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URL: http://www.deloitte-tax-news.de/rechnungslegung/bfh-rueckstellungen-fuer-aktienoptionsprogramm.html
03.08.2017
Rechnungslegung

BFH: Rückstellung für Aktienoptionsprogramm

Für Verbindlichkeiten aus einem Aktienoptionsprogramm kann keine Rückstellung gebildet werden, wenn die Optionen nur ausgeübt werden können, falls der Verkehrswert der Aktien zum Ausübungszeitpunkt einen bestimmten Betrag übersteigt und/oder wenn das Ausübungsrecht davon abhängt, dass es in der Zukunft zu einem Verkauf des Unternehmens oder einem Börsengang kommt. Ohne Bedeutung ist der Grad der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines dieser Ereignisse.

Sachverhalt

Die Hauptversammlung der K-AG beschloss in 2006 eine bedingte Kapitalerhöhung zur Gewährung von Optionen auf den Bezug von Aktien. Von 2006 bis 2009 gab die K-AG Aktienoptionen an Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter aus. Die Optionsbedingungen sahen u.a. vor, dass die Optionen grundsätzlich dann ausgeübt werden können, wenn ein "Exit-Ereignis" eintritt (Verkauf der wesentlichen Vermögenswerte der K-AG bzw. der Aktienmehrheit an unabhängigen Dritten oder, im Zusammenhang mit einem Börsengang, jeder Verkauf von Aktien durch bestimmte "Sponsoren" an unabhängige Dritte) und wenn der Verkehrswert mindestens 10 % über dem Ausübungspreis pro Aktie liegt ("Erfolgsziel"). Der K-AG stand ein Ersetzungsrecht zu, wonach nach Ausübung einer Option die K-AG nach eigenem Ermessen festlegen konnte, dass statt der Ausgabe von Options-Aktien ein deren Verkehrswert entsprechender Barbetrag abzüglich des Ausübungspreises an den entsprechenden Teilnehmer gezahlt wird. Dementsprechend erklärte die K-AG am 16.10.2009 gegenüber den Optionsberechtigten, sie werde von ihrem Ersetzungsrecht Gebrauch machen; bei Ausübung der Optionen würden die Berechtigten Barzahlungen statt Aktien erhalten.

Für Zahlungsverpflichtungen aus dem Aktienoptionsprogramm bildete die K-AG Rückstellungen, die das Finanzamt und das FG nicht anerkannten (abgesehen von Rückstellungen für die Rückkaufsrechte hinsichtlich der Optionen vorzeitig aus den Diensten der K-AG ausgeschiedener Optionsberechtigter). Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Entscheidung

Das FG habe zu Recht entschieden, dass die K-AG über die vom Finanzamt anerkannten Beträge hinaus keine Rückstellungen für Verpflichtungen aus dem Aktienoptionsplan passivieren durfte.

Nach der Rechtsprechung des BFH führt ein Aktienoptionsplan, der mit einer bedingten Kapitalerhöhung verbunden ist, im Hinblick auf die künftige Ausgabe neuer Aktien mangels gegenwärtiger wirtschaftlicher Belastung nicht zur Passivierung einer Verbindlichkeitsrückstellung (BFH-Urteil vom 25.08.2010).

Im Unterschied hierzu bezogen sich im vorliegenden Fall die von der K-AG gebildeten Rückstellungen nicht auf eine künftige Ausgabe von Aktien, sondern auf die eventuellen künftigen Zahlungsverpflichtungen aus der in den Optionsbedingungen geregelten Ersetzungs- bzw. Rückkaufsbefugnis der K-AG. Die Rückstellungsbildung hinsichtlich der Ansprüche der Optionsberechtigten auf Barausgleich scheitere daran, dass die Verbindlichkeiten zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre weder rechtlich entstanden noch wirtschaftlich verursacht waren.

