Frankfurt am Main vom 15.01.2013 ergibt sich insoweit keine andere Beurteilung, da die Behörde ausdrücklich auf die Verständigungsvereinbarung vom 30.09.2008 hinweist.

Zuweisung des Besteuerungsrechts

Die Einkünfte des leitenden Angestellten sind, sofern dieser kein Grenzgänger ist, in dem Ansässigkeitsstaat der Kapitalgesellschaft zu besteuern. Das Besteuerungsrecht umfasst daher auch die Einkünfte aus einer Tätigkeit, die im Staat der Ansässigkeit des leitenden Angestellten und in Drittstaaten ausgeübt wurde, soweit die Tätigkeit nicht so abgegrenzt ist, dass sie ausschließlich Aufgaben außerhalb des Ansässigkeitsstaats der Kapitalgesellschaft umfasst.

Vermeidung der Doppelbesteuerung

Einkünfte eines in Deutschland ansässigen leitenden Angestellten einer schweizerischen Kapitalgesellschaft sind in Deutschland unter Progressionsvorbehalt freizustellen. Die Freistellungsmethode ist sowohl auf Einkünfte, die durch Tätigkeiten in der Schweiz erzielt wurden, als auch auf solche, welche aus Tätigkeiten für die schweizerische Kapitalgesellschaft im Inland oder Drittstaaten resultieren, anzuwenden.

Die deutsche Finanzverwaltung vertrat hingegen früher die Ansicht, dass die Freistellungsmethode lediglich auf die Einkünfte anzuwenden sei, welche auf physische Tätigkeitstage in der Schweiz entfielen. Bei Einkünften aus Tätigkeiten im Inland oder Drittstaaten sei die schweizerische Quellensteuer auf die deutsche Steuer anzurechnen. Die Finanzverwaltung berief sich hierbei auf den Wortlaut des DBA, wonach die Freistellungsmethode auf Einkünfte anzuwenden ist, die auf Arbeit entfällt, die in der Schweiz ausgeübt wurde.

Der Bundesfinanzhof hat zuletzt mit Urteil vom 11.11.2009 (I R 83/08; I R 50/90) jedoch davon abweichende Entscheidungen getroffen und eine vollkommene Freistellung unter Progressionsvorbehalt der Einkünfte des leitenden Angestellten gefordert. Eine ausführliche Besprechung des Urteils finden Sie hier.
Art. 15 Abs. 4 DBA Deutschland/Schweiz weist dem Ansässigkeitsstaat der Kapitalgesellschaft auch das Besteuerungsrecht zu, dass auf Arbeitseinkünfte aus dem Inland und Drittstaaten entfällt, soweit die Tätigkeiten nicht so abgegrenzt sind, dass sie lediglich Aufgaben außerhalb der Schweiz umfassen. Es wird somit eine Fiktion des Tätigkeitsortes im Ansässigkeitsstaat der Kapitalgesellschaft geschaffen, unabhängig von dem tatsächlichen physischen Ausübungsort.
Diese Sonderregelung für leitende Angestellte müsse sich folglich auch in der Anwendung der Freistellungsmethode widerspiegeln, um ein einheitliches Verständnis des Tätigkeitsortes leitender Angestellter zu schaffen.
Die Tätigkeit eines leitenden Angestellten im Sinne des Art. 15 Abs. 4 DBA für eine schweizerische Kapitalgesellschaft gilt hinsichtlich des Wortlauts des DBA folglich auch dann als in der Schweiz ausgeübt, wenn sich der Verrichtungsort faktisch außerhalb der Schweiz befindet.

Fundstellen

Verständigungsvereinbarung vom 30.09.2008
OFD Frankfurt am Main, Rundverfügung vom 15.01.2013 

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