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23.07.2015
Rechnungslegung

FG Düsseldorf: Keine Rückstellung für künftige Wartungsaufwendungen

Für die künftige Wartung von Flugzeugen können keine Rückstellungen gebildet werden. Bei mangelnder Durchsetzbarkeit der Wartungsverpflichtung liegt keine rückstellbare Verbindlichkeit vor. Eine wirtschaftliche Verursachung des Wartungsaufwands vor Erreichen der zulässigen Betriebszeit ist nicht anzunehmen.

Sachverhalt

Unternehmensgegenstand der Klägerin ist die Durchführung von Flügen. In ihrer Eigenschaft als Halterin der Flugzeuge ist die Klägerin öffentlich-rechtlich verpflichtet, die Flugzeuge in regelmäßigen Intervallen zu warten. Die Klägerin bildet unmittelbar nach einer durchgeführten Wartung Rückstellungen i.H.d. anteiligen Wartungskosten, die jährlich anwuchsen, bis die Wartung tatsächlich durchgeführt wurde. Der Betriebsprüfer versagte die Bildung von Rückstellungen für Wartungsarbeiten und löste sie gewinnwirksam auf. Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

Entscheidung

Das Finanzamt sei zu Recht davon ausgegangen, dass keine Rückstellungen für künftige Wartungsaufwendungen zu bilden seien.

Voraussetzung für die Passivierung einer öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeit als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gemäß § 249 Abs. 1 HGB sei, dass sie am Bilanzstichtag hinreichend konkretisiert und zu diesem Zeitpunkt entweder dem Grunde nach entstanden oder, sofern es sich um eine künftig entstehende Verbindlichkeit handele, wirtschaftlich im abgelaufenen oder in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren verursacht worden sei. Die Verbindlichkeit müsse nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch Vergangenes abgelten (BFH-Urteil vom 08.11.2011).

Dabei sei geklärt, dass eine Verpflichtung, die lediglich darauf gerichtet sei, die objektive Nutzbarkeit eines Wirtschaftsguts in Zeiträumen nach Ablauf des Bilanzstichtags zu ermöglichen, in den bis dahin abgeschlossenen Rechnungsperioden wirtschaftlich noch nicht verursacht sei (BFH-Urteil vom 17.10.2013). Der Steuerpflichtige dürfe sich der Erfüllung der Verpflichtung im Ergebnis nicht entziehen können (BFH-Urteil vom 08.11.2000). Eine wirtschaftliche Verursachung in der Vergangenheit sei also zu verneinen, wenn sich der Steuerpflichtige einer Verpflichtung am Bilanzstichtag durch eine Handlung – Beendigung einer Tätigkeit, Kündigung eines Vertrages – entziehen könne.

Nach Auffassung des FG sei die wirtschaftliche Verursachung des Wartungsaufwandes zeitlich nicht vor der Durchführung der Wartung gelegen (siehe auch BFH-Urteil vom 19.05.1987). Vor Erreichen der zulässigen Betriebszeit könne nicht von einer wesentlichen Verursachung der Verbindlichkeit gesprochen werden. Weiterhin könne die Klägerin die Aufwendungen für gesetzlich erforderliche Wartung vermeiden, beispielsweise durch Verzicht auf eine künftige Nutzung der Luftfahrzeuge. Auch sei die Durchführung der Wartung nicht durchsetzbar, da es an einer Rechtsgrundlage mangele. Folglich fehle es bereits dem Grunde nach an einer rückstellbaren Verbindlichkeit.

Keine Rückstellung sei auch zu bilden, wenn das öffentliche Interesse an der Erfüllung einer Obliegenheit von eigenbetrieblichen Erfordernissen des Unternehmens gleichgerichtet und kongruent überlagert werde (BFH-Urteil vom 08.11.2000). Aufwand, der erforderlich sei, um eine vorgegebene unternehmerische Tätigkeit innerhalb der geltenden Rechtsnormen und Bestimmungen zu vollziehen, stelle unverändert eigenbetrieblichen Aufwand dar und könne nicht zu einer rückstellungsfähigen Außenverpflichtung werden (BFH-Urteil vom 08.11.2000).

Darüber hinaus stehe der Wartungsaufwand mit künftigen Erträgen im Zusammenhang. Die Wartung der Luftfahrzeuge sei für den weiteren künftigen Betrieb erforderlich, denn erst die nach erfolgreicher Wartung erteilte Betriebsgenehmigung ermögliche die künftige kommerzielle Nutzung des Luftfahrzeugs.

Betroffene Norm

§ 249 Abs. 1 HGB
Streitjahr 2001 bis 2006

Anmerkungen

Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 09.11.2016
Im Urteil des BFH vom 09.11.2016 (siehe Deloitte Tax-News) ging es nicht um eine öffentlich-rechtliche, sondern eine privatrechtliche Verpflichtung. Für diesen Fall befand der BFH, dass für eine solche Verpflichtung zur Zahlung von Wartungsrücklagen-Garantiebeträgen eine Rückstellungsbildung geboten sein könne. Dies gelte jedenfalls dann, wenn bei Beendigung des Vertrages kein Anspruch auf Rückerstattung der Beträge besteht und der Steuerpflichtige deshalb stets mit den vereinbarten Beträgen belastet bleibt.

Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 17.10.2013
Mit Urteil vom 17.10.2013 (siehe Deloitte Tax-News) hatte der BFH bereits zur Bildung von Rückstellungen wegen anstehender Maßnahmen zur Anpassung von Flugzeugen an den jeweiligen Stand der Technik entschieden. Danach sei für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen die Bildung von Rückstellungen dann zulässig, wenn für deren Durchführung die Umsetzungsfristen am Bilanzstichtag bereits abgelaufen seien. Seien solche Verpflichtungen also am Bilanzstichtag bereits rechtlich (durch Fristablauf) entstanden, müsse die wirtschaftliche Verursachung nicht mehr geprüft werden, da diese spätestens im Zeitpunkt der rechtlichen Entstehung ebenfalls gegeben sei. In dem dem FG Düsseldorf zugrundeliegenden Fall ging es aber um die Wartung von Flugzeugen, die auf einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung beruhte, deren Umsetzungsfrist an den jeweiligen Bilanzstichtagen noch nicht abgelaufen war. Hier hatte das FG Düsseldorf die Bildung einer Rückstellung nicht zugelassen.

Fundstellen

FG Düsseldorf, Urteil vom 21.04.2015, 6 K 418/14 K,F, Revision zugelassen

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 09.11.2016, I R 43/15, siehe Deloitte Tax-News
FG Düsseldorf, Urteil vom 21.04.2015, 6 K 307/13 K,G, Revision zugelassen
BFH, Urteil vom 08.11.2011, IV R 5/09, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 17.10.2013, IV R 7/11, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 08.11.2000 I R 6/96, BStBl II 2001, S. 570
BFH, Urteil vom 19.05.1987, VIII R 327/83, BStBl II 1987, S. 848

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