Ansprüche und Verpflichtungen entstünden grundsätzlich zu dem Zeitpunkt, zu dem die sie begründenden Tatbestandsmerkmale erfüllt sind (BFH-Urteil vom 17.10.2013). Den Leistungsansprüchen der Optionsberechtigten fehle zur rechtlichen Entstehung insbesondere noch der Eintritt des in den Optionsbedingungen geregelten "Exit-Ereignisses" (Verkauf der Aktienmehrheit oder des Betriebsvermögens der K-AG oder deren Börsengang). Ferner setzte die Ausübung der Optionen voraus, dass der Verkehrswert der Aktien bei Ausübung des Optionsrechts 10 % über dem Ausübungspreis liegt. Auch dabei handele es sich um ein Tatbestandsmerkmal, welches zu den Bilanzstichtagen rechtlich noch nicht erfüllt sein konnte, weil weder der künftige Ausübungszeitpunkt noch der Aktienwert zu jenem Zeitpunkt feststanden. Der Grad der Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieser Bedingung spiele im Zusammenhang mit der Frage der rechtlichen Entstehung der Optionsrechte keine Rolle.

Auch eine wirtschaftliche Verursachung der Rückstellungen liege nicht vor. Der rechtliche und wirtschaftliche Bezugspunkt der Verpflichtung müsse in der Vergangenheit liegen, sodass die Verbindlichkeit nicht nur an Vergangenes anknüpft, sondern auch Vergangenes abgilt (BFH-Urteil vom 17.10.2013).

Schon allein das in den Optionsbedingungen der K-AG ausgegebene "Erfolgsziel", nach dem die Optionen nur ausgeübt werden können, wenn der Aktienwert zum späteren Ausübungszeitpunkt den Ausübungspreis um 10 % übersteigt, belege einen nicht unmaßgeblichen Zukunftsbezug der Optionsverpflichtungen der K-AG. Das Optionsrecht solle dem begünstigten Führungspersonal eine besondere Erfolgsmotivation für die Zukunft verschaffen. Soweit in der Literatur die Rückstellbarkeit in solchen Fällen dann für möglich gehalten werde, wenn der Aktienwert zum jeweiligen Bilanzstichtag den Schwellenwert bereits überschritten hat, folge der BFH dem nicht. Denn auch nach dem Überschreiten des Schwellenwerts müssten die Teilnehmer des Optionsprogramms, um die Option ausüben zu können, sich darum bemühen, dass der Aktienwert künftig nicht wieder absinkt. Somit sei auch hier eine zukunftsgerichtete Motivation anzunehmen.

Der Zukunftsbezug sei auch an dem weiteren Ausübungserfordernis des "Exit-Ereignisses" festzumachen. Es handele sich hierbei um ein selbständiges, von den Anstellungsverhältnissen der Optionsberechtigten und der Entwicklung des Unternehmenswerts unabhängiges Tatbestandsmerkmal, dessen künftige Verwirklichung im freien Ermessen der Anteilseigner der K-AG gestanden hat. Aus dem Fehlen einer Verbindung zu den von den Optionsberechtigten bis zu den Bilanzstichtagen erbrachten Arbeitsleistungen ergebe sich zugleich der mangelnde Vergangenheitsbezug dieses Tatbestandselements.

Auch die Voraussetzungen eines Erfüllungsrückstands (siehe dazu BFH-Urteile vom 25.05.2016 und vom 09.11.2016) lägen aufgrund der anzunehmenden Ausgewogenheit der Vertragsbeziehungen nicht vor.

Betroffene Normen

§ 5 Abs. 1 EStG, § 249 Abs. 1 S. 1 des HGB
Streitjahre 2006 bis 2010

Vorinstanz

Finanzgericht Münster, Urteil vom 01.10.2014, 9 K 4169/10 K,F, EFG 2015, S. 933

Fundstelle

BFH, Urteil vom 15.03.2017, I R 11/15, BStBl II 2017 Seite 1043

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 25.08.2010, I R 103/09, BStBl II 2011, S. 215
BFH, Urteil vom 17.10.2013, IV R 7/11, BStBl II 2014, S. 302, siehe Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 25.05.2016, I R 17/15, BStBl II 2016, S. 930, siehe Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 09.11.2016, I R 43/15, BStBl II 2017, S. 379, siehe Deloitte Tax-News

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