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24.09.2014
Rechnungslegung

FG Düsseldorf: Zeitpunkt der Bildung einer Rückstellung für Mehrsteuern aufgrund Betriebsprüfung

Eine (Gewerbesteuer-)Rückstellung für Mehrsteuern aufgrund einer Betriebsprüfung kann erst zu dem Zeitpunkt gebildet werden, zu dem der Steuerpflichtige mit der Aufdeckung des zugrunde liegenden Sachverhalts rechnen muss.

Sachverhalt

Strittig ist, ob eine Gewerbesteuerrückstellung für Mehrsteuern aufgrund einer Betriebsprüfung im Jahr der wirtschaftlichen Veranlassung oder im Jahr der „Aufdeckung“ zu bilden ist.

Im Streitjahr 2006 kam es durch Wegfall der personellen und sachlichen Verflechtung zur Beendigung der Betriebsaufspaltung zwischen dem gewerblichen Ingenieurbüros des Klägers und seiner Vertriebs-GmbH. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung lehnte das Finanzamt die Behandlung als begünstigte Betriebsaufgabe ab und setzte erstmalig einen Gewerbesteuermessbetrag fest.

Entscheidung

Das Finanzamt habe zu Unrecht bereits im Streitjahr 2006 eine Gewerbesteuerrückstellung und eine Rückstellung für Zinsen gem. § 233a AO für die Mehrsteuern aufgrund der BP gebildet.

Die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setze eine betrieblich veranlasste, aber ungewisse Verpflichtung gegenüber einem Dritten voraus, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entstehen und zu einer Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen führen werde, und die ihre wirtschaftliche Verursachung im Zeitraum vor dem Bilanzstichtag habe (BFH-Urteil vom 22.08.2012). Rückstellungen wegen öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen dürften erst gebildet werden, wenn derjenige, der Inhaber des gegen den Steuerpflichtigen gerichteten Anspruchs sei, von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis habe oder eine solche Kenntniserlangung unmittelbar bevorstehe, so dass eine Inanspruchnahme wahrscheinlich sei (BFH-Urteil vom 22.08.2012).

Die Finanzverwaltung vertrete die Auffassung, dass die Aufwendungen für die Bildung einer Gewerbesteuerrückstellung für Mehrsteuern aufgrund einer BP grds. im Jahr der wirtschaftlichen Veranlassung – hier also dem Streitjahr – zu berücksichtigen seien (Verfügung des Finanzministeriums des Landes Schleswig-Holstein vom 13.09.2011). Der Rechtsprechung des BFH sei keine einheitliche Handhabung zu entnehmen. So habe der X. Senat Zweifel daran äußert, ob überhaupt eine ständige höchstrichterliche Rechtsprechung in dieser Frage existiere (BFH-Urteil vom 22.08.2012). Nach der Rechtsprechung des I. BFH-Senats sei jedenfalls eine zwingende Bilanzierung von Mehrsteuern in dem Jahr der Entstehung nur dann geboten, wenn der Steuerpflichtige bei Aufstellung der Bilanz unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns mit der Entstehung der Mehrsteuern rechnen müsse (vgl. etwa BFH-Urteile vom 18.07.1973 und vom 03.02.2010; ferner BFH-Beschlüsse vom 16.12.2009 und vom 17.07.2012).

Nach Auffassung des FG sei eine Rückstellung für Mehrsteuern aufgrund einer Außenprüfung erst zu dem Bilanzstichtag zu bilden, zu dem der Steuerpflichtige mit der Aufdeckung des zur Mehrsteuer führenden Sachverhalts rechnen müsse. Maßgebliches Tatbestandsmerkmal sei die „Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme“. Im Regelfall sei keine unterschiedliche Behandlung von Mehrsteuern aufgrund einer BP und von hinterzogenen Mehrsteuern gerechtfertigt. Für den letztgenannten Fall werde aber sowohl von der Rechtsprechung als auch der herrschenden Literaturauffassung die Meinung vertreten, dass eine Rückstellung für etwaige Mehrsteuern erst zu dem Bilanzstichtag gebildet werden könne, zu dem der Steuerpflichtige mit der Aufdeckung der Steuerhinterziehung rechnen müsse (BFH-Urteil vom 22.08.2012). Beide Konstellationen seien gleichermaßen dadurch gekennzeichnet, dass es entscheidend darauf ankomme, ob das Finanzamt durch eine aufdeckungsorientierte Maßnahme von dem die Steuer begründenden Lebenssachverhalt überhaupt Kenntnis erlangen werde.

Betroffene Normen

§ 16 EStG, § 34 Abs. 3 EStG
Streitjahr 2006

Anmerkung

Zu beachten ist, dass die Gewerbesteuer ab 2008 nicht mehr abzugsfähig ist (§ 4 Abs. 5b EStG), sodass die gewinnmindernde Bildung einer Gewerbesteuer-Rückstellung nicht in Betracht kommt.

Fundstelle

FG Düsseldorf, Urteil vom 29.08.2013, 13 K 4451/11 E, G, Revision zugelassen

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 22.08.2012, X R 23/10, BStBl II 2013, S. 76
Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein, Verfügung vom 13.09.2011, VI 304-S 2141-007
BFH, Urteil vom 18.07.1973, I R 11/73, BStBl II 1973, S. 860
BFH, Urteil vom 03.02.2010, I R 21/06, BStBl II 2010, S. 692
BFH, Beschluss vom 16.12.2009, I R 43/08, BStBl II 2012, S. 688
BFH, Beschluss vom 17.07.2012, I B 56, 57/12, BFH/NV 2012, S. 1955

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