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12.11.2010
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

FG Düsseldorf: Einzelbewertung der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

Sachverhalt

Streitig ist, ob die Nutzung eines betrieblichen PKW für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer pro Monat oder mit 0,002 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer pro Einzelfahrt anzusetzen ist. Dem Kläger, Vorstand der A AG, wurde von der Arbeitgeberin (A AG) in den Streitjahren 2004 bis 2006 ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt, das auch für private Zwecke genutzt werden konnte. Nach einer Lohnsteueraußenprüfung erließ das Finanzamt geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2004 bis 2006, in denen es den Nutzungswert für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die bislang nicht erfasst worden waren, nach der 0,03 %-Regelung (§ 8 Abs. 2 S. 3 EStG) ermittelte. Gegen die Änderungsbescheide legte der Kläger Einspruch ein. Da dem in § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG als Zuschlag vorgesehenen Ansatz von 0,03 % des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die typisierende Annahme zugrunde liege, dass der Dienstwagen monatlich an 15 Tagen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werde, im Streitfall aber eine geringere Nutzung vorliege, sei die Nutzung des Dienstwagens für die einzelnen Fahrten nach dieser Grundannahme mit 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer zu bewerten.

Entscheidung

Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt für die private Nutzung eines betrieblichen Kfz zu privaten Zwecken § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entsprechend. Danach ist die private Nutzung eines Kfz, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Kann das Kfz auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden, erhöht sich dieser Wert für jeden Kalendermonat um 0,03 % des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG).

Nach dem BFH-Urteil vom 04.04.2008 liegt dem in § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG als Zuschlag vorgesehenen Ansatz von 0,03 % des Listenpreises im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die typisierende Annahme zugrunde, dass der Dienstwagen monatlich an 15 Tagen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird. Die Nutzung des Dienstwagens für die einzelnen Fahrten sei nach dieser Grundannahme je Entfernungskilometer mit 0,002 % des Listenpreises zu bewerten. Dies entspreche der Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 5 EStG zur Bewertung der Nutzung des Dienstwagens zu Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung. Im Gegensatz zur Regelung für Familienheimfahrten führe § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG aber dazu, dass der Zuschlag für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte unabhängig von der Anzahl der tatsächlich mit dem Dienstwagen durchgeführten Fahrten zu ermitteln sei. Die auf der Einnahmeseite vorgenommene Typisierung stehe damit im Widerspruch zur Grundannahme der für die Ausgabenseite geltenden Pauschalierung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F., die eine fahrtbezogene Ermittlung des Werbungskostenabzugs vorsehe. § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG werde seinem Zweck als Korrekturposten zum pauschalen Werbungskostenabzug jedoch nur dann gerecht, wenn die dem Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. zugrundeliegende Typisierung auch bei der Ermittlung des Zuschlags nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG folgerichtig umgesetzt werde. Dies gelte jedenfalls in den Fällen, in denen die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte regelmäßig nur einmal in der Woche durchgeführt werden und die tatsächliche Nutzung des Dienstwagens damit zu Lasten des Arbeitnehmers von der Grundannahme des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG abweiche, dass der Dienstwagen monatlich an 15 Tagen für derartige Fahrten genutzt werde.

Das FG Düsseldorf folgt dieser Rechtsprechung, an deren Beachtung sich das Finanzamt durch den Nichtanwendungserlass vom 23.10.2008 gehindert sieht. Dies hat zur Konsequenz, dass der geldwerte Vorteil des Klägers aus der Nutzung des Dienstfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte jedenfalls in den Streitjahren 2005 und 2006 je Einzelfahrt mit 0,002 % des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung angesetzt werden kann. Denn der Kläger hat nach den Eintragungen in seinem Fahrtenbuch im Jahr 2005 nur 92 Fahrten und im Jahr 2006 nur 98 Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durchgeführt. Wenngleich die Anzahl der Fahrten - im Schnitt ca. acht pro Monat bzw. zwei pro Woche - die der BFH-Entscheidung zugrunde liegende Anzahl von einer Fahrt pro Woche überschreitet, erscheint es gerechtfertigt, die zuvor zitierte Rechtsprechung auch im Streitfall anzuwenden. Denn auch insofern liegt eine erhebliche Abweichung von der gesetzlichen Typisierung - 15 Fahrten pro Monat - vor. Nach Ansicht des Senats ist davon jedenfalls in den Fällen auszugehen, in denen die tatsächlich durchgeführten monatlichen Fahrten die Hälfte der der gesetzlichen Typisierung entsprechenden Anzahl von Fahrten, d.h. sieben bis acht Fahrten pro Monat, nicht überschreiten.

Der Senat hat die Revision im Hinblick auf die Rechtsfragen, ob bei jährlich 98 Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eine erhebliche Abweichung von der Typisierung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG gegeben ist sowie welcher Zeitraum (Monat, Jahr, mehrere Jahre) der Beurteilung dieser Abweichung zugrunde zu legen ist, zugelassen.

Das Revisionsverfahren wurde eingestellt. Der Nichtanwendungserlass ist überholt, das das BMF mit Schreiben vom 01.04.2011 seine Haltung aufgegeben hat.

Betroffene Norm

§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG

Fundstelle

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.07.2010, 11 K 2479/09 E

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 04.04.2008, VI R 85/04, BStBl II 2008, S. 887
Nichtanwendungserlass vom 23.10.2008, BStBl I 2008, S. 961

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