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22.03.2018
Rechnungslegung

FG München: Umfang der Passivierung von Erfolgsdarlehen

Der BFH kommt übereinstimmend mit der Auffassung des FG München zu dem Ergebnis, dass ein gewährtes (Filmförder-)Darlehen, das nur aus zukünftigen Verwertungserlösen zu tilgen ist, dem Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG unterfällt. Weiterhin stellt der BFH entgegen der Ansicht des FG München jedoch klar, dass diese Vorschrift nicht nur den Ansatz dem Grunde, sondern auch den (weiteren) Ansatz der Höhe nach betrifft, nachdem tilgungspflichtige Erlöse angefallen sind.

BFH, Urteil vom 10.07.2019, XI R 53/17, siehe Deloitte Tax-News 
                                                                                                                          

FG München (Vorinstanz):

Ist ein Darlehen nur aus zukünftigen Verwertungserlösen zu bedienen, erstrecken sich die Rückzahlungsverpflichtungen aus diesem Darlehen nur auf künftiges Vermögen und unterfallen dem Anwendungsbereich des § 5 Abs. 2a EStG. Diese Vorschrift stellt eine Regelung zum Bilanzansatz dem Grunde nach und keine Bewertungsvorschrift dar. Ab dem Zeitpunkt des Anfalls abzuführender Einnahmen bzw. Gewinne, bestimmt sich die Passivierungsverpflichtung nach den allgemeinen Grundsätzen zur Passivierung von Verbindlichkeiten. Die Höhe der zu passivierenden Verpflichtung ist daher nicht durch die Höhe der erzielten Verwertungserlöse beschränkt.

Sachverhalt

Der Klägerin, einer GmbH, wurde zur Herstellung eines Kinofilms ein Filmförderdarlehen gewährt, das sie lediglich aus zukünftigen Verwertungserlösen zu tilgen hatte. Soweit diese innerhalb von 10 Jahren nicht zur Darlehenstilgung ausreichten, war ein Erlass der verbleibenden Darlehensschuld vereinbart.

Die Klägerin passivierte die Darlehensschuld zum 31.12.2007 in voller Höhe. Das Finanzamt war hingegen der Auffassung, dass das Darlehen unter den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 2a EStG fällt und ließ lediglich in Höhe der in 2007 bereits erzielten Erlöse, die im Folgejahr abgerechnet wurden, eine Passivierung zu.

Entscheidung

Auch das FG ist der Auffassung, dass für das strittige Erfolgsdarlehen der Anwendungsbereich des § 5 Abs. 2a EStG grundsätzlich eröffnet sei. Jedoch sei – anders als das Finanzamt meint – die Höhe der Passivierung der Verpflichtungen aus dem Darlehen betragsmäßig nicht auf die Höhe des im Streitjahr bereits erzielten abführungspflichtigen Verwertungserlöses begrenzt.

§ 5 Abs. 2a EStG bestimmt, dass für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen sind, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

Somit scheidet eine Passivierung allgemein dann aus, wenn sich der Rückforderungsanspruch des Gläubigers nur auf künftiges, nicht aber auf vorhandenes Vermögen des Schuldners am Bilanzstichtag erstreckt (BFH-Urteile vom 06.02.2013, I R 62/11 und vom 30.11.2011 I R 100/10).

Zwar weise die Klägerin zutreffend darauf hin, dass nach der vertraglichen Vereinbarung die Entstehung der Darlehensverbindlichkeit nicht vom Entstehen der Verwertungserlöse abhänge und daher nicht aufschiebend bedingt sei. Jedoch schließe dies die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 2a EStG nicht aus. Denn die Vorschrift sei sowohl auf aufschiebend wie auf auflösend bedingte Verbindlichkeiten anzuwenden.

Höchstrichterlich bislang wohl noch nicht entschieden ist aber, wie Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, bilanziell zu erfassen sind, wenn Einnahmen bzw. Gewinne anfallen, die zu einer Rückzahlung der Schuld verpflichten. Die Literatur ist insoweit uneinheitlich. Umstritten ist die Bedeutung des Worts “soweit” im Gesetzestext.

In diesem Zusammenhang zu berücksichtigen sei, so das FG, dass es sich bei § 5 Abs. 2a EStG um eine Regelung zum Bilanzansatz dem Grunde nach und nicht um eine Regelung, die die Höhe des Bilanzansatzes eines Wirtschaftsgutes betrifft, handele. Soweit aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 2a EStG von Teilen der Literatur gefolgert wird, dass eine Passivierung nur i.H.d. Einnahmen und Gewinne erfolgen kann, teilt das FG diese Auffassung nicht, da in diesem Fall statt der Konjunktion „wenn“ die Konjunktion „soweit“ zutreffend gewesen wäre.

