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URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/arbeitnehmerbesteuerung-sozialversicherung/bmf-abgrenzung-zwischen-geldleistung-und-sachbezug.html
15.04.2021
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BMF: Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug

Aktuell: Mit Schreiben vom 15.03.2022 hat das BMF die aktualisierten Grundsätze zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug veröffentlicht. Das aktuelle Schreiben ersetzt das bisherige Schreiben vom 13.04.2021.

BMF, Schreiben vom 15.03.2022, V C 5 - S 2334/19/10007 :007, siehe Deloitte Tax-News
                                                                                                                             

BMF-Schreiben vom 13.04.2021 (Vorgängerschreiben):

Das BMF hat mit Schreiben vom 13.04.2021 Grundsätze zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug veröffentlicht. Das Schreiben befasst sich insbesondere mit der Gewährung von Gutscheinen oder Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen. Werden diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt, ist die 44-Euro-Freigrenze anwendbar. Das BMF-Schreiben vom 10.10.2013 zu Zukunftssicherungsleistungen und der 44-Euro-Freigrenze ist überholt und wird aufgehoben. 

Hintergrund und gesetzliche Regelung

Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2019 (siehe Deloitte Tax-News) ist eine gesetzliche Konkretisierung der Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug sowie Gutscheinen und Geldkarten erfolgt. Danach gehören zu den Einnahmen in Geld auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten (§ 8 Abs. 1 S. 2 EStG). Bestimmte zweckgebundene Gutscheine oder entsprechende Geldkarten werden hingegen als Sachbezug gesetzlich definiert. Voraussetzung ist, dass diese ausschließlich zum Bezug von Waren und Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen und zudem ab dem 01.01.2022 die Kriterien des § 2 Abs.1 Nr. 10 ZAG erfüllen (§ 8 Abs. 1 S. 3 EStG). Die 44-Euro-Freigrenze (ab dem 01.01.2022 50-Euro-Freigrenze) ist bei den nicht zu den Einnahmen in Geld gehörenden Gutscheinen und Geldkarten nur dann anwendbar, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden (§ 8 Abs. 2 S. 11 2. HS i. V. m. § 8 Abs. 4 EStG).

Verwaltungsanweisung

Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Neuregelung hat das BMF folgende Grundsätze zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug veröffentlicht:

  • Bei Gutscheinen und Geldkarten ist von einer Berechtigung zum ausschließlichen Bezug von Waren oder Dienstleistungen insbesondere nicht auszugehen, wenn der Arbeitnehmer (z. B. aufgrund eines vom Arbeitgeber selbst ausgestellten Gutscheins) zunächst in Vorleistung tritt und der Arbeitgeber ihm die Kosten im Nachhinein erstattet. In diesen Fällen handelt es sich um eine Geldleistung in Form einer nachträglichen Kostenerstattung.
  • Bei den vom Arbeitgeber getragenen Gebühren für die Bereitstellung (z. B. Setup-Gebühr) und Aufladung von Gutscheinen und Geldkarten handelt es sich nicht um einen zusätzlichen geldwerten Vorteil und damit nicht um Arbeitslohn des Arbeitnehmers.
  • Da die 44-Euro-Freigrenze bei Gutscheinen und Geldkarten nur dann anwendbar ist, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden, ist der steuerliche Vorteil damit insbesondere im Rahmen von Gehaltsverzicht oder -umwandlungen ausgeschlossen.

1. Sachbezug im Sinne des § 8 Abs. 2 S. 1, 3 EStG

Sachbezüge sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. Ein Sachbezug liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer anstelle des Sachbezugs auch eine Geldleistung verlangen kann, selbst wenn der Arbeitgeber die Sache zuwendet.

Unter diesen Voraussetzungen ist Sachbezug u. a.:

Die Gewährung von Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherungsschutz bei Abschluss dieser Versicherungen und Beitragszahlung durch den Arbeitgeber.

Die Gewährung von Unfallversicherungsschutz, soweit bei Abschluss einer freiwilligen Unfallversicherung durch den Arbeitgeber der Arbeitnehmer den Versicherungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann.

Die Gewährung von Papier-Essensmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstäglichen Zuschüssen zu Mahlzeiten (sog. digitale Essenmarken).

