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15.11.2010
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Regelmäßige Arbeitsstätte bei Leiharbeitnehmern

Sachverhalt

Im Rahmen seines Leiharbeitsverhältnisses wurde der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber jeweils kurzfristig je nach Bedarf an verschiedene Firmen im Hafengebiet einer Stadt verliehen. Auf dieser Grundlage ist der Arbeitnehmer als Hafenarbeiter für andere Firmen im Hafengebiet der Stadt tätig. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2006 machte der Arbeitnehmer Verpflegungspauschalen für 206 Arbeitstage als Werbungskosten geltend. Zur Begründung erläuterte er, dass sein Arbeitsgebiet alle Häfen der Stadt mit den dazugehörigen Hallen und Lagerräumen umfasst und die verschiedenen Einsatzorte bis zum 5 km auseinander liegen.

Das Finanzamt lehnte den Ansatz von Verpflegungspauschalen sowohl im Einkommensteuerbescheid als auch im Einspruchsbescheid mit der Begründung ab, dass der Arbeitnehmer bei seiner Tätigkeit nur an verschiedenen Stellen eines einheitlichen weiträumigen Arbeitsgebietes tätig geworden sei. Somit handelt es sich nicht um jeweils verschiedene Tätigkeitsstätten sondern um dieselbe Tätigkeitsstätte. In diesem Fall können Verpflegungspauschalen nicht gewährt werden.

Die gegen den Einspruchsbescheid eingereichte Klage beim Niedersächsischen Finanzgericht wurde abgewiesen. Somit musste der BFH entscheiden.

Entscheidung

Gemäß § 9 Abs. 5 S. 1 EStG in der im Streitjahr 2006 geltenden Fassung können erwerbsbedingte Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten angesetzt werden, wenn es sich bei der Tätigkeit des Arbeitnehmers um eine Auswärtstätigkeit handelt.

Eine Auswärtstätigkeit setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vorübergehend von seiner Wohnung und dem Tätigkeitsmittelpunkt entfernt beruflich tätig wird. Tätigkeitsmittelpunkt und damit regelmäßige Arbeitsstätte des Arbeitnehmers ist hierbei jede dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, dem der Arbeitnehmer zugeordnet ist. Tätigkeitsmittelpunkt und regelmäßige Arbeitsstätte sind dadurch gekennzeichnet, dass sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegkosten etwa durch die Bildung von Fahrgemeinschaften, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und ggf. sogar durch die entsprechende Wohnsitznahme hinwirken kann.

Im vorliegenden Sachverhalt wurde der Arbeitnehmer an jeweils verschiedenen Stellen im Hafen in betrieblichen Einrichtungen unterschiedlicher Kunden des Arbeitgebers eingesetzt. Diese sind nicht als betriebliche Einrichtungen des Arbeitgebers zu qualifizieren. Der Arbeitnehmer ging seiner Tätigkeit somit nicht an einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers nach. Und er konnte sich als Leiharbeitnehmer vor allem nicht darauf einrichten, an einem bestimmten Tätigkeitsmittelpunkt auf Dauer eingesetzt zu werden. Nach Auffassung des BFH befand sich der Arbeitnehmer somit auf einer Auswärtstätigkeit. Grundsätzlich sind daher Verpflegungsmehraufwendungen zu gewähren, soweit die zeitlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Zu ergänzen ist, dass die Argumentation des Finanzgerichts Niedersachsen, wonach es sich bei dem Hafengebiet um ein räumlich abgegrenztes Gebiet und daher um dieselbe Tätigkeitsstätte handelt, vom BFH verworfen wurde. Das Niedersächsische Finanzgericht hatte sich in seinem Urteil auf ein BFH-Urteil vom 11.04.2006 berufen, in dem es seinerzeit um den Tätigkeitsmittelpunkt eines Festmachers in einem Hafengebiet ging. Nach Auffassung des BFH kann dieses Urteil jedoch im vorliegenden Sachverhalt nicht als Begründung herangezogen werden, da im Urteilsfall aus dem Jahre 2006 kein Leiharbeitsverhältnis vorgelegen hat.

Betroffene Norm

§ 9 EStG

Vorinstanz

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 18.02.2008, 4 K 1/07, EFG 2009 S. 242

Fundstelle

BFH, Urteil vom 17.06.2010, VI R 35/08

Ansprechpartner

Jochen Schreiber | Düsseldorf

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