Fallen wie im Streitfall abzuführende Verwertungserlöse an, bestimme sich der Umfang der Passivierung des Erfolgsdarlehens nicht mehr nach § 5 Abs. 2a EStG, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen zur Passivierung von Verbindlichkeiten unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung. Die Höhe der zu passivierenden Verpflichtungen sei daher nicht durch die Höhe der erzielten Verwertungserlöse beschränkt.

Ob die Grundsätze der Passivierung einer (gewissen) Verbindlichkeit oder einer Rückstellung für eine ungewisse Verbindlichkeit gelten, bestimme sich nach der Art der Verbindlichkeit. Nach der Rechtsprechung des X. Senats des BFH stellt eine Verpflichtung, die dem Grund und der Höhe nach feststeht, aber möglicherweise nicht erfüllt wird, grundsätzlich eine gewisse Verbindlichkeit dar (BFH-Urteil vom 20.09.1995, X R 225/93). Demgegenüber geht der IV. Senat des BFH davon aus, dass keine gewisse Verbindlichkeit zu bilanzieren ist, wenn der Unternehmer betriebliche Zuwendungen erhalten hat, die unter einer noch nicht eingetretenen Bedingung zurückzuzahlen sind (BFH-Urteil vom 17.12.1998, IV R 21/97). Die Bildung einer Rückstellung hänge von dem Grad der Wahrscheinlichkeit ab, auf Rückzahlung in Anspruch genommen zu werden. Eine etwaige Divergenz zur Entscheidung des X. Senats verneint der IV. Senat unter Hinweis auf besondere Rückzahlungsbedingungen (außerordentliche Kündigungsmöglichkeiten) in dem dort gegebenen Einzelfall.

Das FG Gericht geht im Streitfall davon aus, dass die Bilanzierungsgrundsätze für Rückstellungen Anwendung finden, da die Rückzahlungsverpflichtung ihrer Höhe nach noch ungewiss und damit steuerlich noch nicht in voller Höhe wirksam entstanden sei. Für diese Beurteilung maßgeblich sei, dass der Klägerin die Rückzahlung erlassen werde, soweit die Verwertungserlöse innerhalb von 10 Jahren nicht zur Darlehenstilgung ausreichen.

Betroffene Norm

§ 5 Abs. 2a EStG
Streitjahre 2007, 2008

Anmerkung

 

Aktuell: BFH-Urteil vom 10.07.2019, XI R 53/17

In seinem Urteil vom 10.07.2019 (XI R 53/17) hat der BFH zum Regelungsinhalt des § 5 Abs. 2a EStG Stellung genommen. Er kommt – entgegen der Auffassung des FG München – zu dem Ergebnis, dass die Regelung nicht nur eine Ansatzvorschrift (Ansatz „dem Grunde nach"), sondern auch eine Bewertungsvorschrift (Ansatz „der Höhe nach") darstellt. Das Passivierungsverbot gilt nach Ansicht des BFH bei Erfolgsdarlehen auch für Folgejahre, in denen bereits tilgungspflichtige Verwertungserlöse erzielt wurden, aber noch ein Restdarlehensbetrag „offen" ist. Denn der Darlehensbetrag stelle nur insoweit eine wirtschaftliche Belastung des Schuldners dar, als zu den einzelnen Bilanzstichtagen jeweils tilgungspflichtige Verwertungserlöse erzielt wurden. Daher führe das erste Erzielen von tilgungspflichtigen Verwertungserlösen nicht dazu, die Darlehensverbindlichkeit nunmehr in vollem Umfang als steuerrechtliche Belastung anzuerkennen.

Zur Rolle von Kündigungsrechten bei der Qualifizierung von Rückzahlungsverpflichtungen als gewisse oder ungewisse Verbindlichkeiten hat der BFH hingegen keine Ausführungen gemacht.

Fundstellen

BFH, Urteil vom 10.07.2019, XI R 53/17, siehe Deloitte Tax-News 

FG München, 25.09.2017, 7 K 1436/15

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 06.02.2013, I R 62/11, BStBl II 2013, S. 954, siehe Deloitte Tax News 

BFH, Urteil vom 30.11.2011, I R 100/10, BStBl II 2012, S. 332, siehe Deloitte Tax News 

BFH, Urteil vom 20.09.1995, X R 225/93, BStBl II 1997, S. 320

BFH, Urteil vom 17.12.1998, IV R 21/97, BStBl II 2000, S. 116

BFH, Urteil vom 20.09.1995, X R 225/93, BStBl II 1997, S. 320

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