Die Gewährung von Gutscheinen oder Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen und zudem ab dem 01.01.2022 unter lohn- und einkommensteuerlicher Auslegung die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b ZAG erfüllen:

  • Gutscheine oder Geldkarten, die berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen vom Aussteller des Gutscheins aus seiner eigenen Produktpalette zu beziehen oder
  • Gutscheine oder Geldkarten, die berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland zu beziehen (z.B. bei städtischen Einkaufs- und Dienstleistungsverbünden im Inland, bei Einkaufs- und Dienstleistungsverbünden, die sich auf eine bestimmte inländische Region erstrecken oder aus Vereinfachungsgründen bei von einer bestimmten Ladenkette (einem bestimmten Aussteller) ausgegebene Kundenkarten zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den einzelnen Geschäften im Inland oder im Internetshop dieser Ladenkette mit einheitlichem Marktauftritt (z. B. ein Symbol, eine Marke, ein Logo)
    Beispiele:
    - wiederaufladbare Geschenkkarten für den Einzelhandel,
    - shop-in-shop-Lösungen mit Hauskarte,
    - Tankgutscheine oder -karten eines einzelnen Tankstellenbetreibers zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in seiner Tankstelle,
    - von einer bestimmten Tankstellenkette (einem bestimmten Aussteller) ausgegebene Tankgutscheine oder -karten zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den einzelnen Tankstellen mit einheitlichem Marktauftritt,
    - ein vom Arbeitgeber selbst ausgestellter Gutschein (z. B. Tankgutschein, hierzu zählt auch eine Berechtigung zum Tanken), wenn die Akzeptanzstellen (z. B. Tankstelle oder Tankstellenkette) aufgrund des Akzeptanzvertrags (z. B. Rahmenvertrag) unmittelbar mit dem Arbeitgeber abrechnen,
    - Karten eines Online-Händlers, die nur zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen aus seiner eigenen Produktpalette (Verkauf und Versand durch den Online-Händler) berechtigen, nicht jedoch, wenn sie auch für Produkte von Fremdanbietern (z. B. Marketplace) einlösbar sind,
    - Centergutscheine oder Kundenkarten von Shopping-Centern, Malls und Outlet-Villages,
    - „City-Cards“, Stadtgutscheine
     
  • Gutscheine oder Geldkarten, die nur berechtigen, Waren oder Dienstleistungen ausschließlich aus einer sehr begrenzten Waren-oder Dienstleistungspalette zu beziehen; auf die Anzahl der Akzeptanzstellen und den Bezug im Inland kommt es deshalb hier nicht an,
    Beispiele:
    Gutscheine oder Geldkarten begrenzt auf
    - den Personennah- und Fernverkehr (z. B. für Fahrberechtigungen, Zugrestaurant, Park&Ride-Parkgelegenheiten) einschließlich bestimmter Mobilitätsdienstleistungen (z. B. die Nutzung von (Elektro-)Fahrrädern, Car-Sharing, E-Scootern),
    - Kraftstoff, Ladestrom etc. („Alles, was das Auto bewegt“),
    - Fitnessleistungen (z. B. für den Besuch der Trainingsstätten und zum Bezug der dort angebotenen Waren oder Dienstleistungen),
    - Streamingdienste für Film und Musik,
    - Zeitungen und Zeitschriften, einschließlich Downloads,
    - Bücher, auch als Hörbücher oder Dateien, einschließlich Downloads,
    - die Behandlung der Person in Form von Hautpflege, Makeup, Frisur und dergleichen (sog. Beautykarten),
    - Bekleidung inkl. Schuhe nebst Accessoires wie z. B. Taschen, Schmuck, Kosmetika, Düfte (sog. Waren, die der Erscheinung einer Person dienen)
     
  • Gutscheine oder Geldkarten, die nur berechtigen, aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen Waren oder Dienstleistungen ausschließlich für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke im Inland zu beziehen (Zweckkarte); auf die Anzahl der Akzeptanzstellen kommt es nicht an.
    Beispiele:
    - Verzehrkarten in einer sozialen Einrichtung, Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten (sog. digitale Essenmarken),
    - Behandlungskarten für ärztliche Leistungen oder Reha-Maßnahmen,
    - Karten für betriebliche Gesundheitsmaßnahmen (einschließlich betrieblicher Gesundheitsleistungen des Arbeitgebers im Sinne des § 3 Nummer 34 EStG)

