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25.09.2019
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Unbelegtes Brötchen mit Heißgetränk ist kein Frühstück

Die unentgeltliche Bereitstellung von unbelegten Backwaren und Heißgetränken durch den Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer stellt kein Frühstück im lohnsteuerrechtlichen Sinne, sondern vielmehr eine nicht steuerbare Aufmerksamkeit dar. Für die Annahme eines Frühstücks muss ein Aufstrich oder Belag hinzutreten.

Sachverhalt

Ein Arbeitgeber stellte seinen Mitarbeitern sowie Kunden und Gästen unbelegte Backwaren wie Brötchen und Rosinenbrot nebst Heißgetränken den gesamten Tag in der Kantine unentgeltlich zur Verfügung. Angeboten wurden lediglich die unbelegten Brotwaren, nicht jedoch Aufschnitt oder sonstige Beläge. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass es sich hierbei um ein Frühstück handele, das mit den amtlichen Sachbezugswerten zu versteuern sei. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. 

Entscheidung

Der BFH kommt übereinstimmend mit der Ansicht des FG zu dem Ergebnis, dass unbelegte Backwaren in Kombination mit Heißgetränken kein als Arbeitslohn einzustufendes Frühstück darstellen.

Steuerpflichtiger Arbeitslohn

Zum steuerbaren Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zählen auch Sachbezüge i.S. des § 8 Abs. 2 EStG. Eine für das Vorliegen von steuerpflichtigem Arbeitslohn erforderliche Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist zu bejahen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 07.05.2014, VI R 73/12). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Speisen und Getränke unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung stellt (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 21.01.2010, VI R 51/08), und zwar ungeachtet der Tatsache, dass Verpflegungsaufwendungen grundsätzlich den für die Einkünfteermittlung unbeachtlichen Bereich der Lebensführung betreffen (vgl. BFH-Urteil vom 18.08.2005, VI R 32/03).

Gewährung von unbelegten Backwaren und Heißgetränken stellt nicht steuerbare Aufmerksamkeit dar

Nach Auffassung des BFH handelt es sich bei den zum unentgeltlichen Verzehr im Betrieb bereitgestellten Backwaren nebst Heißgetränk hingegen nicht um Arbeitslohn in Form kostenloser Mahlzeiten, sondern um nicht steuerbare Aufmerksamkeiten.

Die kostenlose Überlassung der Backwaren und Heißgetränke stelle zwar für die Arbeitnehmer einen Vorteil dar. Dieser sei jedoch keine Gegenleistung des Arbeitgebers für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft. Hierfür spreche im Streitfall insbesondere, dass der Arbeitgeber die Backwaren und Heißgetränke nur zum sofortigen Verzehr im Betrieb bereitstellte. Sie wurden allen Arbeitnehmern ohne Unterschied gewährt. Zudem sollten die Arbeitnehmer beim Verzehr der Backwaren und Heißgetränke in der Kantine zusammen kommen und sich über berufliche Angelegenheiten untereinander sowie mit der Führungsetage austauschen.

Bei dieser Sachlage ist nach Ansicht des BFH die Überlassung der Backwaren nebst Heißgetränk mit Aufwendungen des Arbeitgebers zur Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und zur Schaffung günstiger betrieblicher Arbeitsbedingungen vergleichbar, denen keine Entlohnungsfunktion zukommt. Aufgrund dieser Überlegungen hat der BFH schon bisher z.B. die unentgeltliche Abgabe von Getränken an Arbeitnehmer zum Verbrauch im Betrieb als nicht steuerbare Aufmerksamkeiten angesehen (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 21.03.1975, VI R 94/72).

Kein Vorliegen eines Frühstücks im lohnsteuerrechtlichen Sinne

Bei den zur Verfügung gestellten Backwaren und Heißgetränken handelt es sich nach Auffassung des BFH insbesondere auch nicht um eine Mahlzeit, wie sie ein Frühstück, Mittagessen oder Abendessen gem. § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 SvEV darstellt, die grundsätzlich zu Arbeitslohn führt und dann gem. § 8 Abs. 2 S. 6 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1, Abs. 6 S. 1 SvEV zu bewerten ist. Für die Annahme eines (einfachen) Frühstücks müsse jedenfalls ein Aufstrich oder Belag hinzutreten.

Betroffene Norm

§ 8 Abs. 2 S. 6 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SvEV

Streitjahre 2008 bis 2011

Anmerkungen

Auffassung der Finanzverwaltung

Der BFH sieht sich bei der in seinem Urteil vorgenommenen Beurteilung insoweit in Einklang mit der Auffassung der Finanzverwaltung als nach R 19.6 Abs. 2 S. 1 LStR Getränke und Genussmittel, die der Arbeitgeber den Arbeitnehmern zum Verzehr im Betrieb unentgeltlich oder teilentgeltlich überlässt, nicht zum Arbeitslohn gehören. Dies hält der BFH jedenfalls dann für sachgerecht, wenn die so zugewandten Vorteile nur ein geringes Ausmaß erreichen. Mit seinem hier besprochenen Urteil erweitert der BFH den Kreis der lohnsteuerfreien Aufmerksamkeiten nun noch insoweit über „Getränke und Genussmittel“ hinaus, als er auch der Bereitstellung von unbelegten Backwaren keinen Entlohnungscharakter beimisst. Voraussetzung ist allerdings, dass ein etwaiger Belag durch die Mitarbeiter auf eigene Kosten mitgebracht wird. Abzuwarten bleibt, ob die Finanzverwaltung diese Auffassung des BFH mitgehen wird.

Vorinstanz

Finanzgericht Münster, Urteil vom 31.05.2017, 11 K 4108/14, EFG 2017, S. 1673, siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle

BFH, Urteil vom 03.07.2019, VI R 36/17, lt. Mitteilung des BMF zur Veröffentlichung im BStBl. II vorgesehen

Pressemitteilung Nr. 58 vom 19.09.2019

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 07.05.2014, VI R 73/12, BStBl II 2014, S. 904, siehe Deloitte Tax-News 

BFH, Urteil vom 21.01.2010, VI R 51/08, BStBl II 2010, S. 700

BFH, Urteil vom 18.08.2005, VI R 32/03, BStBl II 2006, S. 30

BFH, Urteil vom 21.03.1975, VI R 94/72, BStBl II 1975, S. 486

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