2. Geldleistungen im Sinne des § 8 Abs. 1 S. 1 und 2 EStG

Kein Sachbezug, sondern Geldleistung ist u. a.:

Eine Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer bei Abschluss einer Kranken-, Krankentagegeld-oder Pflegeversicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitnehmer, wenn die Zahlung des Arbeitgebers mit der Auflage verbunden ist, dass der Arbeitnehmer mit einem vom Arbeitgeber benannten Unternehmen einen Versicherungsvertrag schließt.

Ein im Inland gültiges gesetzliches Zahlungsmittel oder Zahlungen in einer gängigen, frei konvertiblen und im Inland handelbaren ausländischen Währung.

Eine Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer anstelle der geschuldeten Ware oder Dienstleistung (zweckgebundene Geldleistungen und nachträgliche Kostenerstattungen).

Ab dem 01.01.2022 die Gewährung von Gutscheinen oder Geldkarten, die unter lohn- und einkommensteuerlicher Auslegung die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG nicht erfüllen.

Die Gewährung von Gutscheinen oder Geldkarten, die nicht ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen. Stets als Geldleistung zu behandeln sind daher insbesondere Gutscheine oder Geldkarten, die 

  • über eine Barauszahlungsfunktion verfügen; es ist nicht zu beanstanden, wenn verbleibende Restguthaben bis zu einem Euro ausgezahlt werden können,
  • über eine eigene IBAN verfügen,
  • für Überweisungen (z. B. PayPal) verwendet werden können,
  • für den Erwerb von Devisen (z. B. Pfund, US-Dollar, Schweizer Franken) verwendet werden können oder e) als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können.

3. Allgemeine lohn- und einkommenssteuerliche Regelungen zu Gutscheinen oder Geldkarten

Der Zufluss des Sachbezugs erfolgt bei einem Gutschein oder einer Geldkarte, die bei einem Dritten einzulösen sind, im Zeitpunkt der Hingabe und bei Geldkarten frühestens im Zeitpunkt der Aufladung des Guthabens. Ist der Gutschein oder die Geldkarte beim Arbeitgeber einzulösen, erfolgt der Zufluss des Sachbezugs im Zeitpunkt der Einlösung.

4. Anwendung der 44-Euro-Freigrenze im Sinne des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG bei Unfallversicherungen und betrieblicher Altersversorgung

Bei pauschalierungsfähigen Beiträgen für eine Unfallversicherung der Arbeitnehmer im Sinne des § 40b Abs. 3 EStG scheidet die Anwendung der 44-Euro-Freigrenze aus. Im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung führen laufende Beiträge und Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, sodass eine Bewertung der entsprechenden Beiträge und Zuwendungen nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG ausscheidet und die 44-Euro-Freigrenze nicht anwendbar ist.

Anwendung

Das BMF-Schreiben tritt an Stelle des BMF-Schreibens vom 10.10.2013 und ist ab 01.01.2020 anzuwenden. Es ist jedoch - abweichend von § 8 Abs. 1 S. 3 EStG - nicht zu beanstanden, wenn Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen, jedoch die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG nicht erfüllen, noch bis zum 31.12.2021 als Sachbezug anerkannt werden.

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 13.04.2021, IV C 5 - S 2334/19/10007 :002

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 07.06.2018, VI R 13/16, BStBl. II 2019, S. 371, siehe Deloitte Tax-News 

BFH, Urteil vom 04.07.2018, VI R 16/17, BStBl. II 2019, S. 373, siehe Deloitte Tax-News 

BFH-Urteile vom 11.11.2010, VI R 21/09, VI R 27/09, VI R 41/10, BStBl. 2011, S. 383, 386 und 389, siehe Deloitte Tax-News 

BMF, Schreiben vom 10.10.2013, IV C 5 - S 2334/13/10001, BStBl. I, S. 1301, siehe Deloitte Tax-News 

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